laut.de-Kritik
Geile Hooks, Headbanger-Momente und Songwriting-Finesse.
Review von Gil BielerKann das sein? Keine Review zu High On Fire, der Sludge-Metaller um Matt Pike? Ein Unzustand, der schleunigst korrigiert gehört. Zumal "Cometh The Storm, das neunte Album des Powertrios aus den Staaten, in bester Güteklasse aus den Boxen rumpelt.
High On Fire sind keine Band, die sich mal eben alle paar Jahre neu erfindet. Eher gleichen sie in ihrer Beständigkeit den legendären Motörhead, die Sänger/Gitarrist Pike so verehrt. Auch seine Truppe verändert ihren räudigen, schnörkellos rockenden Sound nur so weit wie unbedingt nötig. Die Gitarre muss röhren, der Bass dröhnen, das Schlagzeug lärmen, sonst wird das nix dem Feuerrausch.
Dass "Cometh The Storm" kein lauwarmer Aufguss geworden ist, hat Gründe. Zum einen schmuggelt Bassist Jeff Matz tatsächlich eine neue Klangfarbe in die alte Stoner- und Sludge-Landschaft ein. "Karanlık Yol", geschickt in der Albummitte platziert, bringt mit der von ihm gezupften Bağlama, Dilruba (ruhig mal googlen) und verspielten Percussions kurz türkische Folklore ins Spiel. Ein gelungenes Novum.
Zum anderen saß im Studio erstmals Coady Willis (Ex-Melvins) hinter den Kesseln, der aber schon seit 2021 zum Line-up gehört und daher den Schweiß- und THC-geschwängerten Sound natürlich zur Genüge verinnerlicht hat. Trotzdem: Frisches Blut bringt auch immer auch neue Impulse. Und obschon sich Willis zumeist im trägen Scheppermodus austobt, gibt er auf schnelleren Tracks wie dem passend betitelten "The Beating" auch mal thrashiges Tempo vor.
Das High On Fire klingen auch 2024 nach High On Fire. Die Songs stehen massiv und unbeugsam wie Monolithen aufgereiht da, bereit, allen Wettern und Trends zu trotzen. Pike dirigiert mit heiseren Vocals und drückenden Riffs wie immer das Geschehen, und in den allermeisten Fällen sind ihm die Gitarrengötter gewogen. Das ist matchentscheidend, schließlich ist eine HoF-Platte immer nur so gut wie ihr Riff-Fundament.
Schon der Opener "Lambsbread" zwingt förmlich zum Mitnicken, und über die gesamte Spielzeit finden sich genügend zündende Gitarrenideen, die diesen Drang aufrechterhalten. Lichte Momente gibt es auch hie und da. Ein erster findet sich schon im erwähnten Opener, wo der Lärmpegel abrupt abfällt und kurzzeitig orientalisch anmutende, ruhige Klänge freigibt. Man wähnt sich in einer trügerischen Twilight-Zone wie im Auge eines Hurrikans, und tatsächlich fahren schon bald wieder die Verstärker und Drums mit voller Wucht rein, und Matt Pike legt auch noch ein ausuferndes Solo obendrauf, um jegliche Stille zu verjagen.
Der Titeltrack "Cometh The Storm" glänzt ebenfalls mit einem Auge fürs Atmosphärische. Zu Beginn kündet Coady Willis mit nervösem Trommeln von dem aufziehenden Unwetter, das sogleich in Form eines wuchtigen Refrains über die Hörerschaft einbricht. Die Nummer verharrt im bleiernen Midtempo und entwickelt dadurch erst recht die bewährt hypnotisierende Wirkung, für die man die Kalifornier so schätzen muss.
Okay, manchmal exerziert die Band ein mäßiges Gitarrenriff etwas zu lange durch ("Sol's Golden Curse"), oder es mangelt an der nötigen Durchschlagskraft (der zehnminütige Schlusstrack "Darker Fleece" dürfte kompakter sein), aber darüber lässt sich im Zweifelsfall großzügig hinwegskippen. Alles in allem agieren Pike und seine Mitstreiter in Hochform.
Ob das alles planierende "Burning Down", das rasante "Lightning Beard" oder das mit berührenden Gesangsmelodien aufwartende "Hunting Shadows": Album Nummer neun bietet fast durch die Bank geile Hooks, Headbanger-Momente und genügend Songwriting-Finesse. Wer auch nur im Entferntesten etwas mit dem Schaffen der Band, mit Sludge oder auch einfach massiven Gitarrenriffs anfangen kann, darf sich mit Freuden in diesen Sturm schmeißen.
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