laut.de-Kritik

Die letzten Schnaufer eines fossilen Rock-Klopses.

Review von

Wer den Namen Meat Loaf hört, assoziiert damit (hoffentlich) dessen fulminanten "Hot Patootie - Bless My Soul "-Auftritt in der Verfilmung der Transen-Oper "The Rocky Horror Picture Show" vor gefühlten 100 Jahren oder sein doch ziemlich legendäres Album "Bat Out Of Hell", das den unumstrittenen Höhepunkt seiner Zusammenarbeit mit dem Komponisten Jim Steinman darstellt.

Schon nach dieser Glanztat mit dem höchst einprägsamen Cover-Artwork wurden die Outputs des Erfolgsduos nach und nach schwächer und kopierten zunehmend die prominente Vorlage. Das Aufregendste in punkto Meat Loaf waren später Meldungen darüber, dass der umfängliche Entertainer immer mal wieder auf der Bühne umkippte, wegen Atemnot oder anderen körperlichen Beschwerden, und sich dann backstage unterm Sauerstoffzelt erholen musste, um die Show zu vollenden.

Neben seiner durchwachsenen musikalischen Karriere betätigte sich Herr Marvin (später: Michael) Lee Aday, so der bürgerliche Name, als Schauspieler in unzähligen Filmen, die nicht alle zwingend unter die Top 100 der bewegten Bilder eingeordnet werden müssen. Nun aber, mit knapp 70 Lebensjahren, wollte es der alte Kämpe noch einmal wissen und präsentiert ein weiteres Album, natürlich wieder unter der musikalischen Regie seines langjährigen Weggefährten Steinman.

Leider stellt sich schon nach den ersten Tönen des (Mach-)Werkes die dringende Frage: "War das wirklich nötig?" Denn schon der Opener "Who Needs The Young", der mit ein paar formelhaften Blues Rock-Riffs startet, um dann in eine Art Kirmesmusik mit Blasinstrumenten abzugleiten, fördert reichlich Magensäure. Das soll natürlich lustig sein, aber wenn dann der 'Gesang' von Meat Loaf zu Schunkelmelodien und 'La la la'-Chören einsetzt, hört man sofort: Diese Stimme ist im Eimer! Aufhören!

Im Folgenden quält sich der arme Fleischkloß mit Hilfe diverser Co- und Background-Sängerinnen, die ihm schon in den Achtzigern zur Seite standen (allen voran Ellen Foley), durch ein unlöbliches Werk voller Schwulst, Bombast und falschen Gefühlen. Mit dem selbst postulierten 'Classical Rock' hat das wenig zu tun, eher mit Musical, Seifenoper und irgendwelcher amerikanischer Unterhaltungsmusik aus den Fünfziger Jahren.

Dazu kommt, dass das Meiste auf dieser Platte unter den Begriff 'Recycling' fällt. Denn Herr Steinman greift auf diverse eigene Kompositionen aus der Vergangenheit zurück, modelt sie um und bringt sie so noch mal verschlimmbessert unter das Volk. Sogar "More", ein Hit mit den Sisters Of Mercy, wird hier nochmals sehr mittelmäßig verwurstet. So kann man es natürlich auch machen. Das größte Trauerspiel ist aber definitiv die Stimme des einst mächtigen Mikrofon-Recken. Die knödelt sich durch die unteren Mitten, ohne Emotion, ohne Kraft und ohne Motivation. Links und rechts von ihm schreien ihn die diversen Ladies an die Wand. Um was es bei all dem geht, will eigentlich keiner wissen.

Vom überlangen und nach Steinman-Art auch überlang betitelten "Going All The Way Is Just The Start (A Song In 6 Movements)" bis zum bitteren Ende quält Meat Loaf sich selbst und seine Fans, so dass die Skip-Taste für jeden aufrechten Rockfan der einzige Ausweg bleibt. Nun gut, das letzte Stück "Train Of Love" reißt noch mal die morschen Knochen zusammen und rockt ganz ordentlich. Leider hat man auch hier den Eindruck, dass dem tapferen Fleischklops gleich endgültig die Stimme versagt. Was für eine Tortur!

Es gibt nur einen Weg, diese Zumutung zu verdauen. Gleich mal die LP "Free For All" des Gitarrenhelden, Hobby-Jägers und sozial-politischen Totalausfalls Ted Nugent hervorkramen und sich von dem jungen Meat Loaf eingesungene Kracher wie "Hammerdown" oder "I Love You So I Told You a Lie" reinpfeifen. Das beruhigt. Ansonsten sollte man tapfer den Mantel des Mitgefühls über "Braver Than We Are" hängen. Klappe!

Trackliste

  1. 1. Who Needs The Young
  2. 2. Going All The Way Is Just The Start (A Song In 6 Movements)
  3. 3. Speaking In Tongues
  4. 4. Loving You's A Dirty Job (But Somebody's Gotta Do It)
  5. 5. Souvenirs
  6. 6. Only When I Feel
  7. 7. More
  8. 8. Godz
  9. 9. Skull Of Your Country
  10. 10. Train Of Love

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11 Kommentare mit 25 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    "Denn Herr Steinman greift auf diverse eigene Kompositionen aus der Vergangenheit zurück, modelt sie um und bringt sie so noch mal verschlimmbessert unter das Volk."
    So kennen wir ihn. Macht er doch seit Jahr und Tag so. Selbst beim zweiten Teil von "Bat Out Of Hell" hat er schon in seine Schatztruhe gegriffen und bereits benutzte Titel aufgefrischt, vor allem von seinem Solo-Opus "Bad For Good", und danach wurde es auch nicht besser.

