laut.de-Kritik

Biografischer Soundtrack von der Stimme der Cranberries.

Review von

"Zombie" - man muss das Wort nur erwähnen, und schon hat man diese wütende und eindringliche Stimme von Dolores O'Riordan im Ohr. Es war der Song, der die Cranberries auf einen Schlag berühmt machte. Die 90er waren die Zeit der Iren, die Stimme der Sängerin Markenzeichen der Band. Nach insgesamt fünf Alben kam 2003 das Aus. Vier Jahre später liegt uns nun das erste Soloalbum der ehemaligen Frontfrau vor, und auch hier fällt einem sofort ihr markantes Organ auf.

Das Album war für O'Riordan ein Reinigungsprozess. Sie genoss die Zeit nach den Cranberries, eine Zeit ohne Druck und Verträge. Sie ließ sich vier Jahre dafür Zeit und ließ sich von ihrem privaten Leben inspirieren. So handelt zum Beispiel die erste Singleauskopplung "Ordinary Day" von der Geburt ihrer Tochter Dakota. Die Melodie geht direkt ins Ohr, schon nach einmaligem Hören kann man mitträllern. Akustische Gitarren dominieren das folgende "When You Were Young". Die beiden Lieder erlauben einen locker-leichten Einsteig in das Album. Die Hoffnung, es gehe so weiter, bestätigt sich leider nicht.

"In the Garden" und "Black Widow" haben einen leichten Metal-Einschlag, und man fragt sich, ob O'Riordan nun Amy Lee bei Evanescence den Rang ablaufen will. In seiner merwürdigen Versponnenheit stellt "Black Widow", eine Metapher für den Tod ihrer Schwiegermutter, ein kleines Highlight dar. Stakkato-artigen Metalgitarren verdeutlichen den Schmerz der Sängerin. Durch die Streicher am Ende des Liedes hört man die Spinne förmlich krabbeln, das jagt Schauer über den Rücken.

"October" hingegen erinnert an eine ganz andere Band. Würde nicht irgendwann die jaulende Stimme von O’Riordan erklingen, könnte man meinen, eine alte Scheibe von Linkin Park zu hören. Dieses markante Jaulen, das man schon aus Cranberries-Zeiten kennt, kommt auch solo immer wieder durch. Es fällt aber auf, dass die Sängerin ein bisschen an stimmlichen Qualitäten verloren zu haben scheint. Oft wirkt ihr Gesang in höheren Lagen dünn und teilweise asthmatisch.

Die Lieder selber sind meistens nett und kreativ gemeint, aber es fehlen die zündenden Ideen, die sie zu etwas Besonderem oder gar Außergewöhnlichem machen würden. "Human Spirit" etwa wirkt mit Pianoklängen und esoterisch angehauchten Panflöten wie Lückenfüller. Die Beats klingen sehr elektronisch und kamen damals bei den Cranberries wesentlich rockiger rüber.

Highlights gibt es dennoch. Neben den beiden Einsteigern besticht "Accept Things" mit einer zwar einfachen, aber sehr frischen Melodie. Die angenehme, fast säuselnde Mädchenstimme geht zusammen mit den makellosen Gitarren direkt ins Ohr. Anschließend erfreut "Angel Fire" mit sommerlichen Klänge, obwohl O'Riordan hier ab und an wieder in ihre alte Knödelei verfällt.

Der biografische Soundtrack der Irin war für sie "wie ein Erwachen - eine Reise, die ich nun vollendet habe". Vielleicht war diese Zeit der Aufarbeitung gut. So kann sie nun ihre Turbulenzen hinter sich lassen und sich daran machen, ein etwas einheitlicheres Album aufzunehmen. Denn den auf der einen Seite krampfhaft kreativen Stücken mit übersteigerter Theatralik stehen auf der anderen Seite schöne und eingängige Popsongs gegenüber. Ein bisschen mehr davon wäre schön gewesen.

Trackliste

  1. 1. Ordinary Day
  2. 2. When We Were Young
  3. 3. In The Garden
  4. 4. Human Spirit
  5. 5. Loser
  6. 6. Stay With Me
  7. 7. Apple Of My Eye
  8. 8. Black Widow
  9. 9. October
  10. 10. Accept Things
  11. 11. Angel Fire
  12. 12. Ecstasy

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Dolores O'Riordan

Dolores O'Riordan wurde als Sängerin, Songwriterin und kritisch beäugte Stimme der irischen Rockband The Cranberries bekannt. Nach deren vorläufigem …

9 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Schöne Rezemnsion des Albums, auch wenn ich die hier eher als Lüchenfüller angesprochenen Titel selber fast lieber mag als die in der Rezi hervorgehobenen. Das Album ist ebenen ziemlich vielseitig und so zünden vielleicht nicht alle Songs auf anhieb. Bis auf "October" mag ich eigentlich alle Lieder auf dem Album gerne. Nur als Hintergrundgedudel taugt die Platte nichts, da muss man schon genau hinhören und geniessen.
    BTW: Was haben denn eigentlich die Kritiker immer mit den Flöten (esoterisch? Panflöte? Nee, oder?) auf "Human Spirit"? Das ist ihr irisch/keltischer Einschlag, einer der wenigen auf der Scheibe.

  • Vor 16 Jahren

    ich habe das album leider noch nicht gehört, aber ich bin durchaus sehr gespannt!
    freue mich schon drauf.

  • Vor 16 Jahren

    Wie erfolgreich ist sie eigentlich im Moment damit in Deutschland? In America habe ich kaum mitbekommen, das sie übrhaupt ein album rausgebacht hat nd seit ich wieder hier bin hab ich eigentlich so m Radio oder so auch nix gehört! dabei war sie gerade hier in der Gegend..

  • Vor 16 Jahren

    Habe diesen Album leider erst vor ein paar Tagen durch Zufall gefunden .
    Ich muß sagen das dieses Teil ein Wahnsinn ist und ich ihn zur Zeit täglich höre !
    Stimmlich finde ich Dolores einfach genial .
    Eine Stimme die man aus vielen herauskennt!
    Was will man mehr .
    Mir Persönlich gefallen alle 12 Tracks .
    Und manche gehen teilweise gar nicht mehr aus dem Kopf .

    Nun denn ....... :D

  • Vor 16 Jahren

    @Sanitza («
    Die angesprochenen "esotherischen Panflöten" sind weder esotherisch, noch Panflöten. Es ist eine sog. "Tin Whistle", ein irisches Instrument aus dem 18./19. Jh., das insb. im traditionellen Irish Folk Einsatz findet. »):

    Das ist ein Punkt, den ich der Rezensentin auch ankreiden muss. ;)
    Nicht alles, was entfernt nach Edward Simoni klingt, ist gleich ne Panflöte.
    Ansonsten stimme ich jedoch Frau Käfer eher zu. Miss O´Riordan gefällt mir persönlich bei den Pop-Songs noch am besten. Und immer dann, wenn sie ihre markant-jaulende Stimme etwas zurücknimmt, hat sie Bonuspunkte bei mir.
    Man könnte auch sagen: Dolores, hör auf mit dem Geschrei, die Zombies sind weg....also keine Angst mehr vor den bösen Buben.
    3 Balken halte ich für gerechtfertig, ich hätte mir aber nach 4 Jahren Pause ein homogeneres Album gewünscht.
    Nichts gegen stilistische Vielfalt, aber auch die muss in ein schlüssiges Konzept passen. Und eben das ist mir hier ein wenig zu zerrissen.