laut.de-Kritik
Viele Stücke profitieren von der Verjüngungs- und Entschlackungskur.
Review von Joachim GaugerBei jeder anderen Band würden Fans und Kritiker ein derartiges Vorgehen wohl als gnadenlose Abzocke anprangern: das Londoner DJ-Kollektiv Faithless veröffentlicht zum wiederholten Mal ein Remix-Album, das fast ausschließlich schon bekannte Tracks enthält. So sind die meisten Songs des letzten regulären Faithless-Albums "Outrospective" auf der aktuellen Doppel-CD "Reperspective The Remixes" in zwei oder sogar drei verschiedenen Remix-Versionen zu finden.
Nun also "Reperspective" mit sage und schreibe zwei neuen Stücken und einer Auftragsarbeit für BBC ("God Is A Beckham - The BBC World Cup Theme"). Dabei fallen die neuen Songs "Lotus" und "Daimoku" nicht einmal sonderlich auf, da sie wie die meisten Remixe im Tempo zwischen House und Clubfunk angesiedelt und auch melodisch eher einfach gehalten sind.
Doch genau so wenig wie diese Stücke aufregend neu wirken, klingen die Remixe verbraucht oder zu oft gehört, da bei Faithless Melodien im Vergleich zu Rhythmus und Stimmung ohnehin eine eher untergeordnete Rolle spielen. Wer die Band kennt, weiß, dass sie beim Thema Rhythmus nichts anbrennen lässt: bei wem sonst wachsen die Vibes so organisch und fließend aus Live-Drums und -Bongos und housigen Samples.
Oft genug allerdings vergreifen sich die Londoner in der Stimmung ebenso wie im Tempo. "Not Enuff Love" z.B. ist in Remix eins radikal auf downtempo runter gebremst und läuft - abgesehen vom bouncenden Mittelstück - so zäh ab wie ein Schieber in Zeitlupe. Andere Stücke profitieren dafür um so mehr von einer Verjüngungs- und Entschlackungskur, die etwa aus "Muhammad Ali" allen Kitsch heraus spült. Auch die Vocals von Zoe Johnston gehen natürlich wieder runter wie die oft beschworene, aber eben nicht zu süße Sahne.
Auch wenn "Reperspective" keine großen Stars featured: die teilweise hervorragenden, meist zumindest ordentlichen Remixe bringen das hypnotische Element in Faithless' Musik noch stärker zur Geltung als die Originale, weshalb die Anschaffung der Scheibe keineswegs nur beinharten Fans zu empfehlen ist.
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