laut.de-Kritik
Rap-Schwergewichte, verschollene Talente und ein Meisterproduzent.
Review von Alexander SeltenreichDer Hamburger Produzent Monroe war bereits für nahezu alle namhaften deutschen Rapper an den Reglern tätig und hat spätestens mit seinem ersten Album "Your Favourite Rappers' Favourite Producer" die Messlatte für Rap-Produktionen in Deutschland verdammt hoch gelegt. Und wenn man Eko Fresh auf der ersten Video-Single "Deine Chance" glauben darf, geht es auf dem vorliegenden Nachfolgewerk noch weiter nach oben: "Das ist kein Album mehr, das ist ein Movement".
Der Unterhaltungswert von Producer-Alben hängt bekanntlich stark von der Auswahl der Künstler ab, aber das Line-Up von "Movement" könnte kaum spannender ausfallen: Neben den unangefochtenen Schwergewichten Curse, Samy Deluxe, Eko Fresh und Olli Banjo featuret Monroe viele weitere etablierte Rapper wie Jonesmann, Jeyz, Ercandize, Laas Unltd und Pal One.
Darüber hinaus holt Monroe verschollene Talente wie Separate, Sentino und Illo zurück ins Studio und lässt Snaga & Pillath endlich wieder gemeinsam auf einem Track scheinen. Für Auflockerung in den Hooklines sorgen unter anderem Xavier Naidoo, D-Flame, Rapsouls CJ Taylor, Jenga, Kaled Ibrahim und der ehemalige DSDS-Kandidat Dennis Haberlach.
Angesichts einer solch vielseitigen Zusammenstellung drängt sich die Frage auf, ob die Tracks einzeln und in ihrer Gesamtheit ein stimmiges Bild ergeben. In diesem Fall lässt sie sich mit einem lauten und eindeutigen "Ja!" beantworten. Die gewählten Kombinationen funktionieren trotz verschiedenster Stile und Wurzeln der Künstler in unterschiedlichen Städten und Szenen: Hamburg trifft auf Frankfurt, auf München, auf Berlin, auf den Ruhrpott, alles passt zusammen und bleibt in der Summe konsistent.
Gemessen an herkömmlichen Rap-Platten lassen Producer-Alben oft thematische Abwechslung vermissen und leiden unter einer Überdosis Battle- und Representer-Tracks. Auch hier überzeugt "Movement": Neben der obligatorischen Selbstverherrlichung und den genre-typischen Punchline-Gewittern, Spitter-Orgien und Party-Tracks geht es inhaltlich auch ordentlich in die Tiefe.
Thematisiert werden unter anderem die teilweise gravierenden Unterschiede zwischen Schein und Sein (in "Gegensätze" mit Curse, Salomon und Pal One), Lebensplanung und Zukunftsängste (in "Fluchtinstinkt" mit Rheza und Salomon), vorschnelle Urteile (in "Woher" mit Jeyz und Illo) oder die richtige Balance zwischen Exzess und Vernunft (in "Nein" mit CJ Taylor und Curse).
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang sicher der sehr gelungene Track "Grosses Problem", in dem ein selten so reflektierter Samy Deluxe bedingungslos ehrlich die Geschichte seiner Liebe zu zwei Frauen erzählt, von Xavier Naidoo in der Hook ein knallhartes "Du hast wieder Scheiße gebaut" reingedrückt bekommt und am Ende reuevoll alleine dasteht: "Warum fühl ich mich wie'n Loser, wenn man sowas Player nennt?".
Sehr überzeugend gerät "Money On My Mind", auf dem Sentino von High Life und nonstop Geld ausgeben träumt, Dennis Haberlach dagegen zum Zurücklehnen und Lockermachen aufruft. Dabei bewegt er sich dabei überraschend gut auf Justin Timberlake-ähnlichem Terrain, was einen willkommenen Kontrast zu den im deutschen Rap oft schwermütigen gesungen Hooks darstellt und ihn garantiert zu einem gefragten Gast auf kommenden deutschen Veröffentlichungen macht.
Die Arbeit von Producer Monroe selbst bleibt vom Niveau her in Deutschland einzigartig. Weit entfernt von einfachen Loops samplet er wahlweise warme Soul-Musik, dramatische Streicher, hochgepitchte Hair Metal-Songs oder Kinderlieder und kombiniert diese mit druckvollen Synthies und organischen Sounds.