    Meat Loaf hat bereits früher das Ende seiner Touraktivitäten und Albenveröffentlichungen angekündigt. Spätestens mit diesem Album steht fest: er hätte eine dieser Gelegenheiten für den Abschied nutzen sollen. Waren die letzten Alben schon keine Glanzpunkte in seiner Karriere, so machten sie wenigstens keinen so verbrauchten Eindruck wie "Braver Than We Are". Irgendwie blanke Ironie: die letzten Werke boten einen motivierten Meat Loaf, der sich mit mittelprächtigem Songmaterial rumschlug, jetzt haben wir ordentliches Liedgut, aber einen Sänger, der es nicht mehr meistern kann.
    Warum dieses Album überhaupt das Licht der Welt erblickte, ist mir ein Rätsel. Daß das Ding eine öffentliche, trauerbeflaggte Bankrotterklärung ist, dürfte doch wohl allen Beteiligten klar sein. Aber vielleicht hat der Albentitel in dieser Trotzhaltung seinen Ursprung.
    Gruß
    Skywise

  • Vor 7 Jahren

    Hier bin ich absolut bei der Rezi. Mead Loaf hat den richigen Zeitpunkt zum aufhören leider verpasst. Langweilige Platte, schlecht bei Stimme und ohne Ausstrahlung Vorgetragen. Einzig Train of Love kann man anhören ,.. für nur 10 Songs ist das einfach zu wenig und zwei Sterne zuviel.

  • Vor 7 Jahren

    die platte klingt in der tat so gruselig wie befürchtet. schade :(

    gleichwohl würde ich nicht gar so weit gehen, ihn und steinman auf "bat", "rocky horror" und im weitesten sinne "die 70er" zu reduzieren.

    denn zum einen war "bat" nie so pur steinman/meatloaf, wie beide das gern darstellen. das war auch ein ordentliches drittel todd rundgren drin. ohne den hätten beide auch nicht diesen wurf geschafft.

    später jedoch war meatloaf eben nicht immer nur auf dem absteigenden ast, sondern oft besser als die erwartungshaltung seines publikums. ich erinnere gern an die tolle rock/pop-scheibe "blind before I stop" mit dem grandosen titelsong, dem vielleicht besten meatloaf-track "execution day" und der unwiderstehlich poppigen nummer "gettin' away with murder".

    • Vor 7 Jahren

      ich habe "speaking in tongues" gehört - danach habe ich jegliche erwartungshaltung begraben und schenke mir den rest.
      die review bezieht sich jedoch auf alles von meat loaf "gemachte" und diesbezüglich ist der grundton arg abwertend und negativ geraten, da finde ich die reduktion auch unnötig zu weitgehend.

  • Vor 7 Jahren

    Am besten war Meat Loaf halt noch als Tittenbob in Fight Club.

  • Vor 7 Jahren

    Lief letztens mit meinem "Meat Loaf" T-Shirt durch den REWE-Markt, als ich hinterrücks von militanten Veganern mit einem lokalen Butternut-Kürbis niedergeknüppelt wurde. Überlege, aus Rache in meinem "ISIS" Zip Hoodie und mit einem Kanister Benzin in den örtlichen Alnatura einzumarschieren und zu fragen, ob das Bio Orangensaftkonzentrat denn helal ist.

  • Vor 2 Jahren

    Ja, es ist ganz bitter. Bat und dead ringer sind der soundtrack meiner Pubertät und ich denke es gibt wenige Alben die ich öfter gehört habe als die beiden und die ich als absolut zeitlos einordnen würde. Bat 2, hatte auch seine Momente.... Klar, steinman verkaufte lebenslang den Kuss der ersten Muse, an diverse Bands Sänger, etc., aber bat 2 war keine Enttäuschung. Bat 3 war eine, ohne steinman war es einfach nicht meat loaf und braver than we are ist ein komplett Desaster. Wenn ich hierzu die Rezensionen auf Amazon lese, die irgendwas von hammeralbum und wie früher fabulieren, da frag ich mich, welches Album Amazon da ausliefert...
    Meat konnte seit geraumer Zeit live nicht mehr erträglich singen, hier sogar im Studio nicht mehr. Das ist leider so. Da wo er früher in den emotionalen Phasen der Musik nochmal zwei gänge höher geschaltet hat, und den Rest der Welt an die Wand gesungen hat, wird er hier von Musik und background Sängerinnen schlicht niedergetrampelt und man ist im Bereich der fremdscham und hofft für den dicken, das es vorbei geht. Ganz traurig.
    Ich vergesse das Album hier ganz schnell, am besten mit einem Durchlauf von im gonna love her for both of US... Danke Meat für die guten Zeiten und Rest in Peace,