laut.de-Kritik
Warum Tim "Ripper" Owens besser ist.
Review von Michael EdeleWie es inzwischen anscheinend üblich ist, wird zusätzlich zur Live-CD gleich die passende DVD angeboten, die sich dann entweder mit der Doppel-Live Scheibe zusammen oder auch einzeln erstehen lässt. Da machen Judas Priest natürlich keine Ausnahme sondern bieten mit "Live In London" auch noch den visuellen Beweis dafür, dass Tim "Ripper" Owens live inzwischen doch ein ganz anderes Kaliber ist, als Metal-Opa Halford.
Das werden diejenigen, die mit Halford und Priest (auf)gewachsen sind natürlich wie immer anders sehen, aber ich beziehe mich einfach auf die Gesangsleistung und die Ausstrahlung des Jungfuchses, der zwischen all den alten Knackern auf der Bühne rumturnt. Wer mir tatsächlich allen Ernstes erzählen will, dass Owens im Vergleich mit Halford abstinken würde, der hat seine Löffel wohl beim letzten Sperrmüll mit abgegeben. Körperliche Fitness für einen Sänger einfach unabdingbar, und da kann der gute Rob noch so gesund leben, gegen den Ripper gewinnt er keinen Blumentopf mehr. Auch vom Stage-Acting her ziehe ich den jungen Mann vor, denn die letzten Gigs, die ich von der Alt-Glatze gesehen habe, konnten nur durch einen Knebelvertrag mit Pattex erklärt werden. Ist halt etwas doof, wenn man die ganze Zeit vom Teleprompter ablesen muss und sich deswegen nicht bewegen kann.
Zwar ist der Ripper auch keine Bruce Dickinson und verdient sich nicht unbedingt Kilometergeld, aber der Agilere ist er allemal, sowohl stimmlich als auch bewegungstechnisch. Doch er hat ja auch noch das Weltklasse-Gitarrengespann Tipton und Downing in der Hinterhand und vor allem Basser Hill scheint sich zu jeder Sekunde pudelwohl zu fühlen. Die Kameraführung ist erstklassig und auch der Sound der DVD hervorragend. Somit ist es ein leichtes, die überschwängliche Stimmung, die am Abend des 19. Dezembers 2001 im Londoner Brixton Club eingefangen wurde, auch ins heimische Wohnzimmer zu transportieren. Mit insgesamt fünf Tracks der "Jugulator" und "Demolition"-CDs im Live Material und zweien im Soundcheck und auf der Live-DCD machen die Priester angenehm klar, dass sie sich für die beiden Alben ganz und gar nicht schämen, sondern dass die Songs durchaus Potenzial haben und sich in ein klassisches Priest-Set tadellos einfügen.
War ich mir anfangs nicht so ganz im klaren darüber, welchen Sinn der Soundcheck haben sollte, so dürfte sich das nach dem ersten Durchlauf erklärt haben, ist dieser doch 25 Minuten lang und enthält insgesamt sechs ausgespielte Songs, wovon "The Sentinel", "Machine Man" und "Lost And Found" zwar auf der Doppel-Live-CD drauf sind, nicht aber im gezeigten Live-Programm. Während der sogenannten "Demolition Time" gibt's auch noch mal ein wenig Mucke und ein paar ganz nette Interviews mit der Band. Das Begleitwerk ist also auch ganz in Ordnung, aber Hauptaugenmerk bleibt natürlich nach wie vor die Show, die neben dem gewohnt synchronisiertem Stage-Acting der Gitarrenfraktion auch den obligatorischen Harley Davidson Auftritt bei "Painkiller" beinhaltet.
"Live In London" ist auf jeden Fall seine Kröten wert, und inzwischen, da der Ripper in die Wüste geschickt wurde (und zum Glück bei Iced Earth ne neue Heimat gefunden hat), und der Metal God zu den Priestern zurück gekehrt ist, auch ein Ton- und Bilddokument, an dem sich Judas Priest künftig werden messen lassen müssen.
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... that aged poorly