laut.de-Kritik

Klanggewitter zwischen Gothic, Noise und Dreampop.

Review von

1985 gründete sich eine britische Band namens Cranes, die mit ihrer Musik aus Dreampop, Gothic Rock und Shoegaze sowie der kindlich kuriosen Stimme von Sängerin Alison Shaw einzigartig bezaubernd und dramatisch unterschätzt zugleich war. Man weiß nicht, ob die irische Band Just Mustard je von ihnen hörte, aber man hört geisterhaft deren Sound auf ihrem neuen und zweiten Album "Heart Under" nachklingen oder durchwehen. Und die Stimme von Katie Ball der Gruppe aus Dundalk hat ebenso eine solch ätherische surreale Wirkung, die eben unweigerlich an die Cranes denken lässt.

Doch man würde Just Mustard grob unterschätzen und grobes Unrecht tun, wenn man sie nur mit diesen vergleichen würde. Ihre Songs sind zwar ebenfalls aus noisigen, post-punkigen und düsteren Harmonien fein wie ein Spinnennetz gewebt, das Quintett hat jedoch seinen ureigenen unheimlich wabernden Stil, der Gothic ins Hier und Jetzt katapultiert.

Lockdown-Leid und melodische Melancholie verbinden sich in dem von der Band selbst produzierten und aufgenommenen Album, das von David Wrench (FKA twigs, Jamie xx, Let’s Eat Grandma) gemischt wurde und den Songs noch eine leicht Trip Hop-haftige Nuance verleiht. Dadurch entsteht eine Spannung und Dichte, die zwischen hypnotischen Harmonien und energetischen Ausbrüchen oszilliert.

Unberechenbare, verstörende und faszinierende Songstrukturen wie tänzelnde Skelette ziehen einen regelrecht in einen musikalischen Wirbel, in den man sich nur allzu gerne fallen lässt. Denn trotz aller Düsternis, die die Tracks umweht, hat man es hier mit einer einnehmend umhüllender Atmosphäre zu tun, deren Intensität verblüfft.

Die Inspirationen von Just Mustard kann man im kratzigen Alternative bei Sonic Youth, im lärmigen Shoegaze von My Bloody Valentine, im klangexperimentellen Krach der Einstürzenden Neubauten oder auch im schaurigen Früh-Wave-Werk von The Cure vermuten. Robert Smith supportet im Übrigen oft neue musikalische Talente, und so waren Just Mustard schon Vorband von The Cure – genauso wie Cranes vor ca. 30 Jahren. Es bleibt nur zu hoffen, dass Just Mustard nicht ebenso unterschätzt werden, zu viel Herzblut und Hingabe steckt in "Heart Under".

Trackliste

  1. 1. 23
  2. 2. Still
  3. 3. I Am You
  4. 4. Seed
  5. 5. Blue Chalk
  6. 6. Early
  7. 7. Sore
  8. 8. Mirrors
  9. 9. In Shade
  10. 10. Rivers

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