laut.de-Kritik
Ein um sich ballernder Pullunderträger hat Deutschrap noch gefehlt.
Review von Dani FrommWer "einfach mal nichts für die Unterschicht" macht, "nicht einen einzigen Drecksvergleich oder peinliche Hashtag-Lines" bringt, der rauscht ja wohl meilenweit am Zeitgeist vorbei und braucht sich folglich nicht zu wundern, wenn ihn niemand ernst nimmt.
Einen echten Scheißnamen hat sich DCVDNS außerdem ausgesucht. Damit behält Stefan Raab, wie ihn das "Intro Vom Intro" zitiert, Recht. Den echten Scheißlook gibts gratis obendrauf. Die ganze Gestalt steht wie ein einziges Leck-mich-doch-Statement in der deutschen Rap-Szene: Die Ach-so-Harten, Ach-so-Lustigen, Ach-so-Ernsthaften und Ach-so-Traditionsbewussten gehen DCVDNS offenbar allesamt am schafsbepelzten Wolfsarsch vorbei. Klartext: "Ich hasse das Rap-Geschäft."
Wer wirklich und wahrhaftig eigenständig agiert, hat es gar nicht nötig, diesen Umstand am laufenden Band zu betonen. DCVDNS macht sein Ding, ohne extra darauf herumzureiten. Zwischen allen Stühlen mag es sich unbequem sitzen, man hat dort aber immerhin ausreichend Platz und läuft nicht Gefahr, sich zwischen irgendwelchen Fan-, Kunden- oder Businessinteressen aufzureiben.
Am Versuch, DCVDNS in eine der gängigen Schubladen einzusortieren, dürfte man sich gediegen mindestens die Schneidezähne ausbeißen. Straße? Gangsta? Storyteller? Backpacker? Student? Comedy? DCVDNS bedient alle Schablonen ein bisschen, keine so richtig, zeigt aber auch keinerlei Interesse daran, sich festzulegen. "Ich brauch' dir meine Kunst nicht zu erklären", raunzt er statt dessen bei der Führung durch sein "Atelier". "Wir sind noch ganz am Anfang, du weißt gar nicht, wo es hingeht."
"Mal weiß ich, was ich tu', manchmal zieh' ich eine Linie blind." Wer die ziellose Sprunghaftigkeit von "D.W.I.S." aushält oder gar gerade goutiert, bekommt allerlei geboten - in erster Linie aber eine unzweifelhaft mit Rap-Skills gesegnete Type.
DCVDNS und Tamas brauchen keine dreieinhalb Minuten, um den Text zu "German Choppers" rauszuschnattern: Im Schnellfeuermodus genügen dafür auch gut eineinhalb. Drei Minuten kommen einem an anderer Stelle kurzweilig wie gerade einmal eine vor, wenn DCVDNS zusammen mit Morlockk Dilemma verkündet: "Wir Reiten Ein". Dass man bei mehr als einer Gelegenheit nicht so recht weiß, wo zum Teufel der Ritt denn nun hinführen soll, ändert daran wenig. "Du willst Rap mit Message, weil du keine eigene Meinung hast." So kann man es auch betrachten.
"Kein Gee" will DCVDNS sein. Wer zum Teufel unterstellt ihm denn sowas? "Ich Sage Nicht Ich Liebe Dich": Da die besungene Braut auf Max Herre steht, kommt mir das wie eine sehr kluge Entscheidung vor. "Wisst Ihr Noch?" schwelgt in Erinnerungen an frühe Writer-Tage und damit einher gehende Unannehmlichkeiten, "Vapo" befeuert dampfende Kiffer-Träume. Klar, dass ruckzuck die Paranoia regiert, sobald Basstard für einen Gastpart um die Ecke schaut.
Zusammen mit Celo & Abdi liefert DCVDNS rund um den "Frankfurter Zoo" eine episch erzählte Räuberpistole ab. Für den wuchtigen Bass und die Claps sorgt hier ausnahmsweise KD Supier. In "D.C.V.D.N.A." schiebt Genetikks Sikk die Regler. Der Rest der Beats geht auf das Konto der (oder des?) Dub Gang. Einer oder viele? Keine Ahnung, ehrlich gesagt, never heard of that clown - was man möglicherweise ändern sollte.
Zwar fehlt den Produktionen hier und da etwas Volumen, eine griffige Textur. An musikalischen Ideen herrscht jedoch kein Mangel. So vereinen sich Bass und blecherner Drumsound in "Wisst Ihr Noch?" zu einer stimmigen Westcoast-Kulisse. "Kein Gee" durchzieht ein guter Groove, nur übertroffen von dem eines anderen Instrumentals: "Eigentlich Wollte Nate Dogg Die Hook Singen", das erscheint plötzlich gar nicht mehr ganz abwegig. ("Aber das war, bevor er von uns ging." Er ruhe in Frieden.)
Ein wenig orientierungslos wirkt der Wolf im Schafspelz am Ende trotzdem. Die Frage nach dem "Warum" steht weiterhin ungelöst mitten auf der Weide. Irgendwie glaubt man DCVDNS sofort, wenn er den ganzen Rattenschwanz kommentiert, der dranhängt, kaum dass Hip Hop den Hobbykeller verlässt: "Eigentlich hab' ich auf das alles keine Lust, Fans, Fame und von allen Seiten Druck. Eigentlich macht mir das alles keinen Bock."
Schade. Ein wild um sich ballernder Pullunderträger hat im Deutschrap-Sandkasten bisher gefehlt. So lange DCVDNS allerdings keine Alternative einfällt, wird er dem Zirkus wohl noch ein bisschen erhalten bleiben: "Immer noch besser als jeder andere Scheißjob."
9 Kommentare mit 2 Antworten
Ich glaube, dass der Inhalt dieser Platte zu ernst genommen wird.
der ganze typ wird leider von vielen zu ernst genommen... soll ja leute geben die ihn wirklich für voll nehmen und ihn deswegen haten... aber das sind natürlich alles keine realschüler oder gymnasiasten
bitte nicht..den finde ich furchtbar langweillig
Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.
Finde es etwas schade, dass nicht auf die Bonustrakcs (speziell Dichter und Denker) eingegangen und wie wenig sich der Autor über die Produktionen informiert hat.
Mit ein wenig Recherche hätte man erfahren,dass es sich bei Dub Gang um Wolfgang H handelt, der ja auch auf einigen Tracks mit DCVDNS rappt.
tolles album
Finde seine Interviews und öffentlichen Auftritte immer richtig unterhaltsam, aber die Musik, naja, haut mich nicht um.