laut.de-Kritik

Narrativer Glanz statt Singalong-Charakter.

Review von

Im Herbst 2008 spielten Why? ein Konzert im Berliner Club Maria. Die Band wirkte nach fünf Monaten in Europa etwas müde, nichtsdestotrotz schimmerten die Songs des fantastischen Albums "Alopecia" ob ihrer musikalischen wie lyrischen Virtuosität noch immer golden: "The Hollows", "Good Friday", "A Sky For Shoeing Horses Under". Man brauche jetzt eine Pause. All zu schnell würde man Why? in Deutschland nicht mehr zu sehen bekommen, sagte Sänger Yoni Wolf leise.

Denkste. Im Sommer 2009 begleiteten Why? vitaler denn je das Fest Van Cleef – und scheinbar plötzlich erscheint mit "Eskimo Snow" auch ein neues Album der critically acclaimed Post-Hip-Hop-Band aus Kalifornien. Dabei sind die zehn neuen Songs in den gleichen Sessions in Minneapolis enstanden wie "Alopecia". Wer nun reflexartig an B-Seiten von der Resterampe denkt, liegt erst mal falsch.

Vielmehr verhält sich "Eskimo Snow" zu seinem frischen Vorgänger ähnlich, wie es Radioheads "Amnesiac" zu dem gewaltigen "Kid A" tat. Auf dem Album wird eine gänzlich andere Grundstimmung gesucht – und gefunden. Das äußert sich zunächst darin, dass Yoni Wolf auf nasale Raps nahezu vollständig verzichtet und stattdessen kleine, oft mehrstimmige Melodien einstreut.

Auch sonst erscheint die seit der "Early Whitney"-EP schleichend betriebene Metamorphose zum ruhenden Indie-Folk-Koalitionär mittlerweile abgeschlossen. Das liegt zum einen an Yonis älterem Bruder Josiah, der den Songs mit seinem pointierten Spiel an Schlagzeug, Perkussion und Vibrafon eine knisternde Klangkulisse spendiert. Verwobene Akustikgitarren und ein paar warme Klavierakzente besorgen den Rest eines herbstlich, winterlichen Albums.

Und doch ist "Eskimo Snow" mehr als einen Tick schwächer als "Alopecia", weil ihm schlichtweg der Singalong-Charakter abgeht. Zwischen gelungenen Songs wie "Against Me", "One Rose" und "This Blackest Purse" plätschert das Album bei allem narrativem Glanz doch etwas arg vor sich hin, weil Yoni Wolfs schluffiger Gesang einigen Stücken keine rechte Richtung zu geben vermag. Why? abzuschreiben wäre allerdings ein grober Fehler. Schließlich kommt nach jedem Winter wieder zuverlässig der Frühling.

Trackliste

  1. 1. These Hands
  2. 2. January Twenty Something
  3. 3. Against Me
  4. 4. Even The Good Wood Gone
  5. 5. Into The Shadows Of My Embrace
  6. 6. One Rose
  7. 7. On Rose Walk, Insomniac
  8. 8. Berkeley By Hearseback
  9. 9. This Blackest Purse
  10. 10. Eskimo Snow

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