laut.de-Kritik

Wie schrecklich die 80er wirklich gewesen sind ...

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Wie schrecklich die 80er wirklich gewesen sind, wird oft erst in der Retrospektive deutlich. Manche hatten Glück und waren Kinder, als fiese Kapellen wie Poison, Ratt und andere Haarspray-Süchtige die Charts dominierten und sich nicht schämten, das auch noch als Rockmusik zu bezeichnen. Ohne die Gnade der späten Geburt musste man sich dem Sturm aus akustischen Beischlaf-Bezeugungen und kitschigen Triefballaden mit dem vollen Bewusstsein eines Erwachsenen stellen.

Angesichts einer Band wie H.E.A.T brechen die alten Wunden wieder auf. Beim schwedischen Fünfer scheint die Zeit etwa 1987 stehen geblieben sein. Eventuell 1988, aber da streiten sich die Gelehrten noch. Zutaten ihres Sounds: breitbeinige Riffs, Keyboardflächen, Oh-Oh-Chöre und vermutlich auch Spandex-Hosen und das eine oder andere Schweißstirnband für die hübsch ondulierte Rübe. Aus unbekannten Gründen nannte man das in den 80ern Hard Rock, heute wissen wir es besser und konstatieren: Melodic Rock trifft AOR trifft Cock Rock.

Auf ihrem vierten Album liefern H.E.A.T (warum zum Geier hat das t eigentlich keinen Punkt?) exakt das, was man von dieser Musikgattung erwartet. Mit "Point Of No Return" beginnt der Liederreigen noch halbwegs erträglich. Ein brauchbares Intro mit atmosphärischem Aufbau, dem eine okaye Uptempo-Nummer folgt. Soweit keine Probleme. Der Anschluss-Song kann sich dann sogar richtig hören lassen. Die Schweden machen mit "A Shot At Redemption" nämlich da weiter, wo Bon Jovi nach "New Jersey" aufgehört haben. Lay your hands on me, baby. Hier wäre Potenzial vorhanden.

Ab hier regiert das Grauen. Ein ekliger Refrain wie der von "Inferno" nötigt schon fast Respekt ab. Fast. Es folgt ein überflüssiges Zwischenspielchen, ein paar Geräusche, ein wenig Geklimper auf dem Keyboard. Gerade sinkt der Kopf Richtung Tischplatte ob der musikalischen Langeweile des Titelstücks "Tearing Down The Walls", da wird man doch plötzlich aufgeschreckt. Was ist das denn? Britney Spears? Ach nein, doch leider nur weiterhin die peinlichen Schweden, die sich aber nicht zu schade sind, "Oops, I did it again" abzurippen. Wissen das Britneys Anwälte schon?

In der zweiten Hälfte des Albums sticht noch mal die Ballade "All The Nights" heraus - in negativer Hinsicht. Das Lied klingt in etwa so, als würde man in eine Badewanne voll rosafarbenem Schleim steigen. Wie halten Menschen, die von sich behaupten, Rockmusik zu mögen, so etwas aus? Dann lieber ein Song wie "Eye For An Eye", der zieht wenigstens ohne größere Scherereien am Hörer vorbei. Und beißt sich mit seiner Melodie im Ohr fest, verdammte Axt. Denn ein paar packende Melodien haben H.E.A.T durchaus im Angebot, das muss man ihnen lassen.

Aber, ach, der unangenehm schmierige Gesangsstil von Erik Grönwall macht der Musik endgültig den Garaus. Dieser Typ mag technisch einiges vorzuweisen haben - trotzdem ist er nur ein Sängerdarsteller ohne einen Hauch von echtem Gefühl, dafür aber mit ordentlich Sülze unter der Zunge. Fast sieht man Finger aus den Lautsprechern wachsen, die deiner Freundin an den Hintern fassen wollen. Der Fairness halber sei erwähnt, dass die Texte nicht halb so grausam sind wie die der Kollegen aus L.A. damals.

Kommen wir zum Verdikt: Aufgrund eines brauchbaren Albumeinstiegs und gelegentlichen Anfällen von Kompetenz im Bereich der Melodieerzeugung vermeidern H.E.A.T die Niedrigstwertung. Aber nur knapp.

Trackliste

  1. 1. Point Of No Return
  2. 2. A Shot At Redemption
  3. 3. Inferno
  4. 4. The Wreckoning
  5. 5. Tearing Down The Walls
  6. 6. Mannequin Show
  7. 7. We Will Never Die
  8. 8. Emergency
  9. 9. All The Nights
  10. 10. Eye For An Eye
  11. 11. Enemy In Me
  12. 12. Laughing At Tomorrow

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4 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Bullshit! Ratt, Motley Crue und auch Poison waren sehr spaßige Bands von deren Alben man sich die besten Kracher raus sucht und einen Mix erstellt, der sich auch heute noch prima hören lässt. Vor allem Motley Crue rocken dank Tommy Lees Kickass Drums heute noch richtig los, mehr als so manch moderne Band.

    Man kann von deren Outfits und Image halten was man will (10 Jahre vorher war das noch irre cool sich zu schminken) aber musikalisch gibt es nichts zu meckern. Schreibt euch das mal hinter die Ohren ihr Redakteurs-Jungspunde!!

  • Vor 10 Jahren

    natürlich nichts neues ,.. aber trozdem spaßiger Hard-Rock ,.. für mich wären 3-4 Sternchen schon ok.

  • Vor 9 Jahren

    Lieber Olaf Schmidt, soll das eine Rezesion sein oder eine späte Abrechnung mit einer Zeit in der für die Sie anscheined nichts zu holen war?! Das Gebrassel das Sie hier schreiben klingt doch eher nach einem Typen für den in diesem wunderbarem Zeitalter des Rocks anscheinend nichts zu holen war und nun die Musik respetive Musiker dafür verantworlich macht. Anders kann ich mir das gesabbel nicht erklären!
    Das Album ist spitze und wer nur annähernd auf die Bands stand die Herr Schmidt für seine sexuelle Frustration verantworlich macht (also alle) kauft sich das Album. HEAT ist ne geile Band und Respekt das sie Ihr Ding so durch ziehen und uns die geile Zeit im aufgepepten Gewand zurück bringen.

    Lets Rock!!

  • Vor 4 Jahren

    Großartige Band, grausames Review. Einfach nur erbärmlich Olaf Schmidt.