laut.de-Kritik
Alles neu, trotzdem der Alte geblieben.
Review von Laura Sprenger"Wenn es ein paar Erdbeben in meinem Leben gibt, dann bin ich wie ein Seismograf. Ich schreibe die Beben und Schwingungen auf", so Clueso im Gespräch mit der Thüringer Allgemeinen. Davon gab es in den vergangenen zwei Jahren eine Menge: Der Erfurter, Wegbereiter für zahlreiche deutschsprachige Musiker nach ihm und für seine lässigen und lebensklugen Songs mit Musikpreisen schier überhäuft, wagt nach über einer Million verkauften Tonträgern einen "Neuanfang".
Etwa ein Jahr nach Erscheinen des Nummer-eins-Albums "Stadtrandlichter" gab Clueso im Herbst 2015 die Trennung von seiner Band bekannt. Darüber hinaus löst er sich aus der von ihm mitbegründeten Büro- und Kreativgemeinschaft Zughafen, lässt das bisherige Management inklusive Plattenfirma hinter sich und bezieht seine eigenen vier Wände. Anlässlich dieser Veränderungen hätte man durchaus ein akustisches Album erwarten können.
Stattdessen begibt sich Clueso mit Musiker und Produzent Tobias Kuhn in dessen Berliner Studio und arbeitet intensiv an neuem Material. Für gewöhnlich eher perfektionistisch veranlagt, darf er jeden Song nur zweimal einsingen, der Vorliebe für komplizierte Akkorde und Musikabfolgen schiebt Kuhn einen Riegel vor. Dass "Neuanfang" puristischer und über weite Strecken weniger verspielt anmutet als die sechs Vorgänger, zeigt sich auch anhand des Inhalts.
So klingt die zuerst ausgekoppelte, gleichnamige Single zwar gewohnt optimistisch und radiotauglich, vertont aber zugleich eine erwachsene Haltung ("Zieh' klare Linien zwischen Bauch und Verstand"), die man von Clueso nicht unbedingt gewohnt ist. Ganz anders "Achterbahn": Entgegen des Erwartungsdrucks, mit dem man sich ab einem bestimmten Alter wohl oder übel herumschlagen muss, genießt der Thüringer die Ungewissheit, der man als Künstler in einer schnelllebigen Zeit vermutlich ohnehin ausgesetzt ist, in vollen Zügen.
Nicht nur im Refrain ("[...] und ich fühl' mich gut, denn es fühlt sich so gut an") fällt die Einfachheit der Texte zuweilen negativ auf. Hier und da schleicht sich ein Zweckreim ein. "Erinnerungen", vielleicht der schwächste Song, weil kein bisschen einprägsam, klingt stellenweise plakativ und unzusammenhängend. Kurz gesagt: nicht nach Clueso, der mit kleinen Beobachtungen beeindruckende Bilder malen kann, Schema F zugunsten seines künstlerischen Anspruchs gerne über den Haufen wirft und sich bei aller Eingängigkeit stets eine gewisse Ungeschliffenheit bewahrt.
So nimmt etwa "Neue Luft" ordentlich Tempo raus und weckt dabei so behutsam wie eindringlich sowohl Fernweh als auch eine gewisse Beklemmung: "Ich hol' mir neue Luft, immer wenn ich auftauch' / Doch egal, wie viel ich aufsaug', irgendwann wird auch die neue Luft knapp." Ähnlich melancholisch geraten "Jeder Lebt Für Sich Allein", das sich musikalisch bis zu einem opulenten Finale steigert, und "Wenn Du Liebst" mit der australischen Singer/Songwriterin Kat Frankie.
Zwar braucht es einige Durchläufe, doch dann gefällt besonders Cluesos einleitender, nüchtern vorgetragener Part: "Wir stürzen uns gerne ins Bodenlose und Leere, nichts, was uns hält / Und nehmen keine Rücksicht, finden nur schön, was kaputt is' und keinem gefällt / Jeden Rausch stecken wir an, nur wenn es brennt, sind wir zusamm' und fühl'n uns nah." Die große Politik habe in seiner Musik nichts verloren, so der Sänger. Vor großen Gefühlen scheut er sich jedoch keineswegs.
Dass das auch nach hinten losgehen kann, zeigt "Gordo": Clueso erzählt die Geschichte des Äffchens, das die Vereinigten Staaten in den 50er Jahren ins Weltall schickten, reichlich schleppend und auf kindliche Art und Weise, so dass das eigentliche Thema Fremdbestimmung etwas in den Hintergrund rückt. Auch lastet eine ungewohnte Schwere auf den Zeilen, die sich, passend zur Jahreszeit, durch das ganze Album zieht. So gerät nur "Anderssein" mit englischsprachigem Refrain von Sara Hartmann wirklich tanzbar.
"Es ist selten, dass ein Album bei mir so einen Überbau [...] hat. Es wirkt schon fast wie ein Konzeptalbum. Meine Message ist, ein bisschen in sich hineinzuhorchen und eine Autonomie zu entwickeln", liefert Clueso der Münchner Zeitung eine mögliche Erklärung. Wer erst seit "Stadtrandlichter" zum Fan avancierte, wird sich womöglich enttäuscht abwenden.
