laut.de-Kritik

Der sonnenbebrillte Schlagerrapper strotzt vor Selbstmitleid.

Review von

Apache 207 bleibt gleich. Mit seinem ganzen Erscheinungsbild und der wie für Pop-Hits geschaffenen Gesangsstimme verlässt er sich auf "Gartenstadt" erneut auf seinen enormen Wiedererkennungswert.

Mit diesem lockte er für den Song "Komet" selbst Udo Lindenberg an, der Haftbefehl für ein ungleich spannenderes Duett für "Das Schwarze Album" noch abgesagt hatte. Doch hinter der lukrativen Oberfläche verbirgt sich nach wie vor nichts Greifbares. Keine Themen, keine Aussagen, ja, nicht einmal ein echter Charakter, der über das Leben, Lieben und Leiden im Star-Olymp hinausginge.

Der Widerspruch von Form und Inhalt begleitete ihn schon auf "Treppenhaus" und "2Sad2Disco". Daran ändert "Was Weißt Du Schon" wenig. "Manchmal fressen sich hier Ratten durch Wände. Sie wurden hier geboren, doch sie wollen hier nicht enden", singt er geradezu unverschämt abgeklärt und eingängig zum Einstieg. Im Gegensatz zu seinen letzten Projekten irritieren solche Gegensätze aber immer weniger. Vielmehr grenzt es an Romantisierung früherer Mittellosigkeit. Jeder Banker kann zu seiner Armutslyrik im 80's-Gewand im Club tanzen, ohne auch nur im mindestens abgelenkt zu sein.

Jumpa lässt sich am wenigsten Vorwürfe machen. Wie er die musikalischen Neonfarben in "Breaking Your Heart" einwebt, weckt sogar internationale Assoziationen. Im Kern dreht sich der Song erneut um seine Unwiderstehlichkeit, die er nur im dazugehörigen Video ironisch abfedert. Die selbstverliebte Synthie-Hymne markiert dann bereits den qualitativen Abstieg des Albums. "Wenn Das So Bleibt" und "Ein Letztes Mal" kommen als Club-Dienstleister daher, die sich auch inhaltlich ihrer Plattitüdenhaftigkeit bewusst sind ("So jung komm' wir nie wieder mehr zusammen").

"Wir sind bewaffnet bis auf die Zähne, denn wir müssen unser Image pflegen", erklärt er sinnfrei um "Kurz Vor 4". Als ginge es darum, noch einen ordnungsgemäßen Rap-Bezug herzustellen, wo das Fluchen eben zum guten Ton gehört, baut er gelegentlich ein "Hurensohn" in "Neunzig" ein. Ordentlich schlägt sich dazu das retrofuturistische Instrumental mit Miami-Bass-Einschlag. "Coco Chanel" spinnt den Faden musikalisch weiter. "Ich fahr' im Slalom durch die Trümmer dieser Welt - und lieb mich selbst", deutet sogar ein passend postapokalyptisches Thema an, das sich leider gleich wieder verliert.

Schon ab der Hälfte steigt die Langeweile auf Hörerseite und proportional dazu die Weinerlichkeit des sonnenbebrillten Schlagerrappers. "Ein Schritt Richtung besser, drei Schritte Richtung schlimmer", klagt er in "Schimmel in Der Villa", bevor ein Regenschauer über ihn hereinbricht und Blitze die pechschwarze Nacht seiner Seelenpein durchzucken. "Geblitzt" knüpft direkt daran an, wobei sich der Scheibenwischer-Rhythmus als nette Produktionsidee erweist. Apache 207 bläst Trübsal ("Gefunden"), beweint seinen schwindenden Willen ("Raus Hier") und versinkt "Ohne Gnade" in Sentimentalität.

"Die ganzen Partynächte ziehen mich langsam runter", jault er im blamablen "Capri Sonne" über seinen Erfolg, "Gewinn' jeden Award, doch hab' mich verloren." In pseudoreflektierter Atmosphäre suhlt er sich im Elend: "Goldene Tränen verzieren die Wangen." Es ist abgrundtief peinlich. Der singende Rapper betont stets, reich und beliebt zu sein. Zugleich fordert er dafür immerzu Mitleid ein, statt es Cro gleichzutun und bei Bedarf einfach für einige Monate in einem Inselparadies abzutauchen. Apache 207 bleibt eine flache, von sich selbst eingenommene Figur voller Selbstmitleid.

Trackliste

  1. 1. Was Weißt Du Schon
  2. 2. Breaking Your Heart
  3. 3. Wenn Das So Bleibt
  4. 4. Ein Letztes Mal
  5. 5. Kurz Vor 4
  6. 6. Neunzig
  7. 7. Coco Chanel
  8. 8. Capri Sonne
  9. 9. Ohne Gnade
  10. 10. Vorstadt
  11. 11. Gefunden
  12. 12. Schimmel In Der Villa
  13. 13. Geblitzt
  14. 14. Raus Hier
  15. 15. Komet (mit Udo Lindenberg)

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