laut.de-Kritik
Eine Perle in der Auster gefunden.
Review von Stefan MertlikBereits 1994 brachte Heather Nova ihren persönlichen Meilenstein "Oyster" heraus. Danach folgten sieben Alben, die kaum an die Großtat zu Karrierebeginn heranreichten. Was mit Einflüssen der ausklingenden Grunge-Ära entbrannte, entwickelte sich im Laufe eines Vierteljahrhunderts zu radiotauglichem Indie-Pop. Dieser ging immer ins Ohr, schrammte aber auch häufig nur knapp an der Beliebigkeit vorbei.
"Eine Perle ist idealerweise das, was sich nach all den Jahren in einer Auster bildet", zitiert der Pressetext eine Heather Nova, die es noch einmal wissen möchte. "Pearl" ist nicht nur ihr zehntes Studioalbum, sondern orientiert sich in Sound- und Themenwahl an "Oyster". Um das zu bewerkstelligen, engagierte die bermudische Künstlerin den alten Weggefährten Youth. Der britische Produzent (unter anderem für Dido und The Verve) arbeitete schon an der Platte von 1994.
Erinnerungen an "Oyster" weckt nicht nur das Cover, das die heute 51-Jährige ebenfalls mit ärmellosem Oberteil in einer einladenden Haltung zeigt. Nova singt wieder über die Liebe, fügt diesem Thema mittlerweile aber noch mehr Facetten hinzu: "We don't decide what we do / We take the splinters, drive them through / We took the road all painted blue", heißt es in "The Wounds We Bled" über ihre tränenreiche Scheidung.
Dass Nova deshalb nicht verbittert ist, beweist das folkig-countryeske "Just Kids". "Feels like we're just kids / No hands, freewheeling / Didn't know it could be like this / So good, so easy", widmet sie ihrer neuen Liebe mit sympathisch jugendlicher Blauäugigkeit eine Hymne: "And I like the way you said / ‚I got no back up plan, it's only you‘".
Musikalisch ist sie Mark Knopfler näher als Eddie Vedder. "Pearl" klingt trotzdem rockiger als alle Alben ihrer zweiten Karrierehälfte. Streicher finden sich aber auch auf dieser Platte wieder. Diese bestimmen jedoch nicht den Ton der Songs, sondern dienen als Nuancen. So sucht sie in "Some Things Just Come Undone" zu einer grimmigen Westerngitarre und einem bedrohlich zurückhaltenden Cello die Nähe zum Wasser.
Auch wenn sich Heather Nova wie ein frisch verliebter Teenager fühlt, am stärksten ist sie, wenn die Musik gegenteilig klingt. Balladen wie "Rewild Me" und "After All This Time" wirken trotz ihrer reduzierten Produktionen mächtig. Dieses Qualitätsniveau hält Nova auf den 47 Minuten durchgängig. Das liegt vor allem daran, dass sie sich auf ihre Stärken und nicht auf musikalische Entwicklungen der letzten Jahre konzentriert. Bei genügend anderen Künstler_innen ging die versuchte Wiederholung eines Klassikers gerade deshalb daneben.
2 Kommentare
"Oyster" wäre mal ein schöner Meilenstein.
Wie mager...das ist wohl keine Kritik, vielmehr eine schnell zusammen geschusterte Zusammenfassung. Wo wird denn auf den Inhalt des Albums eingegangen? Viele Sätze lesen sich wie aus der PM der Plattenfirma bzw. der Pressemitteilung entnommen. Etwas enttäuschend. Vier Sterne unterschreibe ich klar, fünf wären auch angemessen, denn so gutes Material an Lyrik hört man nur noch selten. Und ja, "Oyster" ist längst fällig für einen Meilenstein.