Doch obwohl der Funke nicht immer überspringen will, wächst die Platte mit jedem Durchlauf und präsentiert einen gereiften Musiker, der trotz aller Veränderungen irgendwie immer noch der Alte ist. "Ich bin nicht rundgeschliffen, glänzend wie Diamanten / Der Beweis, dass man funkeln kann, trotz Ecken und Kanten." Ein realistischer Optimist, der Nachdenklichkeit mit Schwerelosigkeit verbindet und dabei immer eins bleibt: er selbst.
3 Kommentare mit 26 Antworten
Musik für Sodhahn.
Hast du den nicht selber mal hart gefeiert?
Ach, ich finde Clueso okay, deutscher Radiopop der besseren Sorte. Das erste Album hab ich auch noch.
Definitiv Mucke für den schwuttigen Sodboi.
Django: "hart gefeiert" wäre etwas übertrieben, aber von den älteren Sachen finde ich schon so manchen Track gut. Guter Junge insgesamt, auch wenn er über die Jahre immer poppiger geworden ist.
Mit dem Eingangspost bin ich einfach den üblichen Verdächtigen zuvorgekommen.
@Django: natürlich hat er das, aber ähnlich wie bei seinen anderen alten idolen kann er sich neuerdings an nix mehr erinnern.
HAHA!
Ich dachte, jeder mag ihn... aber anscheinend findet ihn jeder genauso behindert wie ich
Musik für manback den räudigen Ossi.
Du bist eigentlich der geborene Pegidist. Schon yrgnwie ironisch.
schwacher Versuch Torques yngwie zu kopieren ohne es zu blicken
Oh mein Gott, hab ich tatsächlich Torque, den alten Nazi falsch zitiert. Sagt mir Bescheid, wenn das dumme Schwein den Literaturnobelpreis bekommen hat, dann blas ich dem Hurenbock einen.
Schön, dass du wieder am Start bist. Zu deiner Ehre habe ich sogar meinen Avatar geändert. Stinkst eigtl du auch nach Mottenkugeln, oder nur deine Alte?
Alter, du hast echt ein Problem. Lass dir helfen, Internet-Sucht ist mittlerweile anerkannt.
lass dich nicht unterkriegen harald, deine alten kameraden stehen dir bei:
https://www.youtube.com/watch?v=lbb2zdpubHg
Harald Hurensohn, nimm doch mal Stellung zum Thema Mottenkugeln. Und sag mal Name von Mettchen, denn vllt hab ich die ja in meiner Zeit in Südasien mal beglückt, dann weißt du wenigstens an welchen anderen Kerl sie denkt während du mit deinem Nahkampfstachel am Werk bist.
Nix für ungut, aber für eine längere Konversation fehlt mir die Zeit. Es wird bei ein paar drive-by-postings bleiben. Du weiß Frau, Kind, Job und so..
Ach nein, weißt du nicht.
Du scheinst nebenher noch genug Zeit zu haben um jeden meiner Posts innerhalb von 5 Minuten zu beantworten.
Das ist ganz einfach: wann immer Manni im Büro von den Kollegen gemobbt wird, loggt er sich hier ein und lässt Dampf ab.
manback hat bekanntlich homeoffice, mit kollegen ist also nix
Bin mittlerweile im Vertrieb tätig, dass bringt gewisse Freiheiten mit sich. Aber was wisst ihr ewigen Studenten schon...
und jetzt auch noch den ss-stil biten. obacht, harald!
Naja, mit der deutschen Sprache hat er es als Ossi ja sowieso nicht.
Ob sein Englisch besser ist, wage ich zu bezweifeln. Ich mein, es gibt ja auch Englischlehrer, die die Sprache nicht sonderlich gut beherrschen.
Was wäre diese Seite ohne die Kleingeister, die sich an Belanglosigkeiten aufgeilen?
Craze, du bist ja doch nicht mehr hängengeblieben als... ich
Grosser Bewunderer von Bob Dylan! Ich bin sehr stolz und werde Patriot,als Er Friedensnobelpreis gewonnen hat !!!
Bitte sag, dass das ein echter Tweet o.ä. von Clueso war!
Wegen solcher Perlen erwäge ich alle Jahre mal ne Hinwendung zu sozialen Medien, auch wenn in meiner Vorstellung die durchnittliche Tweet-Quote über alle Beteiligten hinweg für "dumm, aber witzig" zu "einfach nur dumm" etwa 1:1000000 beträgt.
Dem Duktus nach und weils vom Affe kommt, würde ich eher auf @TheBorisBecker tippen... aber das hätte ich dann eigentlich mitbekommen.
Google hilft: https://twitter.com/theborisbecker/status/…
Den kannte ich noch gar nicht
Fast schon schade, hätte ich durchaus ja jemandem gegönnt, den man sonst gern aufgrund der Verwendung seiner Worte hofiert.
Zum Bumm-Bumm der letzten 20 Jahre passt er leider nur zu gut. Den kennt die versammelte U30-Fraktion immerhin überwiegend nur als grundlos prominente Witzfigur.