laut.de-Kritik
Detroit, 1949: live aus dem Wohnzimmer.
Review von Giuliano BenassiNicht nur Fans bekommen feuchte Hände bei der Vorstellung, John Lee Hooker live in ihrem Wohnzimmer erleben zu dürfen. In diesen Genuss kam 1949 der Comiczeichner und Musikbegeisterte Gene Deitch, der ihn nach einem Auftritt in Detroit eingeladen hatte, bei einer Konzertreihe im familiären Rahmen mitzuwirken. Hooker kam. Deitch ließ ein Aufnahmegerät mitlaufen, stieß 1999 wieder auf die Bänder und veröffentlicht sie nun als "Jack O'Diamonds".
Der Aufkleber "Digitally Restored" kann natürlich nicht darüber hinweg täuschen, dass die Klangqualität dieser CD nicht dem gewöhnlichen Standard entspricht. Dafür, dass die Quellen unvergessen in einem Keller lagerten, hören sie sich jedoch recht gut an. Die technische Eigenschaften geraten eh in den Hintergrund, sobald Hooker beginnt, mit seinem Fuß auf den Boden zu stapfen und in die Saiten seiner Akustikgitarre zu greifen.
Als etwa 30-Jähriger lebte er damals in Detroit und hatte mit "Boogie Chillun" 1947 einen ersten Hit. Sein stilprägendes mürrisches Stimmknarzen hört sich hier jedoch noch eher wie Gesang an, auch auf seiner Gitarre spielt er schneller als sonst gewohnt. Neben Boogie und Blues schimmert die kirchliche Musik seiner Kindheit durch. Sogar sprechen hört man ihn, wenn er in "Spoken Interlude" (Track 14) erklärt, wie sein Stil zustande kam. "Die Leute arbeiteten nicht lediglich acht Stunden lang, sie schufteten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Manchmal blieben ihnen nur anderthalb Tage am Wochenende, um sich auszuruhen ... Das war die Zeit, in denen sie sich Gedanken über ihr Leben machten. Genau daher kommt meine Musik."
Neben eigenem Material spielt er auf Bitte Deitchs auch Stücke, die er aus Mississippi kannte. So kommt es neben Eigenkompositionen wie "Two White Horses", "How Long Blues", "Waterboy" oder "Six Little Puppies And Twelve Shaggy Hounds" zu Traditionals wie "Trouble in Mind", "John Henry", "In The Evening When The Sun Goes Down" oder dem titelgebenden "Jack O'Diamonds" und den Spirituals "Ezekiel Saw The Wheel" sowie "Moses Smote The Water".
Die Intimität der Aufnahmen, die Leidenschaft Hookers und die besondere Auswahl an Stücken machen "Jack O'Diamonds" auch ohne den Untertitel "The 1949 Recordings" zu einem besonderen Objekt im CD-Regal. Was nicht nur für Sammler und Fans gilt - schließlich gibt es wohl kaum jemanden, der einen Musiker wie Hooker nicht gerne in sein Wohnzimmer eingeladen hätte.
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