laut.de-Kritik
Schampus raus und ab nach Detroit.
Review von Daniel StraubIm Jahr 2000 stand die 50. Veröffentlichung von DJ Hells International Deejay Gigolo Records-Label ins Haus. Grund genug, die ein oder andere Pulle Schampus zu köpfen und das Jubiläum mit einem ganz besonderen Release zu feiern. Ein schönes Buch mit CD sollte es sein. Leider wurde Arnold Schwarzenegger kurz zuvor auf das Electro-Label, das seinen muskulösen Oberkörper im Logo führte, aufmerksam. Fortan sprachen die Anwälte und das Jubiläumsrelease blieb vorerst im Keller.
Heute, fünf Jahre später, erlebt zumindest die damals als Beilage zum Buch geplante CD, einen späten Frühling. "The Great Gigolo Swindle" nennt sich das Zeitdokument. Zu hören gibt es auf dem Silberling einen ganzen Schwung Gigolo-Records, klar. Jubiläen sind schließlich dazu da, sich selbst zu beweihräuchern, das eigene Schaffen in eine mythische Aura zu hüllen. Geschichtsschreibung in eigener Sache. Das ist man sich selbst und der Nachwelt schuldig.
Das Schöne an "The Great Gigolo Swindle": DJ Hell behält dabei seinen Humor für Bizarres. Und so ist die CD der Mitschnitt einer Radiosendung in Detroit mit Flinkfinger Carlos Souffront an den Turntables. Virtuos, und in der für Detroit typischen schnellen Frequenz, mixt er sich durch den Gigolo Back-Katalog. Hier ein Track von Jeff Mills, dort einer von David Carretta, dann schnell eine Nummer von Miss Kittin & The Hacker zwischengeschoben, um schließlich über Dave Clarke, Dopplereffekt und Zombie Nation bei DJ Naughty zu landen. In Detroit gehen die Uhren seit jeher ein wenig schneller.
So eindrucksvoll der Mix, so bizarr die Sendung. Hell tritt hier als Gast auf, nimmt die mehr oder minder ernst gemeinten Anrufe seiner Fans in Motor City entgegen und pflegt dabei sein Image als Champagner schlürfender Gigolo nach allen Regeln der Kunst. Klar, dass er mit einem solchen Auftritt die Lacher auf seiner Seite hat. Heben wir also unsere, leider nur mit billigem Sekt gefüllten Gläser, und stoßen an, auf weitere 50 Releases von International Deejay Gigolo Records. Die Szene kann ein bisschen Verruchtheit und Glamour dringend gebrauchen.
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