laut.de-Kritik
Endlich wieder etwas spüren!
Review von Sven KabelitzWenn sich Ella Endlich etwas in den Kopf setzt, dann packt sie das. 2022 gewinnt sie als Zebra verkleidet "The Masked Singer", nur während dieser stressigen Zeit auch noch mit verklärtem Blick als Maria durch die verstrahlte RTL-Show "Die Passion" zu wandern. Als wäre all dies nicht genug, folgt nun also auch noch ein Album. Sie schafft einfach everything, everything.
Das Problem: Genau so klingt "Sternschwimmer". Wie ein weiteres dazwischengeschobenes Produkt. Als hätte die "Küss Mich, Halt Mich, Lieb Mich"-Sängerin es wirklich nur aufgenommen, um zu beweisen, dass man auch das noch hinbekommt. Keiner der auf der Grenze zwischen Pop und Schlager wandelnden Songs birgt Leben. In jedem Auftritt des Zebras steckten mehr Spaß und Herzblut.
Dabei geht der Titeltrack noch als nicht die allerschlechteste Version von Deutsch-Pop durch, verfügt über einen nicht zu aufdringlichen Ohrwurmcharakter. Kurz kommt Hoffnung auf, doch wie schon Paget Brewster als Frankie Dart in "Community" lehrte: "Hoffen ist Schmollen auf Vorrat. Hoffnung ist die verwöhnte Schwesternzicke von Glauben. Hoffnung ist der auf den Dachboden verbannte Inzestmonstersprössling von Anspruch und Furcht."
Schon der darauf folgende Sommer-Palmen-Sonnenschein-Track "Granada" offenbart gruseligen Reißbrettcharakter. Ein verzweifeltes Flehen nach einem Urlaubshit, so authentisch wie das Lächeln der Animateur:innen. Hinzu kommen Texte wie aus einem noch schnell am Bahnhof für den Urlaub eingesteckten Kitschroman. "Du bist kein Tänzer mehr, du bist der Tanz", singt Endlich in der Retortenballade "Träum Dich Groß, Träum Dich Weit". Das ist so tief wie 1.000 Tränen. Was – wie meine Frau ausgerechnet hat – in etwa der Tiefe eines doppelten Schnaps entspricht.
Eine Egalität reiht sich an die Nächste. Nichts hier löst Emotionen aus. Da freut man sich bereits über den schlimmen Spoken Word-Beitrag in "Tropfen". "Es ist nur der Rausch, und der Lärm und der Müll überall / Komm, sitz' mit mir am Wasserfall." Endlich wieder etwas spüren, selbst wenn es nur Ekel ist. Wenn die Weimarerin dann in Richtung einlullenden Refrain abbiegt, breitet sich wieder kuschelige Apathie aus. "Ja, wir sind alle wie Tropfen / Wir sind der Ozean." Ich nicht.
Ella Endlich hat eine wirklich gute, warme und viele Nuancen umfassende Stimme. Um so schmerzhafter, an welchen Alltagsbrei sie diese verschenkt. In "44 Tage" versucht sie sich an so etwas wie ihrem eigenen "Blowin' In The Wind": "Wie weit muss man gehen, um sich wiedеr zu finden? / Was muss man erlebеn, um zu erkennen? / Wir haben nichts, wenn wir kommen, und nichts, wenn wir sterben / Und was dazwischen passiert, es ist das größte Geschenk."
Am ehesten geht noch das sehnsuchtsvolle, im Kontext dieses Albums regelrecht dunkle "Fahr Mich Ans Meer" durch, dessen Gitarre fast schon einen Alternative-Track vortäuscht. So lange man den Text ausblendet: "Fahr mich ans Meer / Denn dort bin ich gedankenleer." Dafür brauche ich das Meer nicht, dafür reicht mir "Sternschwimmer".
Eine gute Nachricht zum Schluss: "Pinker Mond" ist kein Nick Drake-Cover.
9 Kommentare mit 40 Antworten
Endlich!
Endlich Ella?
Ella ist endlich.
Sag doch sowas nicht :'(
Verständlich, aber brems dich! Ich selber kenns nicht.
Wie wäre es mal wieder interessante Musik zu besprechen? Ständig diese Rezensionen von Konserven/Fahrstuhlmusik muss doch nicht sein.
Ich werde hier immer weniger fündig, es nervt.
Echt mal laut.de! Das war jetzt nun wirklich nicht die EE-Rezi, die ich meinte!
Keine Ahnung was Gleep Glorp damit meint. Aber EE scheint seine Musik zu sein.
Ja, durchaus. Mir gefällt das neue Album ganz vorzüglich.
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Huch, hab den Textabschnitt jetzt erst gelesen. Das ist doch jetzt nur noch pure Provokation seitens der Redaktion:
"Sie schafft einfach everything, everything."
Anzeige ist raus.
Nenne es lieber necken. Sorry, für Everything Everything bin ich einfach der falsche Ansprechpartner. Sonst hätte ich dir da geholfen.
Mal selbst eine verfassen und uns schicken?
