laut.de-Kritik
Herausragendes von Alicia Keys und Angie Stone, Bewegendes von Sean Paul.
Review von Alexander EngelenEs gibt sie zuhauf, diese Sendungen: Top Of The Pops, Mc Donalds Chartshow und so weiter. Die großen Stars performen ihre aktuellen Hits in sterilen Fernsehstudios. "Later" ist eine britische Ausgabe dieses Formates, und wenn man der Plattenfirma Glauben schenken darf, ist es die anspruchsvollste, von Kritikern hoch gelobte und meist respektierte Musik-Show der Inseln.
Mag die Sendung noch so toll sein - die DVD kann da kaum mithalten. Mehr als Kurzauftritte von über 30 Künstlern hat das Paket nicht zu bieten. Nichtsdestotrotz scheint ein gut informierter Black Music-Fan die Playlist geschrieben zu haben, die Zuseher können sich an über zwei Stunden Live-Musik satt sehen. Dabei fällt "Hip Hop Soul" vor allem dank der live gespielten Musik zumindest ein wenig aus dem üblichen Rahmen.
Dabei brilliert D'Angelo am Keyboard, Blackstreet schocken in ihren gelben Lackanzügen, und Beverley Knight beschwört mitsamt Orchester kalte Gänsehaut. Guru flowt mit Angie Stone und Herbie Hancock, Mary J. Blige stellt ihre gewöhnungsbedürftige Frisur vor, Erykah Badu entzündet Räucherstäbchen, gönnt sich eine Tasse Tee und zelebriert afrozentrische Spiritualität. Ms. Dynamite freut sich, dass sie dabei sein darf, Macy Gray quäkt in Quasimodo-Stellung "I Try", und Ludacris versucht das Publikum zu bewegen, was tatsächlich aber nur Sean Paul gelingt.
Kanye West begeistert im Gesamtkunstwerk mit Syleena Johnson, John Legend und Miri Ben-Ari, Kelis erinnert an die Zeit, in der ihre Haare noch grün und wild waren, und Craig David braucht nicht mehr als seine Stimme und eine akustische Gitarre. Wyclef ruft gemeinsam mit seiner Schwester den Notruf, die entzückende MJ Cole wird aus dem Zylinder gezaubert, und Roots Manuvas Backup-MCs scheinen direkt vom Tanztraining mit Detlef Soost zu kommen.
Sade will man einfach nur heiraten, Alicia Keys eigentlich sowieso. Nur bei ihrem Auftritt nicht – wegen ihrer komischen Fell-Weste und der Frisur. India Arie macht platten-taugliche Live-Musik, Jamelia poppt sich in des Zusehers Herz, und was Tweet da ins Mikrofon haucht, darüber will ich gar nicht weiter nachdenken. Schlussendlich zeigen Terri Walker, Vivian Green und Angie Stone, was sie alles auf dem Kasten haben, und die Fugees lassen zu guter Letzt die Zuseher in Nostalgie schwelgen.
Als einziges Bonus-Material bietet die DVD acht Interviews, etwa mit Mary J. Blige, Erykah Badu, Kelis oder Ms. Dynamite. Herausragend: die spontanen Gesangseinlagen von Alicia Keys, Angie Stone und Vivian Green, die der Moderator Jools Holland gekonnt auf dem Piano begleitet.
Den Anspruch auf eine komplette Darstellung der Black Music-Szene der letzten zehn Jahre erfüllt die DVD natürlich bei weitem nicht, das eine oder andere Schmankerl ist trotzdem zu finden. Doch dabei machen weder Kameraführung noch Soundqualität die DVD zum Pflichtbestandteil eines jeden gut ausgestatteten Hip Hop/Soul-Haushalts.
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