laut.de-Kritik
Rätsel um gespaltene Persönlichkeiten, die nackt im Wald hocken.
Review von Benjamin Fuchs"A Song About A Girls"? Irgendwas stimmt hier sprachlich nicht, soviel ist klar. Immer bestrebt, herauszufinden, was dahinter steckt, grübelt der Rezensent natürlich auch über die Bedeutung dieses Titels, seit er das Album bekommen hat. Heißt es sinngemäß vielleicht ein Lied über ziemlich tolle Frauen? A-Klasse Frauen? Das wäre dann doch eher eine Kategorisierung, die vielleicht in Hip-Hop-Songs vorkommt, aber doch nicht als Titel eines Albums von Stef Kamil Carlens, der schon als Sänger und Basser der belgischen Ausnahme-Alternativrocker dEUS wunderbare Musik schuf.
Vielleicht hat sich ein Druckfehler eingeschlichen? Ein solcher machte bekanntlich aus dem Tool-Song "Lateralus" den Titel "Lateralis". Doch nach einigem Suchen taucht ein Interview auf, in dem Carlens das Geheimnis um den Titel lüftet: Es handelt sich nicht um einen Druckfehler! Vielmehr geht es um eine Frau, die so vielschichtig ist, dass sie mehrere Frauen gleichzeitig ist. Ahh so. Und diese Frau, die eigentlich zu zweit ist, sitzt jetzt auf dem Cover mit einem bemantelten Carlens nackt im Wald? So komplex, als dass eine von beiden eine Jacke überwerfen würde, ist die Persönlichkeit dieser Frau(en) dann also doch nicht.
Musikalisch ist das Album vor allem ruhig. Wo sich Zita Swoon früher im Disco-Bereich oder Blues austobten, finden sich auf "A Song About A Girls" sparsam instrumentierte Tracks, die sich anschleichen. Percussions ersetzen das Schlagzeug, auch die anderen Instrumente kommen akustisch daher. Dennoch ist die Stilvielfalt recht groß. Jazziges Ambiente zieht sich durch das Album, Streicher füllen das Klangbild auf.
"Wozu braucht man die Liebe", fragt Carlens zusammen mit der in Frankreich bereits wohlbekannten Chanteuse Axelle Red in dem Beinahe-Chanson "De Quoi A Besoin L'Amour?" Womit eine Neuerung im musikalischen Schaffen Carlens zum Vorschein kommt: Einiges auf dem Album ist in französischer Sprache verfasst. Das Duett mit Red ist zugleich einer der Höhepunkte dieses Albums.
"Me & Josie On A Saturday Night" beginnt mit einer seufzenden Frauenstimme, ein Kontrabass kommt hinzu, Klavier, Rasseln. Dann erst eine akustische Gitarre, die immer wieder gebetsmühlenartig ihre wenigen Töne wiederholt. Dadurch und durch die einprägsame Gesangsmelodie hat dieser Song einen hohen Wiedererkennungswert.
Anders als etwa die Hälfte der Lieder auf "A Song About A Girls", denen es scheinbar genug ist, als nette Geräuschatmosphäre im Hintergrund dahin zu plätschern. Endlos lange Instrumental- und Solopassagen, die oft ins Leere laufen, weil scheinbar zum Selbstzweck gespielt, unterstützen diesen Eindruck. Gut gemacht ist es definitiv, keine Frage - hier wird musikalisch nicht gestümpert. Aber der Unterhaltungswert des ganzen ist ab und zu fraglich. Das Album hat einige Höhepunkte, die allerdings spärlich gesäht sind.
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