Das Allercoolste wäre wohl, wenn sich nur Herr Glorp von Joachims Vorschlag angesprochen fühlen würde.
Ohja, dann als Verfasser aber bitte Gleep Glorp eintragen
"Mal selbst eine verfassen und uns schicken?"
Und was krieg ich dafür bezahlt?
Nichts, denn Du warst ja nicht angesprochen.
Also ich finde - egal wer von beiden es jetzt macht - eine Selbstlöschung als Gegenleistung dafür, dass man auf laut.de eine Duftmarke abgeben darf, durchaus angemessen. Von daher, Schwingo - gönn Dir
Mhhmhh, mein Gejockel hier ist zwar eigentlich mehr davon motiviert hier einen semi-witzigen Running Gag zu etablieren als von irgendetwas anderen, aber die Hoffnung hier nach einer etwaigen Rezi auch noch ein paar Sätze zum Album loszuwerden hatte ich dann doch auch scbon.
Mehr als ein zwei Sätze wären das dann aber eigentlich auch nicht. Ein vollwertiger Artikel bedürfte dann wahrscheinlich noch Einiges mehr an mehraufwandiger Recherche und vor allem die schriftstellerische Kompetenz Klangbild und musikalische Vergleichsflächen adäquat zu benennen und zu beschreiben. Und die habe ich denke ich schlicht nicht.
Aber Schwingi hat die bestimmt.
Was den letzten Punkt betrifft, mach dir da mal keine all zu großen Sorgen. Michael Edele lassen die hier ja auch noch veröffentlichen.
Schreib also einfach irgendwas vom amtlichen Zartwurstsound und trällernden Gitarren und wieder ist nen Fuffi fairdient.
Ja, peitschende Drums, die dich ausm Bierzelt donnern und bratzend geile Riffs, die einem die Wurst vom Brot ziehen -> 5/5
Ein Absatz mit irgendwas über Arpeggios sollte noch drin sein, dann geht das auf jeden Fall ohne weitere Fragen durchs Konstanzer QM!
genuin slappend!
"Sie schafft einfach everything, everything."
Well played, Nabelschwitz. Well played.
Ganz schön frech, der Gute
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Musik, wie sie der Durchschnittsalman nicht anders verdient hat: Kitschig, ambitionslos, seelenlos, kleinkariert. Genau das Richtige für Menschen, die ihre eigene Freiheit beim Tempolimit und der Maskenpflicht in akuter Gefahr sehen, gleichzeitig aber cool damit sind, 40-50 Stunden die Woche (gerne auch am Wochenende und mit 1000+ unbezahlten Überstunden) zu buckeln und anderen das Geld in den Taschen zu wirtschaften, um sich nach der Arbeit dann von Bourani, Giesinger, Weiss und den ganzen anderen Schwachmaten aus dem Radio vorgaukeln zu lassen, wie unglaublich toll die Welt doch ist. Und falls das diesen überragenden Künstlern nicht gelingt, lässt man seinen Frust eben auf Social Media an "die Ausländer" und "die Medien" aus oder "demonstriert" am nächstbesten freien Wochenende gemeinsam mit dem restlichen Zwergenaufstand um Elfi, Hartmut, Wolfgang und Sieglinde gegen ebendiese. "Sternschwimmer" ist der ideale Soundtrack für diese unterbelichtete Gattung deutscher Pseudo-Freiheitskämpfer und -Denker.
Aiaiai, was'n Durschanandää...
Guter Text, leider wahr!
Fast. Denn bei allem Verständnis für die Abneigung gegen den beschriebenen Typ Mensch - der Durchschnittsdeutsche ist das eben nicht, sondern ein buntes Sammelsurium an negativ wahrgenommenen Eigenschaften aus der Umwelt. Eine gewisse Schnittmenge gibts bei den aufgezählten Eigenschaften bestimmt, mehr als 20 % gebe ich dieser Teilgruppe aber trotzdem nicht.
Schön wär's. Aber selbst wenn: Dann ziehste halt den selbstgerechten "Freiheitskampf" ab und hast eine gewaltige hirnlose Masse, in der man kein Problem mit dem tristen Leben hat und sich im Zweifelsfall mit dieser Wandtattoo-Jauche zudröhnt, bis man's tatsächlich glaubt. Hach, eigentlich suchte ich nur ein Ventil, um diese Scheißmusik zu verarbeiten.
ich denke aber auch viele mensche hören muzik mit qualität und tragen gern masken auch hier
"Hach, eigentlich suchte ich nur ein Ventil, um diese Scheißmusik zu verarbeiten."
Wieso hörst du dir das überhaupt an?
fondo Bruder dencke viele glaube alles gut und institittune mache gut arbeiten egal ob horen elly oder alles alles
Das Ding ist: Man muss das gar nicht gehört haben, um es gehört zuhaben. Weil deutsche Popmusik so extrem ausrechenbar ist.
Dieser letztgenannte Punkt geht eindeutig an dich, Forni.
Härter als das neue Ingested Album. o.O Diese Growls macht ihr keiner nach.