laut.de-Kritik

Die Tool-Vergleiche sind passé.

Review von

Es hat sich einiges getan im Hause Klone. Immerhin sind seit dem letzten Album "The Dreamer's Hideaway" drei Jahre vergangen. Die einstigen Prog-Metaller haben mit Metal auf "Here Comes The Sun" nahezu nichts mehr am Hut. Die Progressivität bleibt. Die Qualität ebenso.

Statt wie früher Tool fallen beim Hören des neuen Materials wenigstens mir zuallererst Anathema oder The Chant ein. Auch Porcupine Tree-Feeling kommt immer wieder auf.

Klone setzen auf "Here Comes The Sun" durchgängig auf Low- und Midtempo-Flächen. Die Tracks mäandern behäbig, beinahe psychedelisch voran. Nach und nach setzt die Band dann Baustein um Baustein hinzu. So hält sie zum einen die Grundstimmung jedes Songs aufrecht, verändert ihn dabei kaum wahrnehmbar aber kontinuierlich, sodass sich der Track am Ende doch zu etwas völlig Unerwartetem entwickelt.

Mal gibt eine Melodie den Ausschlag, die sich langsam in den Vordergrund schiebt. Mal ist es ein Percussioninstrument, das das jeweilige Stück unmerklich von Grund auf umkrempelt. Beides demonstriert "The Last Experience" in Vollendung.

Die Grundmelodie läuft in Variationen von Anfang bis Ende durch. Gitarrenspuren legen sich fortwährend ineinander, bilden ein immer dichteres Geflecht. Unter der melancholischen Gesangsoberfläche braut sich mehr und mehr Spannung zusammen. Das Schlagzeug gewinnt an Intensität.

Ein Tamburin löst schließlich den festen Griff und lässt Licht ins Dunkel. Die Gitarren reißen die Wall Of Sound teilweise nieder, steigen auf beharrliches Tremolopicking um. Eine neue Finsternis hält in Form von Synthesizern jedoch unaufhaltsam Einzug. Schließlich entfaltet sich ein noisiger Mahlstrom und saugt die sorgfältig errichtete Post Rock-Landschaft gnadenlos ein.

Trotz aller Feingliedrigkeit, was Harmonie und Vocals betrifft, sowie der Abkehr altbekannter Aggressionen, entwickeln Klone bisweilen unglaubliche Kraft. Das ist vor allem dem variablen Spiel Florent Marcadets am Schlagzeug geschuldet.

Man braucht sich nur einmal den Opener "Immersion" anzuhören. Die erste Minute zugunsten von Arpeggios, leichtem Synthiehintergrund und klagendem Gesang noch gar nicht anwesend, meldet sich Marcadet plötzlich mit wohlplatzierten Schlägen und begleitet von dröhnender Doom-Distortion eindrucksvoll an. Ebensogut versteht er es am Ende, die Wucht langsam wieder herauszunehmen und den Song verhalten ausklingen zu lassen.

"Immersion" wartet außerdem mit der ersten Saxophon-Einlage Matthieu Metzgers auf. Seinen Glanzmoment hat dieser jedoch erst später. Den eigentlichen Abschluss hat "Here Comes The Sun" mit "The Last Experience" schon gefunden. Als Bonus liefern Klone jedoch noch eine Coverversion von George Gershwins "Summertime"-Arie.

Und die hält das zuvor gebotene Level mal locker. Statt den bis dato vorherrschenden, shoegazigen Lântlos-Soundscapes dominiert hier die Reduktion. Akustische Gitarre, Gesang, Saxophon – im letzten Drittel noch einige Streicher. Nicht nur Metzger zeigt hier, was er drauf hat, nein, vor allem ist es Sänger Yann Ligner, der hier noch einmal ganz groß abliefert. Damit braucht er sich auch vor einem Corey Taylor nicht verstecken.

Trotzdem sind es nicht die Einzelleistungen, die in erster Linie hängen bleiben, sondern das Zusammenspiel. Sowohl der Musiker als auch der Stücke. Deshalb hätte es auch wenig Sinn ergeben, aus den insgesamt neun regulären Stücken mehr als zwei zur Beschreibung herauszugreifen. "Here Comes The Sun" ist ein Album, das im Verbund gehört werden muss. Die Songs erfordern Zeit, um sich vollends auszubreiten. Denn erst dann erzeugen sie eine außergewöhnlich intensive Atmosphäre.

Trackliste

  1. 1. Immersion
  2. 2. Fog
  3. 3. Gone Up In Flames
  4. 4. The Drifter
  5. 5. Nebulous
  6. 6. Gleaming
  7. 7. Grim Dance
  8. 8. Come Undone
  9. 9. The Last Experience
  10. 10. Summertime

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8 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    die franzosen haben echt n händchen für progressiven und zugleich extrem groovenden metal, der dann auch mal sehr emotional wird oder (scheinbar) unkontrolliert aufs fressbrett gibt. klone, gojira, trepalium, hacride, (die früheren) dagoba, uneven structure.. alles für mich garanten für geile musik. das, was ich von französischem metal kenne, hat für mich echt durch die bank gütesiegel A.

  • Vor 9 Jahren

    @tinco: kennst du rishloo?

    • Vor 9 Jahren

      Musste gerade mein Gedächtnis auffrischen, aber ja, Eidolon habe ich zu meinen Prog-Hochzeiten damals gehört. Werde die Tage mal ein bisschen in ihren neuen Werken wühlen, allerdings war mir der Gesang immer ein wenig zu theatralisch.

    • Vor 9 Jahren

      find "feathergun", den nachfolger von "eidolon", auch ganz stark,extrem abwechslungsreich. ich mag ja das theatralische an dem gesang und auf "feathergun" wirst du den auch antreffen, aber insgesamt ist er da etwas reduzierter :)

    • Vor 9 Jahren

      in the hotel of california äh the garden of the sun... Kenne beide Alben stimme beiden Seiten zu. Sound und Songaufbau find ich sehr schön aber der Gesang kanns einem schon etwas verleiden. Noch schlimmer in der Beziehung sind für mich The Mayan Factor:

      https://www.youtube.com/watch?v=bkxjPjmUyBQ

    • Vor 9 Jahren

      hehe ^^ ja, "featherguns in the garden of the sun" - absolut starker song. finde allerdings, dass sich theatralik und brodelnde aggressivität im vortrag des sängers perfekt ergänzen und großartig harmonieren mit der musik. the mayan factor: nie zuvor von ihnen gehört. hab mir den song allerdings mal angehört und er gefällt durchaus, ist aber mMn nicht vergleichbar mit rishloo, weder gesanglich noch musikalisch. lässt mich irgendwie an staind denken, die sich an progressiven sounds versuchen, was per se nicht schlecht ist.

  • Vor 9 Jahren

    Wuchtig und clever ohne öde auf der Stelle zu treten...Respekt. Der melancholische Grundton ermüdet nie denn die Franzosen wissen wie man das laut/leise Spiel perfektioniert.