laut.de-Kritik

Die hautengen Röhrenjeans tragen inzwischen andere.

Review von

Die Kings Of Leon sind erwachsen geworden. Wer das aus ihren letzten Alben noch nicht herauslesen wollte, sah sich während ihres Hiatus' mit den harten Fakten konfrontiert: Die Herren aus Tennessee nutzten die Zeit vor allem, um Familien zu gründen. Schrecklich spießig? Die hautengen Röhrenjeans tragen inzwischen sowieso andere, und die Kings Of Leon zelebrieren den bluesigen Rock'n'Roll ihrer Anfangstage längst nicht mehr.

Wenn Fronter Caleb also ankündigt, man habe die letzten Jahre zwar das private Glück, aber auch die eigenen Wurzeln wiederentdeckt, kommt das dann einem Liebesgeständnis an die Garagenrock-Tage der Band gleich? Als sie noch wild "Red Morning Light" ins Mikro krakeelten und nuschelten? Auf eine Reise der Rednecks zurück in den staubigen Süden lässt jedenfalls der Albumtitel "Mechanical Bull" hoffen.

Die erste Single enttäuscht da bereits ein wenig. Zwar wartet die Nummer mit eingängigem Gesang eines wahrlich ganz gut aufgelegten Caleb Followill auf, doch mit seichter Glockenspiel-Melodie passt der Track viel zu leicht in die Schablonen der Formatradios. Stets auf der Suche nach der großen Hymne (die Kings haben sich für das Album eigens ein eigenes Tonstudio gegönnt) vermisst man die großspurig angekündigte Jugendlichkeit leider zu häufig.

Ach, außer im Text: Der strotzt nämlich nur so vor herrlich pubertären Gedanken zwischen Weinerlichkeit und Inhaltsleere. Gefühlte hundert Wiederholungen der Zeile "Wait For Me" im gleichnamigen Song braucht nun wirklich niemand, das Stück ginge schließlich auch so einigermaßen ins Ohr. Doch die Worte waren die Sache des Followill-Clans nie. Im Idealfall erscheinen diese ohnehin nebensächlich.

Mit "Rock City" assoziiert man allein wegen des Titels schon sämtliche Rock-Sünden der 90er-Jahre. Die Gitarren im Song präsentieren sich dank des großen Effektpedals zugegebenermaßen cheesy. Dennoch steht hier im Endeffekt einer der wenigen energisch dargebrachten Tracks. In diese Kerbe schlägt auch das unterhaltsame Fuck-Off "Don't Matter": uptempo, ungehobelt und neblig.

Die insgesamt etwas gefälliger geratene erste Albumhälfte beinhaltet den kleinen Höhepunkt des Kings-Songwritings im Jahr 2013. "Temple" bleibt zwar, wie alles auf dem Album, hörerfreundlich, liefert aber Straight-Forward-Indierock mit eindeutiger Southern-Attitüde. Die wiederum treten die zwei verspielten Gitarren keineswegs allzu breit.

Trotz vieler "Ohhhs" und bisweilen sogar Streichern ("Comeback Story") verharren die Kings Of Leon nicht mehr da, wo sie noch beim Vorgänger "Come Around Sundown" standen. Ein richtiges Highlight bleibt auf "Mechanical Bull" aus, Gänsehaut-Momente, wie sie allein schon "Pyro" haufenweise bot, gibt es kaum.

So steht am Ende (wen wundert das?) eben auch kein zweites "Youth & Young Manhood", sondern lediglich ein Tanz der Gefälligkeiten, irgendwo zwischen Hitmaschine und dem wirklich jugendlichen, unverkopften Rock früherer Tage.

Trackliste

  1. 1. Supersoaker
  2. 2. Rock City
  3. 3. Don't Matter
  4. 4. Beautiful War
  5. 5. Temple
  6. 6. Wait For Me
  7. 7. Family Tree
  8. 8. Comeback Story
  9. 9. Tonight
  10. 10. Coming Back Again
  11. 11. On The Chin
  12. 12. Work On Me
  13. 13. Last Mile Home

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LAUT.DE-PORTRÄT Kings Of Leon

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20 Kommentare mit 25 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    Aus dem selben Holz geschnitzt, dennoch nicht in die gleiche Kerbe geschlagen. Alternativer, interessanter Artikel zur neuen KoL Platte:
    http://luserlounge.blogspot.de/2013/09/kin…

  • Vor 11 Jahren

    "Ich selbst habe es auf einem KoL Konzert miterlebt als zwei Rosinen, pardon Frauen im mittelhohen Alter, ihre morschen Knochen just nur bei den beiden genannten Songs zum kreisen brachten. Aufmerksam wurde ich deshalb, da ihre Hüfte so laut knacksten, dass einige Organhändler Witterung aufgenommen haben und wie ein Rudel Hyänen um die Damen ihre Balztänze aufführten."
    ..... sehr geiler Artikel

  • Vor 11 Jahren

    Hatte gar nicht mitbekommen, wie groß die inzwischen geworden sind, bis ich ein Plakat für die Kölnarena gesehen habe... aber die machen Placebo und MUSE inzwischen ja auch voll... und Coldplay sogar das Stadion... schon krass.
    Erklärt aber eigentlich nicht, warum die Musik eher auf hohem Level stagniert. Oder eben doch?