laut.de-Kritik

Boom Bap-Burger aus Brooklyn.

Review von

Die Tante brät das T-Bone-Steak und die veganen Freunde futtern Feldsalat. Während die eine Hälfte der fb-Kontakte noch den Widerstand gegen Sicherheitskräfte verkündet, feiert die andere Grillsessions am See. Bei Letzteren tönt ab und an Joey Bada$$ neuestes Mixtape aus den Boxen. Der Kopf nickt, der einst wache Geist knickt und nickt nach dem dritten Teller ein. Willkommen in Flatbush, Brooklyn. Aus Wasserwerfer und Demonstranten werden Hydranten, Kinder springen über Seile, Jungs zocken Horse, und alte Männer palavern über noch ältere Helden am Block. Die "Summer Knights" sind in der Stadt.

Mitten hinein ins kühle Nass, mitten hinein in den Dreikampf der Ex-The-Roc-Nationalisten Kanye West, J Cole und Jay-Z schiebt Joey einfach mal so eine Boom Bap-Ehrerweisung, die so unprätentiös, so zurückgelehnt, so souls of mischiefig aus dem iPhone läuft, dass man wenigstens drei Durchläufe braucht – und danach aus dem Replay nicht mehr rausfindet.

90er-Zitate, immer an der richtigen Stelle gesetzt, pflastern seinen Weg – alles keinen Deut schlechter, nur einen Deut ernster als "1999". Immer noch wie ein junger Nas per mehrsilbigem Reimfeuerwerk und intelligenter Alltagsbetrachtung erfrischt der Bada$$ den Boom Bap mit einer zünftigen, nie langweiligen Ladung Throwback.

Im Gegensatz zu Nas steckt der kleine Mann im Ohr dem Joey aber immer die richtigen Beats zu. "Right On Time" soult sich so tief wie einst Common zu "One Day It'll All Makes Sense"-Zeiten im Gefühlsschlamm. Chuck Strangers laced die richtige Mischung für die "My Youth"-Reggae-Hook. Statik Selektah loopt einmal mehr ein himmlisches Klavier auf "Word Is Bond" und findet die richtige Snare (die klingt wie eine Tom-Drum). Klassisch eine Umdrehung langsamer lässt The Alchemist die Samples auf "Trap Door" traben.

MF Doom zieht das Tempo für den spährischen Kopfnicker "Amethyst Rockstar" wieder an, die völlig unterschätzten Oddisee liefern songgemäß Native-Tongue Sound auf "Sorry Bonita" (featuring Pro Era) ab. Und zum Schluss greift noch DJ Premier höchstpersönlich auf "Unorthodox" zum Drumcomputer, entspannten Piano-Loops und punktgenauen Scratches. Oder, um es Joey selbst croonen zu lassen:

Sweet dreams, stuck in the 90s / 90s babies it's a matter of time / Sweet dreams my nigga, I wish / you sweet dreams my nigga / Sweet dreams, stuck in the 90s / 90s babies it's a matter of time / And time's not rewinding, yeah

Trackliste

  1. 1. Alowha
  2. 2. Hillary Swank
  3. 3. My Youth
  4. 4. Death Of YOLO
  5. 5. Right On Time
  6. 6. Sweet Dreams
  7. 7. 47 Goonz
  8. 8. Word Is Bond
  9. 9. Sit N Prey
  10. 10. Trap Door
  11. 11. Satellite
  12. 12. 95 Til Infinity
  13. 13. Amethyst Rockstar
  14. 14. Reign
  15. 15. Sorry Bonita
  16. 16. LongLiveSteelo
  17. 17. Unorthodox

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