laut.de-Kritik

Religionsunterricht von und mit Paddy Kelly.

Review von

Vergangenes Jahr trat Michael Patrick Kelly endgültig aus dem Schatten seiner Familie. "Human" kam gut an und zeigte den Künstler als ausgereiften Songwriter. Nur ein Jahr später legt der Ire das spirituelle Album "Ruah" (hebräisch für 'Geist') vor. Kelly lebte sechs Jahre lang in einem katholischen Kloster im Norden Frankreichs in Abgeschiedenheit. Der Longplayer gewährt Einblicke in diese religiös geprägte Zeit.

Der Titeltrack mit dem dazugehörigen "Prologue" ist als Einstieg gut gewählt: Mit mythischen Klängen und fließendem Rhythmus besingt Kelly den Heiligen Geist, auf dass er ihn zu Höherem mitnehme. Zurückhaltend und zärtlich tröpfelt die darauffolgende Single "I Have Called You", die von einer bedingungslosen Liebe des Herrn erzählt.

Fast im jedem Songtitel geht es um Religion und Spiritualität. Bei der berührenden Ballade "Don't Judas Me" geht es natürlich um Verrat. In "Abba! Father!" ruft Kelly lautstark den Herrn an, wobei 'Abba' aus dem Aramäischen stammt und die persönliche Anrede Jesu an seinen Vater und Schöpfer bedeutet. "Agape" ist ein christlicher Begriff und steht für die göttliche Liebe - in diesem Song dankt Michael Patrick Gott und schwört ihm seine Treue. Im Refrain funkelt dann aber doch ein klein wenig die Lagerfeueratmosphäre der Kelly Family durch.

Dennoch: Bisher gestaltet sich Michaels Religionsstunde nicht besonders mitreißend, schon eher fad: Kelly bricht nie aus seinem soften Singer/Songwritertum aus. Zum Glück hat der Glaubensbruder aber noch drei interessantere Stücke im Gepäck.

Etwa das komplett auf gälisch gesungene "Seinn Aililiú". Kellys halliger Gesang, eine Italo-Western-Gitarre und sphärische Synthies erzeugen eine elysische Atmosphäre. Wenn im Refarin dann Schlagzeug und Chor im einsetzen, ist Gänsehaut angesagt. Sogar Assoziationen zum Thema des Fanatasy-Videospiels "ICO" werden wach.

Dann die auf französisch vorgetragene Eloge "Ô Prends Mon Âme", was so viel bedeutet wie 'Oh, nimm meine Seele'. Kelly singt samtig weich und unaufgeregt, Gitarre und Glockenspiel erklingen behutsam im Hintergrund, seine gehauchten Vocals bannen den Hörer fast vier Minuten lang.

Den Abschlussstück "Salve Regina" singt Kelly gar auf Lateinisch. Ein versöhnlich verträumtes Arrangement mit Gitarre und Piano sowie die gute Stimme des Sängers beenden seine ganz persönliche Religionsstunde.

Man muss Kelly zugute halten, dass er mit "Ruah" unterm Strich weder ein überkandideltes noch ein 'Kinderbibelwochenende-Tralala'-Album aufgenommen hat. Die Platte verbreitet Intimität und Wohlklang – soweit man sich auf die religiöse Thematik eben einlassen kann.

Trackliste

  1. 1. Prologue
  2. 2. Ruah
  3. 3. I Have Called You
  4. 4. Walk The Line
  5. 5. Don't Judas Me
  6. 6. Seinn Aililiú
  7. 7. Abba! Father!
  8. 8. Holy
  9. 9. Ô Prends Mon Âme
  10. 10. Agape
  11. 11. Salve Regina

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