Gepaart mit ausgefeiltem Drum-Programming offenbaren die Arrangements mit etlichen Variationen und zusätzlichen Spuren sehr viel Liebe zum Detail, oft mit einem leichten Hang zum Epos. Monroes Produktionen sind musikalisch verspielt und vielseitig, dabei aber durchgehend sehr stilsicher.
Allerdings lässt sich gerade bei Produzenten ein Vergleich mit dem momentanen Stand der Dinge in Übersee nicht vermeiden. Hier fällt unweigerlich auf, dass der Sound von Monroe mitunter stark an das doch einige Jahre zurückliegende "The Blueprint" von Jay-Z, die besten Zeiten von Dipset und den in beiden Fällen prägenden Über-Produzenten Just Blaze sowie den von Dr. Dre und Eminem geprägten Aftermath-Sound erinnert.
Einen originellen Track vom Kaliber seines Oberbretts "Monstershit" (für Kool Savas & Azad) sucht man auf "Movement" leider vergeblich, vermutlich weil die entsprechenden Beats für die nächsten Singles von Deutschlands Rap-Elite zurückgelegt wurden.
Schöne Beigaben zum Haupt-Album sind die "Best Of Monroe" Mix-CD von DJ Kitsune sowie der Bonus-Track "Pianoman", auf dem die Producer-Kollegen Phrequincy, Kingsize, Shuko und Tai Jason am Mic stehen.
Etwas nachdenklich gestimmt in meiner abschließenden Bewertung hat mich außerdem der am Ende der Mix-CD versteckte Bonus-Track mit den Underdogs Big Parda, Baba Rey und Silas - bei den über einen Contest eingereichten Parts für "Deine zweite Chance" fällt auf, was den selbstsicheren und etablierten Rappern aus der ersten und zweiten Reihe mittlerweile etwas abhanden gekommen ist: Hunger, der unbedingte Wille, alle anderen auf einem Track mit den eigenen 16 Bars zu killen.
Zusammenfassend bleibt "Movement" ein rundum gelungenes und sehr starkes Album, das im deutschen Rap mit Sicherheit zu den wichtigsten Veröffentlichungen des Jahres und generell zu den besten deutschen Produzenten-Alben überhaupt gehört. Allerdings spielte Monroe insgesamt etwas zu sehr auf Sicherheit, womit mir letztlich der nötige Charme fehlt, um die Höchstwertung zu vergeben.
16 Kommentare
eine compilation voller wack mc's
Furchtbares Album..
Das Rapperaufgebot finde ich eigentlich ganz brauchbar... Habe nur nach wie vor eine Hemmschwelle, was Producer-Alben angeht. Außerdem ist Monroe für mich höchstens Durchschnitt
Nun ja, Sentino hatte mit "Ich bin deutscher Hip-Hop" einen guten Track (+geniales Video) und Samy kann es ja noch, er bringt es nur eben nicht mehr so rüber, wie es die Fans von früher möchten. Laas und Banjo sind immer wieder mal gut und Eko ist ohne seinen komischen Akzent auch hörbar; mir gefiel seine neue EP überraschend gut. Seperate war ja auch brauchbar, als es noch Kinder des Zorns gab. Der Rest ist natürlich wack, bis auf Illo, der auch ein zwei gute Tracks machte (eben wie Sentino). Dass man Leute wie CJ Taylor, Jeyz, Jonesman etc. nicht braucht, sollte jedem klar sein.
@Pip (« Habt ihr überhaupt mal reingehört? Habe selten ein so detailverliebtes Album gehört. Jeder Künstler wird entsprechend seiner Stärken in Szene gesetzt. Ich konnte mit Eko lange gar nichts anfangen und hier explodiert er auf einmal wieder. Snaga und Pillath zerlegen alles und auch Sentino hab ich noch nie so stark gehört. Jeder Beat ist ein Brett. Kein einziger Ausfall. Nehmt mal den Stock aus dem Allerwertesten und traut euch ruhig jemandem auch mal Respekt zu zollen. Dabei bricht einem überraschenderweise kein Zacken aus der Krone. Wenn eine Rap Platte 2010, dann die hier. »):
Hey, ruhig Blut, Monroe.
na die nordlichter ledern hier ja ganz schön ab... so negativ würd ichs auch nicht sehen, vor 3-4 jahren wäre das noch die creme de la creme des deutschrap gewesen(so mittelmäßig es auch war/ist)