laut.de-Kritik

Zieht der kleine Mann mit dem übergroßen Ego den Karren noch mal aus dem Dreck?

Review von

Mit der letzten Studioscheibe "Circle Of Snakes" hat Glenn Danzig mit Sicherheit kein Meisterwerk abgeliefert. Seit Mitte der 90er dies ist dem ehemaligen Misfits-Frontmann eh nur noch bedingt gelungen - von den Totalausfällen wie "Blackacidevil" will man ja gar nicht mehr reden. Nun soll also eine Doppel-CD mit bisher unveröffentlichten Tracks den angekratzten Ruf wieder herstellen, und siehe da, die Rechnung könnte sogar aufgehen.

Ein gut gemachtes Comic-Artwork, das den Meister natürlich ungefähr dreimal so muskulös und viermal so evil darstellt, wie er tatsächlich ist, und eine auch sonst aufwändige Verpackung legen schon einmal einen guten Grundstein. In den - der Promo leider nicht beiliegenden Linernotes - erklärt Glenn sogar, warum es die einzelnen Songs ihrerzeit nicht auf die entsprechende Veröffentlichung geschafft haben. Manchmal kann man es ahnen, oftmals fragt man sich aber wirklich, warum an der Nummer nicht noch ein wenig gefeilt wurde, bis sie veröffentlichungsreif und zu einem echten Highlight wurde.

Der Opener "Pain Is Like An Animal" ist zum Beispiel ein kräftiger Blues Rock-Song, der eigentlich in jedes Liveprogramm gehört. "When Death Had No Name" klingt im Anschluss wie ein Überbleibsel von Black Sabbath. Wenig später folgt noch eine weitere, sattere Alternativ-Version des Songs, die ein paar Halbtöne tiefer gestimmt ist und deutlich eigenständiger klingt.

Die Produktion von "Angel Of The 7th Dawn" ist nicht sonderlich gelungen, da der Gesang zu sehr im Vordergrund steht. Ansonsten ist der blueslastige Track schwer in Ordnung, was auch auf "You Should Be Dying" zutrifft. Stilistisch mit "Dirty Black Summer" zu vergleichen, ist die Produktion ebenfalls unterirdisch.

Ebenfalls sehr interessant und ungewöhnlich klingt "Cold Cold Rain", dem die Orgel etwas sehr Festliches verleiht. Man fühlt sich an eine "Whiter Shade Of Pale"-Version von Elvis erinnert. Um dem T.Rex Cover "Buick McKane" was abzugewinnen, muss man wohl Hippie sein, denn selbst in der Version klingt das nach Love'n'Peace.

Die einleitenden Klänge von "Satans Crucification" erinnern anschließend fast schon an Candlemass. Letztendlich wird daraus aber ein wirklich guten Stoner Rock-Song.

Nicht so recht zünden wollen hingegen Sachen wie "The Mandrake's Cry" oder "White Devil Rise". Ersteres ist eine gute Nummer, klingt aber irgendwie noch ein wenig unausgegoren und bei Letzterem springt der Funke nicht so recht über. Das Riff ist einfach zu monoton und billig, und auch gesanglich ist das keine Großleistung.
Das ursprünglich für Johnny Cash geschriebene "Come To Silver (Acoustic)" überzeugt in der Version leider auch nicht wirklich, klingt der Track doch als hätte man die Gitarre auf dem Klo aufgenommen.

"Deep" kannste erst mal voll in der Pfeife rauchen. Nur ein Drumloop und Glenns spärlicher Gesang, ehe eine Gitarre einsetzt und das Ganze zumindest erträglich macht. Das die erste CD abschließende "Warlok" fällt musikalisch ein wenig (positiv) aus dem Rahmen.

Mit dem für die Danzig typischen "Lick The Blood Off My Hands" und der saugeilen Ballade "Crawl Across Your Killing Floor" stehen direkt mal zwei Highlights am Anfang der zweiten CD. Vor allem in Sachen Gitarrenarbeit macht die Ballade echt was her. Während das folgende "I Know Your Lie" eher entbehrlich ist und Glenns Gejaule ganz schön an den Nerven zerrt, rockt die The Germs Coverversion "Caught In My Eye" ganz ordentlich ab. Dabei versprüht sie auch einen ganz eigenen, angenehmen Charme. Das David Bowie-Cover "Cat People" braucht eine Weile, bis es in Fahrt kommt, ist dann aber ganz ok.

"Bound By Blood" und "Who Claims The Soulless" sind ordentliche Songs, mit denen man sich als Danzig-Fan bestimmt schnell anfreunden kann. Ein wenig besser ausgearbeitet, hätten die sich auch auf einem regulären Release gut gemacht. "Malefical" ist zwar ebenfalls nicht schlecht, kommt aber nicht in die Gänge.

Dafür hat einen "Solar Eater" mal so richtig vom Hocker. Das ist eine wirklich fette, geile Hardrock-Nummer, wie man sie von dem Muskelzwerg gar nicht kennt. Das Teil würde auch von AC/DC nicht mehr rocken. Danach plätschert "Dying Seraph" leider ein wenig zu sehr vor sich hin und findet auch später nicht den richtigen Zug.

Mit "Lady Lucifera" folgt noch einmal eine Stoner Rock-Nummer, die in die selbe Ecke wie "Satans Crucification" geht. Während man das finale "Unspeakable (Shango Mix)" am besten ganz schnell wieder vergessen sollte, handelt es sich bei "Under Belly Of The Beast" noch mal um einen echten Knaller. Der Song hat tatsächlich leichte Tool-Anleihen und zählt auch gesanglich mit zu den größten Überraschungen dieser Veröffentlichung. Man sollte echt nicht glauben, wie variabel der kleine Mann mit dem übergroßen Ego manchmal sein kein.

Ich bin tatsächlich dazu bereit, Danzig noch nicht ganz aufzugeben und hege eine gewisse Hoffnung, dass er zusammen mit Tommy Victor den Karren vielleicht noch mal aus dem Dreck zieht. Vielleicht haben sie sich ja beim Zusammenstellen der "Lost Tracks" die alten Alben noch mal angehört und sich daran erinnert, wie man gute Blues'n'Goth-Nummern schreibt.

Trackliste

CD I

  1. 1. Pain Is Like An Animal
  2. 2. When Death Had No Name
  3. 3. Angel Of The 7th Dawn
  4. 4. You Should Be Dying
  5. 5. Cold, Cold Rain
  6. 6. Buick McKane
  7. 7. When Death Had No Name
  8. 8. Satans Crucifiction
  9. 9. The Mandrake's Cry
  10. 10. White Devil Rise
  11. 11. Come To Silver (Acoustic)
  12. 12. Deep
  13. 13. Warlok

CD II

  1. 1. Lick The Blood Off My Hands
  2. 2. Crawl Across Your Killing Floor
  3. 3. I Know Your Lie
  4. 4. Caught In My Eye
  5. 5. Cat People
  6. 6. Bound By Blood
  7. 7. Who Claims The Soulless
  8. 8. Malefical
  9. 9. Soul Eater
  10. 10. Dying Seraph
  11. 11. Lady Lucifera
  12. 12. Under Belly Of The Beast
  13. 13. Unspeakable (Shango Mix)

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