Porträt

laut.de-Biographie

Faust

Fragt man einen amerikanischen Musikliebhaber nach wichtigen deutschen Bands, so kommt der Name Kraftwerk meist wie aus der Pistole geschossen. Das ist nicht weiter erstaunlich, bekannt genug sind die Düsseldorfer Elektronikpioniere schließlich. Was einen dann aber doch ein ums andere Mal in Verwunderung versetzen kann ist, wenn Bands wie Can, Neu!, Harmonia oder eben Faust gleich danach Erwähnung finden. Allen gemeinsam ist, dass sie Ende der 60er und vor allem in den 70er Jahren aktiv waren und mit ihrer musikalischen Experimentierfreudigkeit Maßstäbe setzten, die später mit dem, vor allem für Amerikaner äußerst einprägsamen Label "Krautrock" versehen wurden.

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Gegründet wird Faust um 1968 herum in Hamburg, wo sich unter der Anleitung von Freund, Journalist und Mentor Uwe Nettelbeck eine muntere Schar bestehend aus Hans Joachim Irmler, Jean-Hervé Péron, Werner "Zappi" Diermaier, Rudolf Sosna, Gunther Wüsthoff und Arnulf Meifert zusammen findet.

Zur Probe trifft man sich in einem alten Luftschutzbunker, in dem man anfangs noch zu zwölft und mit drei Schlagzeugern herum experimentiert. Als sich der harte Kern aus sechs Leuten heraus schält, beschließt man, das hektische Stadtleben Hamburgs hinter sich zu lassen, um abgeschottet zu arbeiten.

Nettelbeck verschafft Faust schließlich einen Plattenvertrag bei Polydor.

Die Band zieht aufs Land nach Wümme in ein altes Schulhaus, um in Abgeschiedenheit in einem eigens für sie errichteten Studio am musikalischen Konzept zu arbeiten. Von gelegentlichen Besuchen des minimalistischen Komponisten Tony Conrad abgesehen, entstehen hier in den nächsten Monaten die kakophonischen Soundstrukturen, die später zum Markenzeichen von Faust werden.

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Noch im gleichen Jahr kommt das selbstbetitelte Album auf den Markt. Der Verkauf des krachigen Tonträgers gestaltet sich schwierig. Da hilft es auch wenig, dass klares Vinyl und ein transparentes Cover den Käufern auf die Sprünge helfen sollen. Dennoch folgt bereits ein Jahr später mit "Faust So Far" ein neues extravagant verpacktes Album, das der Band sogar einen Vertrag mit Virgin einbringt, und dem beginnenden Kult um die Band (im Ausland!) weitere Nahrung verschafft.

Doch die Kooperation ist nur von kurzer Dauer. Nach "The Faust Tapes", einer Kollektion von Überresten aus den "Wümme"-Studios, die zum Preis einer Single in die Läden kommt, dem Album "The Dream Syndicate" (mit Tony Conrad) und "Faust IV", das ein kommerzieller Misserfolg wird, kündigt Virgin 1973 die Zusammenarbeit auf.

Kaum zwei Jahre später ist dann auch Faust ein Fall für die Geschichtsbücher. Nettelbeck verfolgt andere Interessen, worüber sich die Band schließlich auflöst. Es sollte einige Jahre dauern bis die Gründungsmitglieder Hans Joachim Irmler, Jean-Hervé Péron und Werner "Zappi" Diermeier zu Beginn der 90er Jahre für einige Konzerte wieder zusammen finden und so den Kern schaffen, aus dem Faust bis heute wächst. Mittlerweile darf sich die Band auch von Indie-Größen wie Sonic Youth oder zahlreichen Acts des angesagten Postrock-Genres als Ideengeber feiern lassen, was sie natürlich in die Schlagzeilen bringt.

Seit Anfang der 90er gehen Faust wieder unregelmäßig auf Tour und haben mit "Rien", "You Know FaUSt" und "Ravvivando" auch einige neue Studioalben veröffentlicht. Rund 30 Jahre nach ihrem Debüt zollen auf dem "Freispiel"-Album Ikonen der Alternative-Kultur, wie die amerikanischen Konzeptkünstler The Residents, Mute-Chef Daniel Miller oder die bayrischen Knöpfchendreher von Funkstörung den Krautrock-Veteranen von Faust ihren Respekt.

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Faust zählen neben Can, Neu! und Kraftwerk zu den Urgesteinen deutscher Rockmusik. Findige Journalisten versahen die wummernden Sounds in den 70er Jahren mit dem Label Krautrock; ein Etikett, das bis heute haften geblieben ist.

2004 startet erstmals das von der Band initiierte Klangbad Festival im oberschwäbischen Scheer. Ziel ist es, einen Festival-Geheimtipp für offene Ohren zu etablieren. Fernab von kommerziellen Werbeträgern will man authentische, ausdrucksstarke Musik präsentieren, der oft ein größerer Rahmen vorenthalten bleibt.

Als Gäste empfängt man über die Jahre neben Newcomer-Acts auch Szene-Größen wie die Sofa Surfers, Attwenger, Absynthe Minded, Bernadette la Hengst, FM Einheit, Knarf Rellöm Trinity oder Naked Lunch.

Gleichzeitig kommen Differenzen in der Band auf, was dazu führt, dass in der Folge zwei Formationen mit den Namen Faust aktiv sind. Orgelspieler Jochen Irmler sammelt gleichgesinnte Musiker um sich und veröffentlicht unter dem Namen Faust 2010 das Album "Faust Is Last", aber auch die beiden Gründungsmitglieder Jean-Hervé Peron und Zappi Diermaier nehmen als Faust Musik auf (2008 "Disconnected" mit der Industrial-Legende Nurse With Wound, 2009 "C'est Com...Com...Compliqué"). Als neues Bandmitglied ist Amaury Cambuzat von der französischen Postrock-Band Ulan Bator dabei. E-Gitarrist James Johnston kommt dann noch auf dem 2011er-Album "Something Dirty" hinzu. Beide hört man nicht mehr auf der 2014er-Platte "Just Us", die Peron und Diermaier nur noch zu zweit aufnehmen. Dem schließt sich 2017 das Live-Werk "Fresh Air" an, für das sie Noise-Maker Maxime Manac'h und zahlreiche Gastmusiker gewinnen können.

2021 erscheint mit "Faust 1971-1974" ein umfassendes CD- und Vinyl-Boxset, das neben den ersten vier Studioalben der Hamburger Archivmaterial, zwei 12'' Singles sowie das bis dato unveröffentlichte Album "Punkt." enthält und zeigt, wie sehr die Band damals ihrer Zeit um Jahre oder gar Jahrzehnte voraus gewesen ist.

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