laut.de-Kritik
Die Revolution muss grooven.
Review von Stefan JohannesbergNach dem mageren "Masquerade" cruist Multitalent Wyclef Jean wieder mit seinem musikalischen Monstertruck durch die Pop-Musik. An den Rädern schön gechromte Rap-, Rock-, R'n'B- und Reggae-Felgen, das Autoradio auf äußerste Lautstärke getuned, kickt der Refugee-For Life über diesem Soundmenü seine Sozialarbeiter-Styles. Er möchte der monoton pumpenden "Industry" Friede, Freude und Eierkuchen bringen. "Black on black crimes need to stop. You can't blame it on Hip Hop".
Der Fugees-Frontmann will lieber mit Hardcore-Rapper Scarface und Busta Rhymes' weiblichem Pendant Rah Digga eine rechtschaffene "Next Generation" etablieren, die Fragen stellt. "Who Gives The Orders?" Wer gibt die Befehle? Und wer erzählt unseren Kindern Lügen, fragt Wyclef mit Ragga-Star Buju Banton über einen slow smoothen Reggae-Tune. Doch egal, welche Antworten er erhält, die "Rebel Music" zählt. Aber 'Oh Überraschung', der Track ist nicht die befürchtete Coverversion des Bob Marley-Klassikers, sondern entwickelt sich zum orientalischen Bounce-Brett. Die Revolution muss eben grooven.
Get die Fete started! W.J. stellt einen vor die Qual der Wahl: "A Party To Damaskus" oder "Party By The Sea" oder beides? Auf dem Weg nach Syrien fiedelt Wyclef auf jeden Fall munter mit Missy Elliott im Stile eines Timbaland, während er dagegen am Meer mit karibischen Klängen zum 'Harry Belafonte on speed' mutiert. Wie die Jungs und Mädels früher so abgehottet sind, erklärt er im zurückgelehnten Händeklatscher "Celebrate", unterstützt von Soul-Diva Patti LaBelle. "I miss those days." Da helfen auch "Three Nights In Rio" beim Latin-Jam mit Gitarrengott Santana nicht. Selbst wenn Wayne Wonder und Elephant Man Wyclefs Morgenkater Heilung versprechen. "I Am Your Doctor!"
Ausnahmsweise eher besinnlich und melancholisch geht es bei der "Class Reunion" zur Sache. Unterstützt von verschachtelter Snare und U2s The Edge an der Gitarre, erzählen Wyclef und R'n'B-Sängerin Monica über zwei hoffnungslose Menschen "from the block", die am Leben scheitern. Gefühlvolles Storytelling gehört überhaupt zu seinen großen Talenten, wie auch die humorvolle Hymne "Linda", über den Rachefeldzug einer gehörnten Ehefrau, zeigt.
Und da ein hippiesker Revoluzzer nicht ohne Liebe die Welt verändern kann, fährt Wyclef seine gelungene Platte mit lockeren Liebesbekundungen ("Take Me As I Am") und butterweichem Bettgeflüster ("Baby") sanft nach Hause.
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