laut.de-Kritik

Resignierter Abgesang auf Trumps Amerika.

Review von

Politisch waren AJJ (formerly known as Andrew Jackson Jihad) schon immer. Nach Hoffnungslosigkeit, Bitterkeit oder Zynismus musste man auf den sechs vorherigen Alben nie allzu lange suchen. Trotzdem ist "Good Luck Everybody" eine ganze Spur düsterer geraten als seine Vorgänger. Vor allem der bandeigene Humor blitzt hier nur noch fragmentarisch auf.

Der punkige DIY-Ansatz wurde für professionell arrangierte Folksongs mehr oder weniger gekillt. Das mag unter anderem daran liegen, dass sich Sänger Sean Bonnette und Bassist Ben Gallaty der hohen Fluktuation im Bandkarussell ein Ende setzten. Preston Bryant (Piano und Gitarre) und Mark Glick (Cello) sind inzwischen feste Mitglieder der Band. Im Opener "A Poem" reflektiert Bonnette selbstironisch die Rolle des Künstlers: "A poem is a song that no one cares about (...) and songs are just commercials for awful ugly people who want your money, your attention and all of your love."

Diese Feststellung wirkt besonders ernüchternd im Hinblick auf die restlichen Songs. Denn AJJ setzen sich so explizit wie noch nie mit dem Amerika unter Donald Trump auseinander, wissend, dass sie mit ihrer Musik nichts ändern können. Dieser Gedanke erzeugt eine Stimmung von Resignation und Trostlosigkeit. Auf "Normalization Blues", der sich stark an Bluegrass nach Art von Woody Guthrie orientiert, thematisiert Bonnette die Abstumpfung, die mit den immer neuen Ausfällen des US-Präsidenten einhergeht. Überhaupt ist "Good Luck Everybody" auch eine Hommage an linke amerikanische Folk-Helden, das Cover ist als Comicversion des Neil Young-Albums "On The Beach" konzipiert, eines der depressivsten Alben des Kanadiers.

Den Pessimismus, die Hoffnungslosigkeit und die unproduktive Wut bündeln AJJ auf dem Kernstück "No Justice, No Peace, No Hope". Für die balladeske Anklage setzt sich Bonnette alleine hinter das Klavier und singt mit seiner leicht nasalen Stimme, die seine Hilflosigkeit perfekt illustriert: "The lake of dead black children that America created is getting fuller than the founding fathers even wantted (...) Again we slipped inside the pit of absolute despair, that's where we live (...) I used to comfort myself with the myth of good intentions. I can't believe that I beleived that goodness was inherent." Das Stück ist die absolute Gegenthese zum letzten Album "The Bible 2". Damals war das Motto noch "No More Shame, No More Fear, No More Dread". Die Worte fanden sich auf dem Cover, als Songtitel und über die ganze Platte verteilt. Vom damaligen Optimismus ist nichts mehr geblieben.

Selbst der musikalisch heiterste Song lässt einen bedrückt zurück: Auf "Mega Guillotine 2020" wünscht sich die Band zu einer kindlichen Melodie eine riesige Guillotine als Präsidentschaftskandidat für die anstehende Wahl. Hier ist zumindest eine Spur des abwegigen Esprits zu erkennen, der ein Markenzeichen von AJJ ist. Auf "A Big Day For Grimley" entwirft Bonnette so etwas wie einen Wunschzettel für Amerika: "Solitude for the stoic, mirth for the merry, a quiet room for the overwhelmed, arcades for the ADHD, health for the sickly, a big day for Grimley." Es ist einer der schönsten Songs im Katalog der Band. Doch auch dieser zarte Ansatz einer Utopie wird im Keim erstickt: Zum Abschied wirft Bonnette dem Hörer noch ein "Good luck everybody" zu, bevor eine fidele Flöte in den verzerrten Geräuschen eines Bombenhagels untergeht.

"Good Luck Everybody" ist mit Abstand das rundeste und gleichzeitig deprimierendste Album ihrer fünfzehnjährigen Bandgeschichte. Es ist ein politischer Kommentar und ein Abgesang, für den AJJ ihren Witz und den rumpeligen Antifolk-Sound außen vor ließen.

Trackliste

  1. 1. A Poem
  2. 2. Normalization Blues
  3. 3. Body Terror Song
  4. 4. Feedbag
  5. 5. No Justice, No Peace, No Hope
  6. 6. Mega Guillotine 2020
  7. 7. Loudmouth
  8. 8. Maggie
  9. 9. Psychic Warfare
  10. 10. Your Voice As I Remember It
  11. 11. A Big Day For Grimley

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