laut.de-Kritik
Die perfekte Platte für Pärchen.
Review von Artur SchulzWer an Beziehungs- oder Sinnkrisen leidet, dürfte sich bei Ich + Ich bestens aufgehoben fühlen. Das macht bereits das Gros der neuen Titel deutlich: "Einer Von Zweien", "Es Tut Mir Leid", "Hilf Mir" oder "Was Wär Ich Ohne Dich" - fühlen pur.
Doch, wer kann so viel geballte Zweisamkeit ertragen? Nun ist die Pop-Geschichte randvoll mit Herzeleid. Das reicht von höchst geglückt bis völlig missraten, und Ich + Ich dümpeln mit ihren nett produzierten Songs irgendwo dazwischen.
Die erfolgreiche Single "Pflaster" liegt dennoch angenehm im Ohr und übertüncht manch verbale Platitüde. "Bevor du kamst, war ich ein Zombie / gefangen in der Dunkelheit / du holtest mich aus meinem Käfig / Dein heißes Herz hat mich befreit". So einfach ist das? George A. Romero oder die tapfere Milla Jovovich haben also alles falsch gemacht.
"Einer Von Zweien" zeigt eine weitere Facette des Themas Zweisamkeit und ihre Probleme auf - recht Kuschelrock-kompatibel in Szene gesetzt. Doch auf Albumlänge gestreckt ermüdet die ganze Liebelei dann doch. Wozu die recht schlichte Instrumentierung ihren Teil beiträgt. Sicher, da setzt schon mal eine Trompete Akzente ("Universum"). "Es Tut Mir Leid" bietet einen weiteren passablen Radiohit.
Die Platte bietet natürlich Pop pur, trotz einiger Soul- und Rockanleihen. Alles bleibt hübsch ausgewogen, abgepuffert und kuschelig. Dürr und dürftig dagegen: Annette Humpes Gesang auf "Die Lebenden Und Die Toten". Das rhythmische "Yasmine" bietet gar arabisch eingesungene Parts.
Die Texte? Voll bestückt mit blumigen Metaphern, die Geliebte wird zum "Pflaster für meine Seele", ohne sie bleibt man(n) nur als "Ein Segelschiff aus Stein" zurück. Geht es um tiefe Gefühle, bleibt es natürlich nicht bei 'Ich liebe dich'. Nein, da muss schon das Weltall herhalten: "Sterne explodiern und Atome reagiern" und "Du kannst zu den Sternen fliegen / am Orion vorbei / Im Mariannengraben tauchen / fühl dich frei".
Vor soviel kosmischer Tiefsee-Harmonie würde selbst Blade Runner-Nemesis Rutger Hauer in die Knie gehen. Unfreiwillig amüsant gerät Annettes Bekenntnis "Danke" für all die Müllfahrer, Supermarktkassiererinnen und Bäcker unserer Republik: "Ich kann euch sehn / ich hab an Euch gedacht / Dankeschön / dass ihr mein Leben soviel besser macht".
"Gute Reise" taugt perfekt zur Pärchen-Platte: fürs gemeinsame Kuscheln, und wenns mal kriselt, halten Annette Humpe und Adel Tawil trotzdem genügend Adumbran parat.
79 Kommentare
Wenn ich diese möchtegern tiefgründigen Textzeilen lese, wird mir ganz schlecht
Die Beiden sind nicht unsympathisch, aber die Musik ist einfach genau jene, welche meinen Gehörgang zum bluten bringt!
Ich kenne Annette Humpe gut und bin von ihr als Mensch absolut fasziniert. Eine großartige Persönlichkeit mit einer großartigen Geschichte, keine Frage.
Aber was sie mit "Ich und ich" produziert, ist wirklich unheimlich platt. Es geht tatsächlich nur um Befindlichkeiten, mit vielen Plattitüden garniert. Vom Charme, Witz und der Energie vorheriger Projekte ist hier nichts mehr übrig. Schade, sehr schade. Vielleicht wirds ja mit dem nächsten Projekt wieder was...
Zitat (« Die perfekte Pärchen-Platte. »):
Ne.
Ich fand die ersten Scheiben von Ich+Ich gnaz nett und hab mir das auch angehört aber mit "Pflaster" wird es mir irgendwie zu viel. Ich hab das Gefühl, dass sich jede Scheibe bei denen gleich anhört ... Ins Album muss ich noch reinhören, kann mir schon vorstellen, dass sich da noch Schätze verbergen, die sich vielleicht doch anders anhören ^^
Ich finde das fast alle recht haben mit dem was sie schreiben über ICH+Ich und den neuen Album. Pflaster hört sich nach Vom selben Stern an, und das hört sich nach Codo von DÖF aus den 80ér an. Die Stücke sind nur unterschiedlich verpackt. Wenn man nun die Vorgänger von Gute Reise da neben stellt, sind sie besser. Aber nach dem Erfolg von Vom selben Stern noch einen drauf zu setzten ist eine Grad Wanderung. Und diesen Status genießen sie noch nicht, das man ihnen es verzeihen würde.Sich komplett am Vorgänger zu halten wäre Selbstmord.Also sind nur kleine Veränderungen möglich. Ich finde das ist ihnen gelungen. Die Texte sind zwar Naive, aber mal erlich, ist das so Negative. Nein, auch die härteste Nuss hat einen weichen Kern und würde es ab und zu mal raus lassen. Denn ganzen Tag den Harten raus hängen zu lassen, ist verdammt schwer.
Nun die Texte geben sicher keine Anwort auf das Leben, aber sie bremsen den alltags Stress ab! Muisk muss nicht immer was verändern, sie kann auch unterhaltsam sein. Und das ist Annette Humpe wieder gelungen!
Gute Reise beim relaxen!
ich + ich... einmal im vorprogramm gesehen. ich fand die texte ganz gruselig. allein schon grammatische hässlichkeiten wie "das macht sinn" werden offenbar dauernd verbraten. und auch ansonsten wirken die texte auf mich einfach nur nervig-pathetisch oder unfreiwillig komisch.