laut.de-Kritik
Fatalistische Untergangsvisionen der schönsten Sorte.
Review von Michaela PutzSchon mit "11 Dreams" haben sich Mercenary von ihren Death/Thrash Metal-Wurzeln ziemlich weit entfernt und musikalisch weiterentwickelt. Die Richtung, die die Dänen vor zwei Jahren einschlugen, war sehr vielversprechend, mit "The Hours That Remain" beschreiten sie den progressiven Pfad weiter.
Und um eines gleich vorweg zu nehmen: Man sollte sich bei diesem Album die Muße nehmen, intensiver reinzuhören. Denn nur so findet man Zugang zu dem Klanguniversum, das Mercenary dem Hörer eröffnen. Wieder haben sie ein äußerst komplexes Album geschaffen, das souverän unterschiedliche Einflüsse vereint. Vom progressiven Aspekt gesehen tun sich da Vergleiche mit Opeth auf. Aus der musikalischen Warte findet man Parallelen zu Nevermore, aber auch zu Soilwork und ähnlichen vom Göteborg-Sound beeinflussten Acts.
Gedanken haben sich die Dänen nicht nur klangtechnisch gemacht. "The Hours That Remain" ist die Chronik der Degeneration der menschlichen Rasse. Das Album stellt neben der Sinnlosigkeit unserer Existenz die Einflüsse dar, die uns Menschen weitertreiben auf unserem Weg zur Selbstzerstörung. Die Thematik erschließt sich in melancholischen und teilweise fatalistischen Songs, die nicht selten die Sechs-Minuten-Grenze sprengen.
Mercenary mischen melodischen Death Metal mit klassischem Heavy Metal, Thrash Metal und Prog-Einflüssen. Martin und Jakob überzeugen ebenso an den Gitarren wie Mike an den Drums. Das Keyboard spielt dabei auch keine unwesentliche Rolle. Über all dem bewegt sich die wendige und ausdrucksstarke Stimme Mikkels, die sich mal warnend, mal sentimental über die Songs erhebt.
Besonders schön kommt die Stimme in "My World Is Ending" zum Einsatz. Shouts und Death-Grunts kommen auch auf "The Hours That Remain" vor, werden aber sparsamer eingesetzt als in der Vergangenheit. "My Secret Window" erinnert nicht nur wegen seiner Melodie, sondern auch auf Grund des Gesangs an In Flames. Apropos Gesang, mit Soilworks Björn "Speed" Strid und Heaven Shall Burns Marcus Bischoff hat man sich zwei Gastvokalisten an Bord geholt.
Bassist und Sänger Henrik "Kral" Andersen hat die Band vor den Arbeiten am neuen Album verlassen. Deshalb spielt Jacob Hansen (Invocator) den Bass ein. Und weil es beim letzten Mal so schön geklappt hat, zeichnet er wieder als Produzent verantwortlich. Das Cover, das Assoziationen an Dalís "Die Beständigkeit der Erinnerungen" auslöst, hat Travis Smith (Death, Opeth, Katatonia) gestaltet. Damit setzt sich die Thematik auch im Artwork fort. Zu der Limited Version von "The Hours That Remain" gehört auch eine DVD, die Einblick gibt in den Entstehungsprozess des Werkes und einen Live-Auftritt beinhaltet.
Mit ihrem neuen Album haben Mercenary ein komplexes Werk geschaffen, das für den aufmerksamen Hörer auch nach mehreren Durchläufen noch so einige interessante Detail bereithält. "Stopp! Haltet einen Moment inne und genießt den Augenblick, denn es könnte der letzte sein", macht die Aussendung von Century Media aufmerksam. Diese Scheibe ist Argument genug, in den letzten Stunden der Menschheit Mercenarys Untergangsvisionen Gehör zu schenken.
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