laut.de-Kritik

Herausragendes Konzert im Schatten der Anschläge.

Review von

Für die Tour zum Album "Life On A String" (2001) reduziert Laurie Anderson (vocals, violin, keyboards) ihre ausufernde Studiocrew auf ein Rockbandformat. Live wird sie unterstützt von Skuli Sverrisson (bass), Jim Black (drums) und Peter Scherer (keyboards). Der Tourneeplan führt die Crew am 19. und 20 September 2001 in die New Yorker Town Hall. Wenige Tage zuvor erschüttern die Anschläge auf die Türme des World Trade Center das amerikanische Selbstverständnis. Laurie Anderson entschließt sich trotz dieser Ereignisse, das Konzert stattfinden zu lassen und integriert kurzer Hand einige ihrer älteren Stücke. "Ich habe oft über Verlust, Betrug, Tod, Technologie, Zorn und Engel geschrieben. Ich fühlte mich, als hätte ich die Songs erst gestern geschrieben ... und jetzt singe ich auf einmal über die absolute Gegenwart."

Nahezu prophetisch muten dabei die Textzeilen "Here Come The Planes. They're American Planes. Made In America" aus "O Superman" an, die Laurie bereits 1980 während der Iran-Krise dichtete. "This war is still going on" erklärt sie die zeitlosen Worte mit dem Hinweis auf den weiterhin schwelenden Konflikt zwischen der islamischen und der westlichen Welt.

"Live At Town Hall New York City 2001" würdigt diese herausragenden Konzerte - voller Songs und Hits aus über 20 Jahren - in Form einer Live-CD, die zum ersten Jahrestag des 9/11 erscheint. 95 Minuten voller ergreifender Geschichten bannen die tragische The-Day-After-Atmosphäre auf den Doppel-Silberling. Zu den Versionen der "Life On A String" - Titel gesellen sich "Let X = X" und "O Superman" aus "Big Science", "White Lily" aus "Home Of The Brave", "Strange Angels", "Poison" und "Coolsville" aus "Empty Places" und schließlich "Puppet Motel" aus "Stories From The Nerve Bible".

Die atmosphärische Dichte und die inhaltliche Tiefe machen das Album zu einem absoluten Highlight anspruchsvoller 'Unterhaltung'. Obwohl ich mich fast nicht traue, das Wort 'Unterhaltung' mit diesen Ereignissen in Zusammenhang zu bringen, empfehle ich "Live In New York" allen anspruchsvollen HörerInnen. Vielleicht vermag die Kunst ihren Beitrag zur Lösung dieses Konflikts beizusteuern. Vielleicht sind es gerade die (un-)schönen Sichtweisen und aufrüttelnden künstlerischen Perspektiven, die uns dem erwünschten Weltfrieden ein kleines Stück näher bringen.

Trackliste

  1. 1. Here With You
  2. 2. Statue Of Liberty
  3. 3. Let X = X
  4. 4. Sweaters
  5. 5. My Compensation
  6. 6. Washington Street
  7. 7. Pieces And Parts
  8. 8. Strange Angels
  9. 9. Dark Angel
  1. 1. Wildebeests
  2. 2. One Beautiful Evening
  3. 3. Poison
  4. 4. Broken
  5. 5. Progress
  6. 6. Animals
  7. 7. Life On A String
  8. 8. Beginning French
  9. 9. O Superman
  10. 10. Slip Away
  11. 11. White Lily
  12. 12. Puppet Motel
  13. 13. Love Among The Sailors
  14. 14. Coolsville

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