laut.de-Kritik

Neue wunderliche Musik von der Indierock-Künstlerin.

Review von

Die für ihre Art-Pop-Preziosen bekannte Cate Le Bon veröffentlicht mit "Reward" ihr fünftes Album. Eine Belohnung ist das Album zunächst einmal nicht, so man sich eine Fortführung ihres melodischen und von der Kritik weithin gelobten Vorgängers "Crab Day" (2016) erhofft hat, wozu ich mich ehrlich gesagt auch zähle.

Seither hat sich aber wenigstens herumgesprochen, dass Cate nicht die Tochter von Simon Le Bon ist. Immerhin. Vielmehr verfolgt die Waliserin eine Gangart, als würde Nico "Hunky Dory"-Songs covern. Muss man also mögen. Zuletzt fungierte sie beim aktuellen Deerhunter-Album "Why Hasn't Everything Already Disappeared?" sogar als Produzentin.

"Reward" ist nun ihr erstes Album auf Mexican Summer, und fast scheint es, als sei die Experimentierfreude von Labelkollegen wie Weyes Blood oder Ariel Pink auf Le Bon übergesprungen. Die zehn neuen Songs sind ein ausnehmend düsteres, verschrobenes und in Teilen auch zähes Kaleidoskop geworden, die aber bei jedem erneuten Hören neue Muster, Stimmungen und Arrangement-Gimmicks evozieren. Ein wunderliches Singer-/Songwriter-Album, selbst im Kontrast zu ihren früheren Werken.

Im abgehackten Opener "Miami" umspielen ein Saxofon und Le Bons klagende Stimme eine monoton repetitive Synthie-Melodieführung. Schmerz, Bedrückung. Die Gefühle sind echt: Le Bon verzog sich ein ganzes Jahr alleine in ein Landhaus im Lake District, wo sie nach einem jahrelangen Album-Tour-Zyklus die Einsamkeit und die Kraft des Urtümlichen suchte. Letzteres fand sie in Form eines Schreinerkurses, wo sie lernte, Möbelstücke anzufertigen. Eine Erfahrung, die ihr die gewünschte Erdung einbrachte, wie sie betont: "Du lernst geduldig zu werden. Du kannst schon alleine zwei Wochen damit verbringen, eine Spannvorrichtung zu bauen."

Zwar hatte Le Bon auch Gitarren im Haus, die neuen Songideen verwirklichte sie dann aber auf einem alten Klavier, das die Melancholie des Alleinseins wohl besser artikulierte. Ohne die von ihr gewohnten hypernervösen Gitarrenlines ("Mother's Mother's Magazines" mal ausgenommen) entwickelt Cate Le Bons Kammerpop eine fast schon autistische Sogwirkung, obwohl sie erneut auf die Mitarbeit der Kollegen Stella Mozgawa (Warpaint) und Josh Klinghoffer (Red Hot Chili Peppers) zurück griff. Das synthetisch angereicherte "Home To You" und die Single "Daylight Matters" verfolgen am ehesten die verschlungenen Pop-Pfade von einst.

Musik, die besser ohne Gesellschaft funktioniert, zum abrupten Runterkommen nach dem Club oder zum grüblerisch an die Decke stieren. Für Momente also, die absolut essentiell im Leben sind. Virtuos wie Joni Mitchell, experimentell wie Beefheart: Cate Le Bon zählt spätestens mit diesem Album zu den spannendsten Künstlerinnen im weiten Indie-Rock-Feld.

Trackliste

  1. 1. Miami
  2. 2. Daylight Matters
  3. 3. Home To You
  4. 4. Mother's Mother's Magazines
  5. 5. Here It Comes Again
  6. 6. Sad Nudes
  7. 7. The Light
  8. 8. Magnificent Gestures
  9. 9. You Don't Love Me
  10. 10. Meet The Man

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