laut.de-Kritik
Comeback mit amtlichem Songwriting und griffigen Hooks.
Review von Alexander CordasJeweils einen Schlag auf die Snare und die Tom, und sofort ist klar, wessen CD man hier in den Händen hält. Selten erzielten bereits die ersten Töne eines Albums einen derart hohen Wiedererkennungswert wie bei "Switch", dem neuen Album der Australier von INXS. Wer vorschnell gedacht hat, dass ein Michael Hutchence nicht zu ersetzen sei, sollte dringend mindestens ein Ohr riskieren. J.D. Fortune klingt zwar wie der jüngere Bruder des verstorbenen Frontmanns, besitzt jedoch genügend stimmliches Charisma, um nicht zur bloßen Kopie zu verkommen.
Die gesamte Mannschaft aus Down Under tönt geradewegs so, als habe sie die Jahre nach "X" in einer Zeitkapsel jenseits des Raumzeit-Kontinuums verbracht. Es käme einem Wunder gleich, würden sie ausgerechnet jetzt ihre alten Hits bezüglich der songschreiberischen Qualität übertreffen, aber mit "Switch" sind sie zumindest nah dran. Die markanten, treibenden Rhythmen samt Four To The Floor-Schlagzeug sind wieder da und stehen auf den kommenden Konzerten sicherlich in ihrer Wirkung auf das Publikum kaum hinter Sachen wie "New Sensation" zurück. "Devil's Party" als Opener ins Rennen zu schicken, war nur folgerichtig. Nach achtjähriger Pause tönt das schon recht amtlich. Tiefer gelegte Bässe, eine griffige Hook, und fertig ist der Abgeh-Popsong.
"Pretty Vegas" steht dem in der Stimmung kaum nach, ehe das Sextett dem Titel entsprechend mit "Afterglow" den Fuß etwas vom Gaspedal nimmt, aber nach wie vor eine äußerst gute Figur abgibt. Zwar sprengt hier niemand den Rahmen einer normalen Pop-Komposition, und auch die dezenten Experimente der späten Hutchence-Ära trugen INXS mit dem Ableben des Sängers zu Grabe. Dennoch haben sie sich ein absolut kompaktes und tightes Songwriting bewahrt. Wenn Duran Duran und Konsorten noch oder wieder ein Existenzrecht zusteht, dann gebührt diese Ehre der Mannschaft um die Ferris erst recht.
Da sehen wir über 08/15-Texte wie in "Hot Girls" - man könnte fast ahnen, worum es sich hier thematisch dreht - dezent hinweg. Aber Fuck! Heiße Mädels sind doch auch geil, höhö. So poprocken sich INXS durchs Comeback-Programm, ohne den einen oder anderen Fehltritt ganz zu vermeiden. In "Like It Or Not" ebendiesen Satz auf "love is the god" zu reimen, zeugt nicht gerade von lyrischem Kreativitätsdoping. Auch das Arrangement kommt trotz netter Sax-Einlage nicht über bescheidenen Durchschnitt hinaus.
Aber merke: Wir sind hier schon beim neunten Track angelangt, und das bisher Gehörte kann sich sehen lassen, oder umgekehrt. Comeback-Auftrag erfolgreich ausgeführt. Weitermachen!
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