laut.de-Kritik
Die Hoffnung schleicht sich an.
Review von Luca WisnagrotzkyDas Indie-Kollektiv Broken Social Scene werkelt wie gewohnt unter dem Motto 'Gut Ding will Weile haben': Die fünfte Platte "Hug Of Thunder" ist das erste musikalische Lebenszeichen der Supergroup nach sieben Jahren. Natürlich waren einige der über 15 festen Mitglieder der Band nicht untätig, so hörten wir dieses Jahr schon neue Werke von Feist, Charles Spearin (Do Make Say Think), und auch Emily Haines (Metric) und Stars kündigen neues Material für die kommende Zeit an.
An den Stellen, wo der Vorgänger "Forgiveness Rock Record" (2010) zuweilen die räumliche Nähe der einzelnen Akteure vermissen ließ, baut das neue Album auf konsequenten Zusammenhalt und legt sämtliche Hoffnung in das große Wort 'Gemeinschaftsgefühl'. Vorbei sind die Zeiten von ewig langen, verspielten Instrumental-Parts und Ausflüge in experimentelle Ambient-Gefilde, das deutete sich schon mit der letzten Platte an. Dass das Besinnen aufs Wesentliche nicht unbedingt zum kompletten Zerfall eines Konzepts führt, beweisen Broken Social Scene mit ihrem neuesten Werk eindrücklich.
"Hug Of Thunder" bewegt sich trotz eines eher polierten ersten Gesamteindrucks in den typischen BSS-Fahrwassern - Trompeten, melodische Gitarren-Licks, und eine gewaltige Prise Optimismus, die auf wundersame Weise so gut wie immer angebracht und nie gekünstelt wirkt. In den heutigen Zeiten ist solch eine Leistung schon fast als große Kunst zu verbuchen.
Die Linie zwischen Pathos und Besinnlichkeit verschwimmt in Songs wie "Skyline" und "Victim Lover", aber bevor sich die Tracks an diesem trostlosen Ort überhaupt häuslich einrichten, manövrieren sich beide unaufgeregt wieder aus der Kitsch-Ecke heraus. Die erste Single "Halfway Home" hingegen überzeugt mit treibenden Drums und dem unerschütterlichem Glaube ans Weitermachen. Auch "Stay Happy" nimmt diesen Faden auf, lässt ihn von der neuen Kollaborateurin Ariel Engle gesanglich weiterspinnen und baut daraus schließlich ein pompöses, dröhnendes Soundgerüst. "I will be me," verkündet die Sängerin, unterstützt von wunderschönen, kleinen Akzenten der Gitarre.
Äußerst ungewohnt beginnt "Vanity Pail Kids": Nein, da hat der Metal-Kumpel nicht seine Lieblings-CD im Laufwerk vergessen, das ist tatsächlich immer noch die kanadische Indie-Band. Der Track wirkt wie ein merkwürdiger Allerlei-Eintopf, der am Ende trotzdem mundet - 80er, Metal, und ein dezentes Ohrwurm-Potential brodeln im Topf. Ganz gegensätzlich wirkt da der gleichnamige Titeltrack zum Album - zart und verhalten singt Leslie Feist dort, der Anfang erinnert ein wenig an "Swimmers" (fast wartet man, dass ein entspanntes 'Alright' den Song einleitet), sphärische Chöre unterstreichen den Refrain, und am Ende bricht noch einmal die ganze Palette einer 'Feel-Good'-Instrumentierung heraus.
Broken Social Scene setzen gekonnt auf große Gefühle und Zusammenhalt, schmähen die Eingängigkeit nicht, und wirken trotzdem nur in ganz seltenen Momenten pathetisch. "Hug Of Thunder" kommt in einem glänzenden Guss, überzeugt in Dauer-Rotation genau so gut wie beim Hören einzelner Tracks und stellt mal vorsichtige, dann wieder alles-einnehmende Hymnen an das letzte bisschen Optimismus dar. Ein mutiges Werk, das unglaublich energetisch und vital wirkt - auch in seinen ruhigen Momenten.
2 Kommentare
Hm... abgefahrene Musik ist eh meins... nur dürfte sie etwas weniger poppig sein
Keine Liebe für Broken Social Scene außer ein Müll-Kommi von Jerome? Ich bitte euch. Die beste Indierock-Platte dieses Jahr. Ich meine natürlich: Die beste Indierock-Platte dieses Jahr, bis jetzt!