laut.de-Kritik

Der Refused-Sänger knietief im Postpunk der 80er.

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Nur weil Dennis Lyxzén schon seit 25 Jahren im Musikgeschäft mitmischt, heißt das nicht, dass er den Blick fürs Wesentliche verloren hätte: "Ich kann Bands nicht ausstehen, die halbherzig zu Werke gehen. Wenn du eine Band gründest, musst du dir bewusst darüber sein, warum du das tust, wie du auftreten, dich präsentieren und worüber du singen willst. Es geht um das ganze Paket", sagte er neulich in einem Interview.

Diese Maxime, die Lyxzén schon bei Refused und The International Noise Conspiracy bis ins Detail umgesetzt hat, gilt selbstverständlich auch für sein neuestes Projekt INVSN, streng genommen eine Weiterführung seines alten 90er-Nebenschauplatzes Lost Patrol Band. Weil eine andere Band unter diesem Namen in den USA bereits aktiv war, nannten sich die Schweden zunächst Invasionen, veröffentlichten zwei Alben auf schwedisch und wandelten für ihr erstes englischsprachiges Album den Namen nochmals um in INVSN.

Bei diesem mal wieder von vorne bis hinten durchdachten Gesamtpaket dreht sich überraschenderweise alles um Postpunk der reinen 80er Jahre-Lehre. Auf größtenteils beeindruckende Art und Weise verrührt der Fünfer die hymnische Melancholie von The Cure, die knorrige Subtilität von Echo & The Bunnymen oder Joy Division und den gitarrendurchwobenen Synth-Pop von New Order zu einem frischen Party-Cocktail.

Der elektronische und sehr atmosphärische Opener "#61" ist um ein repetitives Gitarrenmotiv herum gebaut und baut die Unsicherheit und Kalte-Krieg-Stimmung der damaligen Zeit perfekt nach. Mit "Down In The Shadows" folgt der Hit des Albums: Bassgetriebener Waverock mit ordentlich Zug zum Höllentor, angepeitscht durch eine dauertickende Cowbell und im dazugehörigen Video perfekt visualisiert von Lyxzén im bodenlangen schwarzen Gothic-Mantel als Eldritch 2.0.

Der Refused-Fraktion, vor kurzem noch in der Pit-Gewalt der Reunion-Gigs eingekesselt, dürfte der Soundmove schwer im Magen liegen. Noise Conspiracy-Anhänger erkennen jedoch mit Leichtigkeit die poporientierte Melodiösität, die Lyxzén mit seinen Mitstreitern Andre Sandström (von der Thrash-Band DS-13), Sara Almgren (Noise Conspiracy), Anders Stenberg (Lykke Li) und Richard Österman hier in Form gießt. Dass der Mann auch singen kann, sollte sich ja mittlerweile herumgesprochen haben.

Inhaltlich bleibt der mittlerweile 42-jährige Kapitalismuskritiker vergleichsweise handzahm und wagt einen Blick zurück in die (eigene?) Vergangenheit, beschreibt den Wandel der Zeit, lässt zwischendurch aber immer wieder weise Ratschläge für alle Lebensbereiche fallen: "Eat the shit they serve you / or try to break free" ("Inheritance").

Nach wie vor wenig Sympathie bringt er für profilierungssüchtige Politiker und/oder gierige Investment-Banker auf ("We lock the doors and we hide / while the wolves are roaming free / maybe we can pick some crumbs / when they've taken all that we need") und auch mit der Kirche wird Lyxzén in diesem Leben nicht mehr warm ("God has left us stranded / no one's around / we are the only ones now / stuck down here on the ground").

Lieblingstracks wechseln ständig, auch weil die Stimmung insgesamt schon austariert ist: Der federnde Pop von "The Promise", das düstere "It's All Coming Back" oder das monotone "Our Blood" mit der einzigen Lyxzén-Schreiattacke in 43 Minuten. Mit "INVSN" ist ihm ein zeitloses Album gelungen, das allein schon daran abzulesen ist, dass es bereits im Januar 2013 eingespielt wurde. Egal, mit welchem "New Noise" er auch um die Ecke kommt, den schwedischen Songwriter muss man immer auf der Rechnung haben.

Trackliste

  1. 1. #61
  2. 2. Down In The Shadows
  3. 3. The Promise
  4. 4. God Has Left Us Stranded
  5. 5. Vasterbotten
  6. 6. Our Blood
  7. 7. Interitance
  8. 8. It's All Coming Back
  9. 9. Distorted Heartbeat
  10. 10. Hate

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