laut.de-Kritik
Rick Rubin, übernehmen Sie.
Review von Giuliano BenassiGunter Gabriel verdient Respekt. Zigmal ist er hingefallen, einmal mehr ist er aufgestanden. Nun, da er für einen normalen Menschen das Rentenalter erreicht hat, meldet er sich nach langer musikalischer Abwesenheit zurück. Und das bei einem Label, das sich sonst mit großen Namen und den oberen Etagen der Charts beschäftigt.
Dabei treffen zwei Welten aufeinander, die nicht richtig zusammen passen: Auf der einen Seite steht ein knurrender wie sympathischer Hund, der seit Jahren wild herumstreunt und gelernt hat, alleine zurecht zu kommen, auf der anderen ein Koloss, der seine Künstler auf kommerziellen Erfolg trimmt.
Kann das gut gehen? Eigentlich nicht. Zumal das Konzept allzu durchsichtig ist: Gabriel soll das gleiche tun wie sein Freund Johnny Cash, nämlich noch einmal mit einer Top-Produktion im Rampenlicht stehen. Anstatt "American Recordings" heißt die Platte "German Recordings". Das soll nicht heißen, dass eine kopierte Idee grundsätzlich schlecht ist. Man muss sie aber richtig umsetzen.
Die ersten Takte machen Hoffnung. "Ich war nicht immer ein Vorbild, ich war nicht immer der Held. Ich war ganz sicher kein Braver, hab so manchen Menschen verprellt", singt Gabriel mit rauer Stimme zu den Noten einer Akustikgitarre. Die nackte Wahrheit, sozusagen.
Doch dann setzen im Refrain plötzlich aufgeblasene Streicher ein und der gute Eindruck ist vernichtet. Anstatt Rick Rubin zeichnet Wolfgang Stach verantwortlich, der sich mit Bap, Guano Apes und zuletzt Karpatenhund einen Namen gemacht hat. Das sind nicht die schlechtesten Referenzen, doch verrennt er sich bei dieser Produktion allzu oft. Genauer genommen bei fast jedem Stück.
"Mariah Carey und MTV, lässt mich völlig kalt. Und die ganze Szene hängt mir aus dem Hals. Da bleib ich kühl. Kein Gefühl.", dichtet Gabriel zu Beginn von Stück zwei, "Blaue Augen" von Ideal. Eine gute Mischung, die angesichts des seichten Begleitklangs aber in den Hintergrund gerät.
"2 Fragen" mit Klee-Sängerin Suzie Kerstens geht ebenso in einem Schnulzenreigen unter wie Peter Fox' "Haus am See". Wer soll das gut finden, drängt sich als Frage immer wieder auf. Ohne den Bombast würde das Material zweifellos besser klingen, denn Gabriel hat es nicht nötig, derart eingebettet zu werden.
Das zeigt sich am deutlichsten am einzigen Stück Johnny Cashs auf dem Album, "Vor meiner Zeit", im Original "Before My Time", das nur mit Stimme, Gitarre und kaum mehr zurecht kommt. Ein Ansatz, der sich auch im Bowie-Cover "Heroes" in Zusammenarbeit mit The BossHoss auszahlt.
Warum Alec Völkel zu Beginn auf Englisch singen muss, bleibt allerdings ein Rätsel. Genauso wie der unsägliche "Viva Colonia"-Abklatsch "Ich bin Ein Hobo" oder das abschließende "Ich Bin Ein Nichts", nichts anderes als "Creep" von Radiohead mit einem anderen Text.
"Sohn Aus Dem Volk" ist ein im Ansatz gutes Album, das leider an einer fehlgeleiteten Produktion leidet. Umso schlimmer angesichts der Tatsache, dass das zu Unrecht untergegangene "Gabriel Singt Cash" gezeigt hat, wie es anders, nämlich richtig, geht. Den Sänger trifft allerdings keine Schuld. Ehrlich wie immer singt er sich durch das Material, seine eigenen Texte sind durchaus lesenswert. Bleibt zu hoffen, dass er sich mit den Einnahmen dieses Albums einen wirtschaftlich angenehmen Lebensabend einrichten kann.
