laut.de-Kritik

Speed, schneller, schneller, give me something to die for!

Review von

"No one gives a fuck about the values that I'd die for ... Give me something to die for"

Das verdammt noch mal Erstaunlichste (und ich meine erstaunlich und nicht das Beste) an dieser Platte: Ich verstehe fast jedes Wort, das Herr Barât hier singt. Das fällt mir bei den meisten Bands eher schwer, und wenn Carl spricht, ist es so gut wie unmöglich, auch nur einen Satz komplett mitzubekommen. Das Allerbeste an der Platte ist allerdings - so plump es klingen mag - dass hier der Spirit der frühen Libertines lebt. Und wie vital und getrieben: Etwas kantenloser produziert zwar, doch mit dem gleichen Charme. Carl ist eben der Mann fürs musikalisch gröbere, Pete der nachdenkliche Poet.

Doch Carl macht mit seinen Lyrics eine extrem gute Figur. Zugegebenermaßen war ich etwas erstaunt über diese Tatsache. Auch wenn man bei jedem zweiten Text meint, er handle von messy Pete. Carl Barât hat definitiv etwas zu sagen, Geschichten zu erzählen. Ein wunderschönes Bespiel dafür ist das etwas zurückhaltendere "Last Of The Small Time Playboys". Carl wankt von Albion and Arcadia hin zu persönlicheren Themen, ohne die Idee des phantastischen good old England dabei zu vernachlässigen.

Das Album beginnt mit einem kurzen, inhaltslosen Wortabtausch. Merkwürdig, dass einem diese direkte Anlehnung an die Libertines nicht sofort sauer aufstößt. Der erste Song dagegen ist ein verdammter Pogo-Knaller. Viel zu schnell, um zu begreifen, dass es das schon gewesen sein soll. Speed, schneller, schneller, die Worte sind kaum mehr mitzusingen, der Schweiß trieft. Ich möchte meine komplette Energie aus mir raustanzen.

"Doctors And Dealers" täuscht Erholung an, doch die Drums treiben. Der Song rollt wie zu besten "Up The Bracket"-Zeiten. Er macht dem Wörtchen Rock'n'Roll alle Ehre, das mit dem Groove haben das letzte Mal wohl Mando Diao auf ihrem Zweitwerk so gut hinbekommen. Nur dass es bei den Dirty Pretty Things weit mehr spritzt. Mein Kopf, mein Bein, mein gesamter Körper will im Takt schütteln.

Und dann kommt "Gin & Milk": Aufgeheizt, nervös, getrieben, fahrig in der Melodie und tight in der Rhytmus-Section arbeitet sich die Strophe in den smooth rollenden Refrain vor. "I put Gin in my milk to kill all the germs." So und nicht anders soll Punk-Rock klingen. Tanzbar, sich überschlagend und doch groovy.

Etwas Ruhe bringen nur die wunderbar melodischen "The Enemy" und "Wondering" in das voran drängende Album ... Nur um von Knallern wie "You Fucking Love It" (böse Zungen behaupten, der Song sei nur geschrieben worden, um die Schlagzeile später auf T-Shirts drucken zu können) oder "Deadwood" wieder den "What A Waster"-Stempel aufgedrückt zu bekommen.

War Pete Dohertys Babyshambles-Debüt ein zerfahrenes Meisterwerk der gedämpften Poesie, so tritt Barât mit den Dirty Pretty Things den entgegengesetzten Weg an: Laut schreit "Waterloo To Anywhere" heraus, dass auch er noch seine Berechtigung in der Popwelt hat. Er zeigt sie nach vorne preschend, offensiv, sich in Geschwindigkeit und Energie überschlagend und deutlich an die Power-Chords der Libs angelehnt.

Give them something to die for.

Trackliste

  1. 1. Deadwood
  2. 2. Doctors And Dealers
  3. 3. Bang Bang You're Dead
  4. 4. Blood Thirsty Bastards
  5. 5. The Gentry Cove
  6. 6. Gin & Milk
  7. 7. The Enemy
  8. 8. If You Love A Woman
  9. 9. You Fucking Love It
  10. 10. Wondering
  11. 11. Last Of The Small Town Playboys

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