laut.de-Kritik
Coverversionen zwischen Inspiration und Belanglosigkeit.
Review von Ulf KubankeDie gute Nachricht: Die Elements machen die vorweihnachtliche Überschwemmung des Marktes mit überflüssigen Best Of-Tonträgern nicht mit. Die nicht ganz so gute: Alle 20 Titel - ausschließlich Coverversionen - wurden bereits als B-Seiten oder Samplerbeiträge veröffentlicht. Für den fleißigen EOC-Sammler bedeutet das Album mithin eine komplette Nullnummer.
Doch "Alten Resten Eine Chance"! Für alle anderen bietet die Platte zumindest in Teilen interessante Facetten einer Band, die wie kaum eine andere die heimischen Feuilletons der letzten zwei Jahrzehnte geprägt hat. Die Qualität von Auswahl und Umsetzung des fremden Songmaterials fällt dabei sehr unterschiedlich aus.
Man hört einigen Liedern sehr deutlich an, dass sie in erster Linie das Produkt einer Band sind, die sich auf der Suche nach ihrer musikalischen Identität befindet. Andere zeigen die lässige Reife einer in sich selbst ruhenden, zufriedenen Truppe.
"She Brings The Rain" von Can ist eine dieser Perlen. Die fremden Krautrockfedern zupfen Regener & Co. rigoros aus. Jakob Ilja gibt den Marc Ribot und funktioniert den Track zum knackigen Tom Waits-Rain Dog um. Das steht dem Quartett gut zu Gesicht.
Auch Lindenbergs "Leider Nur Ein Vakuum" funktioniert als desillusioniert verrauchter Eckkneipensong samt gestopfter Trompete unerwartet gut. Bei der Zeile "Er geht in die Mad Man Disko. Da soll die große Action sein" flicht Richard Pappik für wenige Sekunden einen knuffig lakonischen Technobeat ein. Für solch charmante Details liebt man Element Of Crime zu Recht seit 25 Jahren. Da geht einem regelrecht das Herz auf.
Auch die beiden französischen Songs gelingen hervorragend. "Le Vent Nous Portera" gewinnt durch Regeners abgerockten Vortrag und sein holperig deutsches Französisch. Auch das zwischen Noise und Morricone-Trompete pendelnde "Akkordeon" hätte seinem Schöpfer, dem schlimmen Serge, sicherlich gefallen. Alexandras "Zwei Gitarren" wandelt sich in Regeners Händen vom Zigeunerlagerfeuer zum schmachtend nordischen Hafensong. Die beiden kongenial eingesetzten Lavagitarren tun ihr Übriges. Sehr schön.
Dass Brecht/Weill- oder Degenhardt-Songs dem Gespann stilistisch und lyrisch liegen, bedarf ohnehin keiner gesonderten Erwähnung. So weit so gut. Doch es gibt leider auch Belanglosigkeiten, die selbst beim härtesten EOC-Sympathisanten höchstens gleichgültiges Schulterzucken hervorrufen.
Wer zum Teufel braucht die tausendste Abnudelung von "My Bonnie" oder "It's All Over Now, Baby Blue"? Die teils schaurige englische Aussprache des guten Sven war leider noch nie gut genug, hier künstlerisch etwas rauszureißen. Spätestens bei Arlo Guthries "Motorcycle Song" empfindet der Hörer tiefe Dankbarkeit für den Entschluss, seit 20 Jahren nur noch auf Deutsch zu singen.
So pendelt die Zusammenstellung stetig zwischen Inspiration und Belanglosigkeit. Was für Element Of Crime biografisch Sinn machte, funktioniert als homogenes Album nicht, höchstens als Pausenfüller. Also bitte ans Werk und neue, frische Lieder schreiben, bei denen man nicht aufs Haltbarkeitsdatum schielen muss.
5 Kommentare
Nenenene, die erste EOC Platte, die ich mir nicht kaufen werde.
Ich auch nicht. Wäre allerdings anders, wenn ich die Covers nicht kennen würde. Sind im Gegensatz zu den selbstgeschriebenen B-Seiten allerdings auch nicht gerade gut. Auf der Espressomaschine und Zwei Gitarren mag ich zwar sehr und auch andere Songs sind schön interpretiert, jedoch gibt es auch solche Schoten wie Hamburg 75, das ich original schon nie mochte und welches durch den gesanglichen Gastbeitrag von Andreas Dorau noch nerviger wird.
Pünktlich zum Release. Ich werde mir das Album auf jeden Fall kaufen. Ich find viele der gecoverten Lieder super, und hab schöne Erinnerungen dran. Dann noch von einer guten Band bearbeitet - sollte auf jeden Fall in meine Sammlung
Ach Ulf, ich vermiss dich sch schon ein wenig.
Danke jedenfalls für das Interview.
Schön war deine Bildersprache "leicht genervt" oder so ähnlich!
Hat Spaß gemacht
Bestes zu den Musikanten!
@sillyWalk
Mit le vent nous portera und Blaumeise Yvonne verpasst ihr so viel!