laut.de-Kritik
Nur der Mantel sitzt besser als die Beats.
Review von David Maurer"Frisch aus Knast entlassen" und schon wieder mittendrin im Geschehen. Lange genug hat sich Xatar das Deutschrap-Treiben aus der zweiten Reihe angesehen. Mit seinem ersten Album seit drei Jahren betritt der "Baba Aller Babas" nun selbst wieder die Bühne - und trägt dabei Mantel.
Keine Frage, spätestens seit seiner Haftentlassung umhüllt Xatar nicht nur sein viel zitiertes Lieblingskleidungsstück, sondern auch eine gewaltige Aura. Wie ein mächtiger, über allem stehender Pate rollt er im gepanzerten Jeep zurück ins Game, aus dem Bose-Soundsystem pumpt D'Angelo, der Goldzahn glänzt. Geändert hat sich aber nicht viel während seiner Abwesenheit: immer noch überall nur kleine "Shisha-Rapper".
Selbstbewusst, aber keineswegs humorbefreit zeichneten bereits die drei Singles "Original", "Iz Da" und "Mein Mantel" ein Bild von lauter Deutschrap-Kindern, die im Garten spielen und nur darauf warten, dass der Baba wiederkommt. Genau diese Schiene fahren die restlichen zwölf Stücke der Platte konsequent weiter.
In erhabener Manier schießt der Mantel tragende Alles Oder Nix-Chef gegen Hashtag-, Image- und Shisha-Rapper, die allesamt weder einen Plan vom Leben im Knast noch von dem auf der Straße zu haben scheinen und lieber schicke Selfies tweeten statt Para zu machen: "Sexy Arsch, rasierte Arme, posen wie Bitches / Kommt bloß nicht Gefängnis / Weil euer Po dort gebangt wird /Ihr Homos im Rapbiz."
Aber nicht alle MCs "posten Bilder mit Kussmund wie Nutten." Xatars eigene "AON Crü" bleibt natürlich Straße, weshalb er mit Schwesta Ewa, Kalim, Samy und Ssio die komplette Bande um sich schart. Mit geballter Power unterstreichen die fünf Rapper beziehungsweise Sänger, dass Alles Oder Nix längst einen eigenen, unverkennbaren Stil entwickelt hat.
Das wird besonders in "Pääh" deutlich, in dem sich Xatar und Ssio ein unterhaltsames Wechselspiel liefern. Zwar behauptet sich Letzterer erwartungsgemäß als technisch versierter, auffallend ähnlich wirken die beiden mittlerweile dennoch. Dem Stück an sich schadet das nicht, zumal Ssio in seinen Parts genauso überzeugt wie Schwesta Ewa in "Wirbel Für Flous".
Auf der Tracklist dann auch noch Haftbefehl und Olexesh zu finden, dürfte sämtliche Feature-Wünsche endgültig befriedigen. Während OL statt Mantel lieber Anzug trägt und mit Xatar "D'Angelo im Jeep pumpt" ("Dresscode"), zerlegt Hafti in "Gute Nacht" auf einem mächtigen Boom Bap-Ungeheuer einen Möchtegern-Gangster: "Ekelhafte Kurdies, Zwei-Meter-Riesen, Schlägertypen / Ficken deine Mutti, wenn du einschläfst - Freddy Krüger".
Bei Xatar selbst dreht sich derweil fast alles um Para beziehungsweise Sisis machen, wie "Meine Große Liebe" bildlich und äußerst anschaulich darstellt. Die Uzi in der Hand, Geldbündel in der Tasche und die Polizei am Hals: Wer eine Geschichte zu erzählen hat, muss eben keine erfinden. Dass die Tracks über sein Leben vor, während und nach dem Knast trotzdem keine besonders lange Halbwertszeit besitzen, zeigt sich jedoch schon nach einigen Durchgängen.
Das liegt vor allem an Xatars Vortrag, auch wenn dieser zunächst das mitbringt, was zu erwarten war. Für große Rapkunst wird die meist simpel gehaltenen Lines ("Während Rap-Kings kacken in Hose / Bring' ich Sound in Quali von Bose") trotz erkennbarer Steigerung wohl kaum jemand halten. Auch dann nicht, wenn der Baba mit arg erzwungenen Silbenketten um die Ecke kommt: "Beef wird bei uns anatolisch geklärt / Danach läufst du anatomisch verkehrt." Genau diese teils durchaus kultigen Zeilen machen Xatar aber aus. Für ein Schmunzeln sorgen sie ab und zu ohnehin.
