laut.de-Kritik
Sollte in jedem Lehrplan zur Pflichtveranstaltung gehören!
Review von Michael EdeleMeinungen sind wie Arschlöcher – jeder hat eins. Und wenn man sich tatsächlich Gedanken über seine Meinung gemacht hat und nicht nur nachplappert, was einem die Masse diktiert, dann hat diese Meinung meistens nicht nur ein Arschloch, sondern auch Hand und Fuß und einen soliden Restkörper.
Diese soliden Restkörper und Meinungen kommen auf "Heavy Metal – Louder Than Life" zu Wort-, Bild- und Tonehren. Musiker, die seit den Kindertagen des Heavy Metal mit dabei sind, lassen uns an ihren Gedanken zur Musik, den Texten, den Fans, den Medien und dem ganzen, faszinierenden Universum, das der Heavy Metal ausmacht, teilhaben und steuern dabei ein paar sehr interessante Ideen und Aspekte bei. Wie das bei Meinungen nun mal der Fall ist, stimmen sie in gewissen Punkten vielleicht überein, widersprechen sich in anderen, sind manchmal nicht von der Hand zu weisen und stellenweise vielleicht sogar bizarr.
Inzwischen wird hoffentlich nur noch der weltfremdeste, größte Idiot behaupten, dass es im Metal nur saufgierige Dumpfbacken gibt, die mit Eva Hermann und ihrem Frauenbild voll und ganz übereinstimmen und deren Lieblingsroman das Yps-Heft von 1982 mit den Urzeitkrebsen ist. Wer auch nur einen Hauch von Ahnung hat und im Hirn ein wenig jung geblieben ist wird zustimmen müssen, dass man ein Killerriff nicht so nebenbei aus dem Ärmel schüttelt, dass man eine Jahrhundertmelodie nur mit dem entsprechenden Melodieverständnis produziert und dass Texte, die abertausenden von Fans quasi aus der Seele sprechen nur dann schreibt, wenn man etwas entsprechendes fühlt und auch die Worte dazu findet.
Ok, natürlich gibt es ein paar gottverdammte, begnadete Bastarde, die so etwas tatsächlich aus dem Ärmel schütteln, aber sind wir mal ehrlich. In den 70ern, 80er und auch stellenweise noch in den 90ern war es für eine Band noch deutlich einfacher, am schnellsten, langsamsten, lautesten, verrücktesten, truesten, bösesten technischsten oder was auch immer zu sein und schon allein damit aufzufallen. Doch auch danach hat es immer wieder genügend Bands gegeben, die aufgrund ihrer musikalischen Leistungen (oder einfach ihres Talents als Entertainer) immer wieder aus der Masse heraus gestochen sind.
Zwei Meinungen, die sich durchaus vertreten und belegen lassen, sich gegenseitig aber vollkommen widersprechen, zielen auf das Thema Trends ab. Während die einen felsenfest davon überzeugt sind, dass der Metal im Vergleich zur Popmusik keine Trends erschafft und ihnen hinterher läuft, muss man durchaus das Argument gelten lassen, dass ein hässlicher, alter Sack wie Lemmy ohne einen gewissen Trend den er allerdings auch selbst gesetzt und kultiviert hat, nie diesen Stellenwert als Ikone oder Kult eingenommen hätte. Das Zauberwort, das all dem zugrunde liegt (zumindest zu Beginn von allem), sind die Worte Ehrlichkeit und Loyalität!
Die Übergänge zwischen den einzelnen Themen sind extrem flüssig und alles ist einfach superprofessionell gemacht und produziert. So bietet es sich wirklich an, den Film auf DVD I in einem Durchlauf zu begutachten. "Heavy Metal – Louder Than Life" sollte eigentlich in jeden Lehrplan des Musikunterrichts aufgenommen werden. Dann hätte es mancher Metal-Fan in seiner Schulzeit womöglich etwas leichter und müsste sich nicht seltendämlicher Kommentare anhören. Wenn euer Musiklehrer einigermaßen liberal ist, probiert es einfach aus. Und verdammte Scheiße! Schaut euch den Abspann an, denn hier wird Dimebag mal die gesammelte Ehre zuteil, die ihm gebührt!
DVD II bietet schließlich noch das ein oder andere Special an. Allem voran muss da das komplette Interview mit Dee Snider von Twisted Sister erwähnt werden, das wirklich zum Brüllen komisch ist. Der Kerl ist einfach der geborene Alleinunterhalter. Die Album-Testimonials der unterschiedlichen Interviewpartner sind stellenweise ganz unterhaltsam, aber nicht unbedingt essentiell wichtig. Die Metal Timeline kennen wir in andere Art schon von "A Headbanger's Journey" und die Geständnisse eines Headbangers kann man getrost in der Pfeife rauchen. Ich persönlich hätte auch auf Metal Skool verzichten können, aber mit ein paar Bier in der Birne, ist das wohl auch ganz unterhaltsam.
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