laut.de-Kritik

Endloser Ritt durch weite Klanglandschaften.

Review von

2008 schrie England "Hype" und wir stimmten ein. Von all dem habe ich, ehrlich gesagt, herzlich wenig mitbekommen. Ich gebe zu: Die Fohlen sind für mich erst mit "Total Life Forever" zur Welt gekommen.

In Tat und Wahrheit haben sie sich mittlerweile zu prächtigen Hengsten entwickelt. "Total Life Forever" dürfte daher für viele einer der am meist erwarteten Ausritte dieses Jahres darstellen.

Anstatt dass Foals nun aber den Disco-Punk-Art-Math-Rock ihres Erstlings (oder wie auch immer man ihren Stil nennen will, Shouts und nervöse Gitarren in den höchsten Tonlagen inklusive) noch verzwirbelter, vertrackter, sprich: schräger gestalten, bleibt davon auf ihrem Zweitling praktisch nichts übrig.

Foals schalten auf "Total Life Forever" einen Gang runter, entdecken den Song, widmen sich Emotionen und himmlischen Melodien. Das sechseinhalb Minuten lange "Black Gold" beispielsweise steht stellvertretend für die überraschend grandiosen Gesten dieser Platte.

Der Song beginnt mit einer mitreißenden Basslinie, synkopierten Cowbells und gehallten, verirrten, Foals-typischen Gitarrenspuren. Im Refrain singt man zu Yannis Philippakis' distanziert-resignierter Stimme "The future is not what it used to be", während vor dem inneren Auge die aktuellen Bilder der verheerenden Ölpest im Golf von Mexiko flimmern.

Nach der Hälfte nimmt der Song jedoch eine Wendung, baut mit einem einzigen Riff enorme Spannung auf ("Look what's happened to you") und entlädt sich schließlich in einer solch unbeschreiblich orgiastischen Synthie-Wand, dass einem schwindelig wird. Ab diesem Moment fühlt man sich direkt in die Szenerie vor der Küste Louisianas versetzt, fliegt als Pelikan majestätisch über das Meer, fühlt sich glücklich, während unter einem die Ölbohrinseln brennen.

Gleich danach folgt mit "Spanish Sahara" ein noch zäherer Brocken. Die Single beginnt mit dem kaum spürbaren Hauch eines Gitarrenriffs und Philippakis' entrückter Stimme. Über sieben Minuten Länge steigert sich die Nummer schließlich mittels elektronisch getränkter Farbwelten zu bildgewaltigem Kopfkino. Der Pelikan von vorhin ist einem Schwarm in den Himmel steigender Stare gewichen. Das Gefühl von Freiheit und gleichzeitigem Desaster jedoch bleibt.

Philippakis' Zeilen geraten gewohnt vage, wenn auch nicht mehr so sinnentleert wie auf "Antidotes". Gut möglich also, dass Lyrics wie "You got blue blood on your hands, I think it's my own" ("Blue Blood") als Facebook-Statusmeldungen für plagiierende Selbst-Gratulanten herhalten müssen.

Die Auftritte im Vorprogramm von Bloc Party haben bei den Oxforder Jungs offenbar Eindruck hinterlassen. "This Orient" beispielsweise erinnert an deren Wochenende in der Stadt. Dies soll nicht als verminderte Eigenständigkeit missverstanden werden. Dafür zeigt sich die Band viel zu quirlig und frisch in ihrem Sound.

Foals liefern mit ihrem Zweitling eine Scheibe ab, die von einem enormen Reifeprozess zeugt. Ihre auf "Antidotes" vorherrschende Aufmüpfigkeit haben sie auf "Total Life Forever" nicht vollständig aufgegeben. Der damalige konzentrierte Druck hat sich vielmehr auf eine elaborierte Breite ausgeweitet.

"Total Life Forever" begeistert bereits beim ersten Hördurchlauf - und ist Grower zugleich. Mit jedem weiteren Drücken der Repeattaste versetzen mich Foals wieder in Euphorie. Den Sattel für einen erneuten Ritt durch Foals' weite Klanglandschaft verstaue ich darum schon gar nicht mehr.

Trackliste

  1. 1. Blue Blood
  2. 2. Miami
  3. 3. Total Life Forever
  4. 4. Black Gold
  5. 5. Spanish Sahara
  6. 6. This Orient
  7. 7. Fugue
  8. 8. After Glow
  9. 9. Alabaster
  10. 10. 2 Trees
  11. 11. What Remains

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