laut.de-Kritik
Songs über Adrenochrom, Mikrochips und Tierhaare.
Review von Connor EndtVielleicht ist Stanley Kubricks "2001: A Space Odyssey" schlecht gealtert. Der Science-Fiction-Film aus den Sechzigern zeichnet die Entwicklung der Menschheit vom Rudeltier bis zur Reise in den Weltraum nach. Dabei spielt ein ominöser schwarzer Monolith eine entscheidende Rolle. Doch was ist, wenn sich die Menschheit nicht ständig weiterentwickelt, sondern wir uns aktuell eher wieder auf dem Weg Richtung Ursuppe befinden?
Genau dieser Frage gehen die Viagra Boys auf ihrem dritten Album "Cave World" nach, der erwähnte Monolith findet sich auf dem Album-Cover wieder. Frontmann Sebastian Murphy hat sich in den vergangenen zwei Jahren laut eigener Aussage viel mit Verschwörungserzählungen, Impfgegnern und Anarchie beschäftigt. Dass diese Themen eine Anziehungskraft ausüben, überrascht nicht, denn schon früher beschäftigte sich der Stockholmer am liebsten mit der Gesellschaft kurz vor dem Kollaps.
Am besten fasst der Song "Troglodyte" das Album zusammen. Zu hämmernden Synthesizer-Sequenzen fantasiert Murphy über eine Reise in prähistorische Zeiten: "He says he don't believe in science, he thinks that all the news is fake / And late at night he sits on his computer and writes about the things he hates". Weiter heißt es dann: "But if it was a million years ago and we were still living in caves / You would not be welcomed by the other apes 'coz you evolved a bit too late".
In Interviews hat die Band schon oft betont, dass sie sich musikalisch nicht auf jedem Album wiederholen will. Bis jetzt hat das gut geklappt und auch auf "Cave World" erfüllen sie diesen Anspruch. In "The Cognitive Trade-Off Hypothesis" wechselt Murphy im Chorus zu Falsetto-Gesang, auf "Big Boy" werden die Schweden von Jason Williamson von Sleaford Mods unterstützt. In "Creepy Crawlers" skandiert Murphy fiebrig über Mikrochips, Kinder mit Tierhaaren und Adrenochrom, während seine Bandkollegen den perfekten Soundtrack für diesen Fiebertraum liefern und Oskar Carls' Saxophon wie unter Qualen kreischt. "ADD" wiederum ersetzt das Schlagzeug durch eine Drum Machine.
Hinzu kommen mehrere Interludes, in denen sich die Synthesizer- und Tastenfraktion der Band völlig ausleben kann. Am Ende von "Cave World" steht das sechseinhalb Minuten lange "Return to Monke" mit der Forderung "Leave society, be a monkey!" Das Stück ist durchzogen von Schreien, Gitarren- und Synthesizer-Soli, Noise und Feedbackschleifen. Da merkt man, dass einige Mitglieder der Viagra Boys zuvor in diversen Free Jazz-Projekten unterwegs waren.
"Cave World" ist ein wirres, ein chaotisches Album. Wer den Sprung ins "Viagraverse" wagt, wird dafür aber mit neun unverschämt tanzbaren Nummern belohnt. Dazu gehören einige der besten Songs der bisherigen Diskographie ("Punk Rock Loser", "The Cognitive Trade-Off Hypothesis", "Ain't No Thief"). Ganz nebenbei liefern die Schweden den perfekten Soundtrack für diese seltsame Zeit. Stanley Kubrick hätte das bestimmt gefallen.
6 Kommentare mit 15 Antworten
Wo ist Ragis Eloge?
Ragi hats noch nicht gehört. Die letzten Platten ham Spaß gemacht. Wenns hier Punkte regnet, werd ich vielleicht mit dieser hier zum Fan.
Dreck/5
"Vielleicht ist Stanley Kubricks "2001: A Space Odyssey" schlecht gealtert."
Er war nie gut!
Er ist sogar absolut bemerkenswert gut gealtert. Über das andere kann man schon eher streiten…
The Cognitive Trade-Off Hypothesis ist das unterhaltsamste Stück Musik über kognitive Psychologie, dass ich je gehört habe. Haben so nen DeStaat-Vibe, gefällt!
So sehe ich das auch, hat auch dezente Gorillaz Vibes. Gefällt mir auf jeden Fall sehr gut.
Ja, sehr schön... Mal wieder sleazy und eklig wie die Electric Six, und dabei umso heftiger zeigend, was für traurige Gestalten Alphamännchen eigentlich sind. Gefällt. 4/5.
Wenn sich Hipster mal krass fühlen wollen, ballern sie sowas auf ihren Lexus-Kopfhörern beim einsamen Warten auf den Bus zur Lohnarbeit, um sich kurz mal wild und konträr zu fühlen, bevor sie sich die nächsten acht Stunden ohnehin wieder der Norm anpassen
Musik als Realitätsflucht ist so erbärmlich.
Fast so wie den unangepassten Systemrebell im Internet zu geben!
Tue ich nicht. Kratzt nicht, als was ich im Internet rüberkomme
Wie rebellisch
Edgy McEdgelord will ganz arg der krasseste Hipster von allen sein.
Mimimi, heult jemand anders zu
Sobald du gelernt hast zum scheißen aufs Klo statt zu laut.de zu gehen vielleicht, du Blasebalg.
Da ist aber einer mett ♥
Tja, und da könntest du dir sogar ein paar Gramm von abzwacken wenn du bloß nicht so ein hoffnungslos gammeliger aus den 80ern übrig gebliebener Haufen Schweinehack wärst.
Die Boomer-Keule, wie originell. Interessante Einschätzung aber
Du bist doch derjenige, der den Metalunderground für seine Jahrzehnte währende stoische Unveränderlichkeit feiert und damit jeder unterklassigen Annihilator- oder Anvil-Schrammelkapelle von Wirges bis Würges nicht vorhandene Relevanz zuspricht. Musst nicht in nem Boomer-Jahrgang geboren sein um dich wie einer aufzuführen, das zeigen deine Beiträge bei laut.de doch hervorragend. An dieser Stelle wieder dasselbe, "mimimi, kratzt mich gar nicht als was ich im Internet rüberkomme", aber dann brav über jedes Stöckchen springen, was dir völlig unbekannte Teilnehmende unter die Schnauze halten.
So und nicht anders haben wir ihn kennengelernt, den Heuchelfux.
Gehe halt zumeist auf die Metal-Beiträge und sehe das nicht selten konservativer, ja. Aber das bedeutet nicht das diese Meinung auf jedes andere Genre übergreift und das ich sonst nichts anderes höre. Ich finde die Viagra Boys in dem was sie tun eben kacke und habe dann polemisch abgeläsrt.Meine Fresse, als ob das sonst niemand auf dieser Webseite tut lel
Und immer dieses "hurrr du antwortest, scheint dich hart zu triggern." Ja, wenn ich einen Kommentar schreibe, bin ich auch dazu bereit, weiterhin auf ihn abzugehen. Was ist daran so abwegig?