Doch auch mit druckreifen Einzeilern, die jetzt schon überall im Internet herumschwirren, und einem hundertprozentigen Realness-Faktor kommt "Baba Aller Babas" weder an den Humor eines "BB.U.M.SS.N" noch an die rohe Brutalität von "Russisch Roulette" heran, sondern pendelt sich irgendwo dazwischen ein. Das gestaltet sich auf Albumlänge recht spaßig, mehr aber eben auch nicht. Zu eintönig wirken Vortrag, Hooks und Motive auf Dauer, um das Ganze mehr als einfach nur nett zu finden, auch wenn gelungene Themen-Tracks wie "Justizia" und "Meine Große Liebe" für Abwechslung sorgen.
Dass "Baba Aller Babas" dennoch gut unterhält, ist unter anderem Hofproduzent REAF zu verdanken, der den Großteil der Beats liefert. Zwischen New York und Westcoast konstruiert er zusammen mit Choukri, Enginearz und Xatar selbst einen druckvollen Kopfnicker-Sound, der auf Trap-Geballer, Plastik-Synthies und Handclaps vollkommen verzichtet und fast so perfekt sitzt wie des Babas Mantel. Ohne die ganz großen Highlights, aber stets auf hohem Niveau.
Das trifft auch auf "Baba Aller Babas" insgesamt zu. Ohne wirkliche Ausschläge nach oben oder unten lässt sich Xatar über 15 Tracks weitgehend von seinem übergroßen Charisma und der sympathisch bosshaften Baba-Attitüde tragen und zeigt nicht als erster, dass ein gutes Album nicht zwingend komplexe Reimstrukturen und vertracktes Storytelling braucht.
37 Kommentare mit 180 Antworten
Musik für die, bei denen wirklich alles falsch läuft.
und wie gefällts dir?
Höhöhö. Würde mir so einen Rotz noch nicht mal illegal ziehen.
Was muss man noch mal tun, um dich wieder zu vergraulen?
Diesmal bleib ich für immer.
Ohne Doktortitel ist diese Musik nicht greifbar.
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oO Was zur Hölle?
Liest sich wie manback's neuster Streich.
Nee, zu eloquent.
Bitte immer wieder überall auf der Seite posten, dass die Moderation hier auch mal was zu tun hat!
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Selten so eine treffende Rezension gelesen. Respekt.
Das ist noch ausbaufähig. Du hast zwar eine Vorstellung davon, was du erzählen möchtest, kommst aber mit den Zeiten etwas durcheinander ("Als ich hinter ihm in die Kabine trete, schloss er die Türe sofort ab"). Außerdem machen Dialoge einfach wenig Sinn: „Deine Arschfotze ist aber gut dehnbar. Spielst du als mit dir selber?“
„Ich hatte starke Schmerzen beim erstenmal, darum habe ich ihn immer wieder trainiert.“ (falsche Verwendung von "als", "beim ersten Mal", "Die Arschfotze" aber dann "ihn" schreiben etc.)
Von mir gibt es 4/10
Das Cover sieht aus wie ein Schlaganfall...
Und die "Musik" klingt vermutlich wie Durchfall...
Metaphervirtuosen unter sich...
Wir sind halt so nervig wie Haare an der Klitoris.
Glückwunsch, ein Bild, das nicht schief ist. Dann verbessere ich mich auch: Sind natürlich Vergleiche, keine Metaphern.
xD
im aktuellen groundandpound magazin gibt es ein sehr kvltiges aber leider auch sehr kurzes inti von xatar
"dein tipp an die jugend?" "überfallt keine geldtransporter"
mal wieder gehört . so stark es anfängt mit babas im land und dem ssio-feature, so wechselhaft bleibst dann auch
bretter wie usb-stick, filler wie Mantel oder Gentleman
die 3/5 gehen in Ordnung. gutes album, aber kein großer Wurf
die Erwartungshaltung war wohl, bei mir, dann doch zu hoch angesetzt
vergleicht man das material mit einem "Helden rasieren" von 2012 verliert das aktuelle doch viel an fahrt und gerade dieser song steht für den außergewöhnlichen sound den xatar dem deutschrap gibt
bewusst herabwertend, einfach schlechte review. seit wann dürfen hater fans reviews schreiben?
Du denkst auch, alle anderen wären neidisch auf dich, weil nur du die Stimmen hören kannst.