laut.de-Kritik
Kippas statt Feze.
Review von Mathias MöllerIch stelle mir eine Bar Mitzwah immer so ein bisschen wie eine Kommunion oder eine Konfirmation vor. Die Aufnahme eines jungen Gemeindemitgliedes in die Erwachsenenwelt, erst andächtig im Gotteshaus, danach eher ausgelassen feiernd im Familienkreis. So wie es halt bei mir war. Jonny Wixen hat bei seiner Bar Mitzwah wohl eine denkwürdigere Feier erleben dürfen. Immerhin hat die beste Cover-Band der Welt seine Party ruiniert.
Und Me First And The Gimme Gimmes, die Punk-Supergroup um NoFX-Frontmann Fat Mike, sind in großer Feierlaune. Nach bekanntem Schema covern, nein verhackstücken sie meist bekannte Evergreens, dass es eine wahre Freude ist. Vielleicht bin ja ein wenig bekloppt, aber ich finde die Jungs immer wieder lustig. Nur ein gutes Jahr nachdem sie sich alten R'n'B- und Soul-Hits angenommen haben, wildern die Gimme Gimmes wieder weitgehend wahllos durch den Garten der Musikgeschichte.
So widmen sich die Fünf, die ihre alten Feze gegen Kippas ausgetauscht haben, gleich zu Beginn einem Rockmonster: sie spielen Zeppelins "Stairway To Heaven" als respektlos abgemagerte zweieinhalb Minuten Nummer. Page und Plant sind nicht die einzigen Titanen, die ihr Fett weg bekommen. Endlich wagen sich die Gimme Gimmes wieder an die Beatles und liefern eine erstaunlich gute, wenn auch wenig geprobte Version von "Strawberry Fields Forever" ab.
Auch Billy Joel ist vor den Punk-Historikern nicht sicher, dass A-Capella-Stück "The Longest Time" erweist sich als prima Mitgröhl-Nummer. Geradezu romantisch gerät die Darbietung von "On My Mind". Elvis als wohl bekanntester Interpret würde ganz sicher im Grabe rotieren. Weitere (zweifelhafte) Ehrerbietungen gehen an: Blondie mit dem mäßig spannenden "Heart Of Glass" und diverse hierzulande wohl eher unbekannte Künstler. Oder weiß jemand, wer "Delta Dawn" oder "Come Sail Away" geschrieben hat? Das kann sicherlich vernachlässigt werden, im Vordergrund steht der Spaß, und der ist bisweilen enorm.
Traditionals funktionieren eigentlich immer, wissen auch die Gimme Gimmes. Dieses Mal im Repertoire: "O Sole Mio", natürlich auf italienisch, gut dass sie das nicht auf einer Familienfeier der Cosa Nostra gemacht haben. Des weiteren "Auld Lang Syne", das schottische Allzweck-Lied, dem sich auch schon mal die Hosen angenommen hatten. Natürlich darf eines der bekanntesten jüdischen Lieder, "Hava Nagila" nicht fehlen. Zur Sicherheit singen es Me First And The Gimme Gimmes gleich in zwei Varianten, einmal mit großartiger Offspring-Referenz, einmal als Weihnachtsmedley.
Wer die Geschichte mit der Bar Mitzwah nicht glaubt, soll die CD mal in den Rechner schieben. Empfehlenswert auch die Bonus/Hidden Tracks, die französische Originalversion von "Seasons In The Sun" (ein Jacques Brel-Chanson, wieder was gelernt!) mit Hilfe von Onkel Roger und dann Jonny himself an den Drums beim Beach Boys-Klassiker "Sloop John B". Ein wenig neidisch bin ja schon auf Jonny. Bei mir gab's nicht mal Musik.
Noch keine Kommentare