46 Kommentare
Tri a mo volorquam affecedicuptant. statum dic nobit paruntidetinam autrat? Epicur, suntibus render quaminprae Gratur, et id et ine borum set falesed illuptaterestantere eo omis essinatumerin init Epic pos non volum.
Quantem aci saestrita cognis sae endiispicqua eatus volesset per luptansultam erum, dor, quid hondam na sum bon pe scautera dintur? Sopercitissetum tari praccedolec dium nantem quer volumus.Tri a mo volorquam affecedicuptant. statum dic nobit paruntidetinam autrat? Epicur, suntibus render quaminprae Gratur, et id et ine borum set falesed illuptaterestantere eo omis essinatumerin init Epic pos non volum.
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Diese Attitüde des rauhbeinigen Sünders mit lebensweisen Sprüchen und einer im Hintergund schwärenden religiösen Aufladung ("Vor meiner Zeit") wäre mir auch bei einer sparsameren Produktion unsympathisch. Und sie ist mir auch bei sämtlichen Rubin/Cash-Produktionen unerträglich.
Dasss du das loswerden musstest überrascht mich jetzt nicht.
ok, aber nicht mit dieser wucht und geschwindigkeit.
dieses temperamentvoll ekstatische in der art und weise, es zu bringen, hat cash da doch mit seinem alten sauf- und tourkumpel jerry lee lewis gemein.
genau wie letzterer zb im vergleich zu elvis fast schon wie ein früher punk wirkt,
genauso hat cash diesen rhythmus doch erst so richtig zur explosion gebracht, oder meinst du nicht?
Weiss nicht.
Das ist das erste mal, daß ich davon höre, daß Cash damit in Verbindung gebracht wird. Kann aber auch daran liegen, daß ich mich so gut wie gar nicht mit ihm beschäftigt hab.
(es gibt sogar Leute, die die Entstehung des Swing, also nicht den Musikstil, sondern die triolische Spielweise, darauf zurückführen)
@ZombieGigolo («
Natürlich hat J.R. bei den American Recordings dick aufgetragen. Aber das war noch im Rahmen, genießbar; und man konnte wirkliche Atmosphäre dabei spüren. Zieh dir die AR IV rein. Viele sagen, da kann man einem Mann beim sterben zuhören. »):
Ja. Und wollen wir das? Das ist eine sehr wichtige Frage!
Es gibt seit zehn, zwanzig, vielleicht dreißig Jahren diese Tendenz, die Verfertigung von harmlosen Gefühlsvorlagen a la Roy Black durch die weit wirksamere Droge des biografisch unterlegten und medial globalisierten Gefühls-Exhibitionismus zu ergänzen. Per TV geführte Ehe- und Familienkräche sind der Anfang. Oder das öffentliche Verspeisen von Insekten. Immer noch harmlos. Nach meinem Gefühl waren die späten Cash-Veröffentlichungen in dieser Hinsicht ein Dammbruch. Oder wenigstens leiteten sie eine neue Stufe ein. Wäre Cash ein Trottel, hätte man sich vielleicht schützend vor seine Privatsphäre stellen sollen. Er war aber kein Trottel sondern ein etablierter, wenn auch zeitweilig aus der Mode gekommener sehr erfolgreicher Entertainer. Es geht mir nicht um ihn. Es geht mir um die Zuhörer-, die Empfängerseite - um mich. Diese Produktionen sind auf gewisse Art und Weise eine Form emotionaler Vergewaltigung mit dem Ergebnis, dass man sich lieber verschließt, lieber wünscht, einer der großen genialen Zyniker in der Tradition Heine, Brecht, Biermann, Zappa würde auftauchen und seinen giftigen Spott über diesen ganzen Ergriffenheitskult vergießen.