laut.de-Biographie
Ami Warning
"Früher wollte ich Grundschullehrerin oder Postbotin werden", erinnert sich Ami Warning. "Lange hab ich gar nicht gedacht, dass ich irgendwas mit Musik machen will." Mit Musik wächst sie als Tochter des Singer/Songwriters Wally Warning zwar immer schon auf und geht gerne zu den Konzerten mit. Sie bezieht den Beruf aber nicht auf sich. "Ich hab den Papa immer gesehen, wie er daheim Gitarre spielt und jammt."
Ein zweiter Kontakt mit Tönen, als sie mit elf Klavierunterricht anfängt, zieht die Münchnerin genauso wenig in die Welt der Sounds hinein. "Das hat mir keinen Spaß gemacht, dann hab ich wieder aufgehört." Denn da sei es vor allem ums Spielen nach Noten und regelmäßige Üben gegangen - nach etlichen eigenen Alben immer noch nicht ihr Ding. Sport und Kunst waren eher ihre bevorzugten Schulfächer, Musikunterricht erst mal wirkungslos. Doch das Texten fließt wie von selbst, und schon als Teenager entwickelt Ami so den ein oder anderen Song auf der Gitarre. "Dann hab ich das so'n bisschen entdeckt, immer mehr geschrieben." Es ist die Zeit ums Abitur herum, als ihr Vater meint, die gesammelten Stücke könnte man ja doch mal öffentlich spielen und aufnehmen.
Während eines Open Air-Auftritts beim Theatron-Festival sieht ein Mann sie im Publikum, der zu dieser Zeit schon 35 Jahre lang einen Musikverlag mit alpenländischen Rocksongs hat - inklusive einem Riesenhit, "Küss Die Hand, Schöne Frau" von der EAV. Hage Hein heißt der Konzertbesucher. Er möchte Amis Werke veröffentlichen. Das erste Album erscheint auf Englisch unter dem Titel "Part Of Me" im März 2014. Ami ist gerade 18. "Und der Hage hat sich darum gekümmert, dass das auch Leute mitkriegen."
Ami steht kurz für Amira, ein Name aus der holländischsprachigen Karibik. Amiras Papa ist von der Insel Aruba eingewandert, Nachbarinsel von Curaçao (wie der Drink), an der Küste vor Venezuela und Surinam. Ami spürt später auf ihrem dritten Album dieser familiären Wurzel nach. Doch schon von Anfang an trägt ihr Songwriter-Indiepop dezente Züge von Latin und Reggaemusik. In Tourneen mit Vater Wally lebt sie diese stärker aus, oft akustisch. Im Anschluss ans zweite Album "Seasons" kommt es zu einer Zusammenarbeit mit der süddeutschen Latin-Ska-Reggae-Gruppe Jamaram für deren Platte "Freedom Of Screech".
Album Nummer drei soll dann auf Deutsch sein. Ami komponiert zehn Nummern für "Momentan" und unterlegt ihren Gesang mit poppigen, zugleich ein bisschen Hip Hop- und Trip Hop-artig gebauten Beat-Strukturen. Die Grundidee vieler der Tracks 2019 hat mit Zeit, Raum und Bewegung zu tun. "Vielleicht Lieber Morgen" steht im Kontrast zum Feiern des Moments ("Einfach Sein"). Die Stücke "Karrussell", "Gegenwind", "Hausdach" und "Fliegen" enthalten alle eine Idee der Schwerelosigkeit. Während ein Lied "Chaos" heißt, wirkt das Album sehr sortiert.
Alle Platten wie auch die vierte, "Kurz Vorm Ende Der Welt" (2022), reihen sich zwar in den Katalog von Sony ein, sind aber keine Charts-Raketen. Vor allem die Tourneen machen Ami bekannt, insbesondere wenn sie bei großen Veranstaltungen wie dem Africa Festival Würzburg auftritt. Sich auf Social Media - wie zum Beispiel TikTok - zu reproduzieren, ist derweil nicht Amis Art, sich mitzuteilen. So hält sich die Künstlerin erst einmal in einem Segment jenseits des kurzlebigen Pop-Zirkus auf. Ihre Aufmerksamkeit gilt dem Experiment, alle Instrumente ihrer 2022er-EP selbst zu spielen: Bass, Gitarre, Schlagzeug, Casio-Keyboards. Und selbständig zu produzieren.
Nachdem ihr Manager Hage 2023 in Rente geht, schlägt sie auf einem Hamburger Rücksitz auf. Mit Backseat als neuem Label zieht sie in ein philosophisches Album auf der Suche nach einer "Auszeit" vom ewigen Hamsterrad aus Zweifeln und Freizeitstress. Die Platte kommt im August 2024. Schon lange vorher sind etliche Club-Gigs für November ausverkauft.
Jenseits des Musizierens genießt die soulvolle Songschreiberin "auch mal Nichtstun" und ganz unkreative Tätigkeiten. So hilft sie ihren Eltern bei der Neueröffnung eines kleinen Ladens im Münchner Stadtteil Laim, wo sie aufgewachsen ist. Dort, wo sie selbst zur Schule ging, verkauft sie heutigen Schulkindern Süßigkeiten für zehn Cent, serviert fair gehandelten Kaffee, ist Glücksfee für Lotto Spielende und nimmt Pakete als Paket-Shop-Mitarbeiterin entgegen. Für den Laden möchte sie einen Online-Plattform für Geschenke und Spielzeug entwickeln. Kein typischer Pop-Job. "Ich hab gemerkt, dass ich es angenehm finde, wenn ich ein paar Mal die Woche etwas mache, was nichts mit Musik zu tun hat. Der Laden nimmt viel mehr Zeit in Anspruch, als wir am Anfang so dachten. Seit es ihn gibt, komme ich zu wenig dazu, mir ganz entspannt was anzuhören. Ich hab schon länger kein ganzes Album mehr durchgehört."
Konkrete künstlerische Vorbilder hat Warning nicht. Eines ihrer bevorzugten Alben stammt jedenfalls von einer anderen Ami: "Back To Black". Mit Sympathie fürs Songgut von Nina Simone und Bill Withers überwiegt Soul-Sozialisation. Doch es ist auch mal der ein oder andere Indie-Songwriter, zum Beispiel Daniel Norgren, der Amiras Interesse weckt. Jüngste Entdeckung 2021: Greentea Peng. Womit sich der Kreis zu den trip'hop'pigen Tendenzen bei Ami schließt.
1 Kommentar
Ich freu mich sooo auf dein Konzert morgen, Ami!