laut.de-Kritik
Als würde der Herrgott seine Engel in den Schlaf singen.
Review von Uli BrechtoldVier Jahre sind seit der letzten Veröffentlichung "Almost Home" vergangen. Viel Zeit, in der Evergreen Terrace mit Zu- und Abgängen im Line-up kämpften. Der ursprüngliche Bassist Jason Southwell steht wieder hinter dem Viersaiter, während Gründungsmitglied Josh James endgültig seinen Posten an der Gitarre quittierte, um von nun an bei den kalifornischen Durchstartern Stick To Your Guns Riffs beizusteuern. Wie sich auf "Dead Horses" herausstellt, hatte selbst die Umbesetzung von Alex Varian an die Gitarre und der neue Schlagzeuger Brad Moxey keinen positiven Einfluss auf die schöpferische Kraft.
Die fünfköpfige Band aus Florida wirkt auf ihrem sechsten Album zahm und orientierungslos, und das über die gesamte Spielzeit hinweg. Der Wechsel von Melodie und Härte steht nach wie vor im Vordergrund, jedoch rauschen die eingängigen Parts wie ein D-Zug durchs Kurzzeitgedächtnis, während sich brutale Elemente auf das Organ des Sängers reduzieren.
Allen voran kreischen die Gitarren in "Crows", während der Klargesang deutlich überhand nimmt, aber keine nennenswerte Akzente setzt. Das gleiche Schema findet sich in fast allen Songs wieder und langweilt nach wenigen Minuten. Dazu gesellen sich in "Post Satanic Ritual Baby" Hintergrundgesänge und symphonische Samples, die Biffy Clyro-Anhänger in die Knie zwingt, aber keine harten Kerle umhaut.
Obwohl die Melodien im Titelstück "Dead Horses" Wiedererkennungswert besitzen, ziehen unsagbar nervige Wohoa-Rufe den Song durch den Kakao. Damit kann man lediglich einer besoffenen Poser-Gefolgschaft imponieren. Würde man es von Evergreen Terrace nicht besser kennen, könnte man die Gitarrenarbeit verzeihen. Doch aus den Amps kommen nur 08/15-Riffs, die nicht mehr so aggressiv wie auf den vorherigen Veröffentlichungen klingen.
Den Referenzen zu popkulturellen Themen sind die spaßigen Jungs jedoch treu geblieben. So beehren sie in "Mike Myers Never Runs, But He Always Catches Up" Horrorfans, erschrecken können sie damit aber niemanden. Das Geschrei vom Frontmann Andrew Carey verpufft in Windeseile, obwohl dieser sich noch am ehesten bemüht, der Scheibe markante Elemente hinzuzufügen.
Einen großen Anteil daran trägt sicherlich die lahme Produktion der zehn Titel. Ein Platz unter den Top fünf der Silence war-Opfer dürfte ihnen sicher sein: Drucklos, leise und ohne jeglichen Biss. Das Schlagzeug rollt mit der Doublebass sanft über die Lauscher, als würde der Herrgott höchstpersönlich seine Engel in den Schlaf singen. Mit ihrem ehemaligen Label Metal Blade wäre das wohl nicht passiert. So setzen Evergreen Terrace ihren ersten Schuss bei Rise Records in den Ofen und drohen, in die Vergessenheit zu geraten.
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