laut.de-Kritik
Zum Abschied des Sängers gibts eine halbgare Scheibe.
Review von Ulf KubankeMal wieder ein Lebenszeichen der schottischen Hardrock-Pioniere um Frontman Dan McCafferty. "Rock'n'Roll Telephone" ist möglicherweise das letzte Album in gewohnter Form. Der Sänger zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Band zurück. Zum Abschied gibt es elf neue Tracks und einen zwiespältigen Eindruck.
McCaffertys an John Fogerty erinnerndes Organ klingt tatsächlich noch so rauh wie nach dem Konsum von einer Mischung aus Whisky und Reißnägel. Der Charme und das Feuer der Leidenschaft hört man ihm in jeder Minute an. Sein ehemals Ehrfurcht gebietendes Volumen hingegen versprüht nicht mehr ganz den Glanz früherer Tage. Doch daraus mag man dem Rock-Recken kaum einen Strick drehen. Grund ist seine chronisch obstruktive Lungenkrankheit, die er auch als Motiv für seinen Ausstieg angibt.
Kompositorisch reicht diese Platte nicht mal entfernt an die Großtaten der einflussreichen Combo heran. Die Intensität ihrer Frühwerke oder der tollen 1989er Comebackscheibe "Snakes'N'Ladders" bleibt auf Gesamtlänge leider unerreicht. Bei zu vielen Stücken von der Abschiedstorte kommt die Sahne aus der Sprühdose. Routine statt Frische.
Dabei geht es erst gut los. "Boom Bang Bang" ist ein schicker Stampfer mit wuchtigem Gitarrensalat und angemessen rotzigen Vocals. Auch das ebenso knochige wie anachronistisch knuffig benannte Titelstück überzeugt. Das Rasierklingen gurgelnde "Not Today" kommt sogar richtig dreckig aus den Boxen.
Dem gegenüber stehen leider genauso viele Langweiler der altbackenen Sorte. Allerweltslieder wie "Long Long Time", "Back 2b4" oder "Wanna Feel Good" sind an erschreckend sedierender Belanglosigkeit kaum zu unterbieten. Keine Spur der Intensität ihrer alten und zu recht großen Hits. Andere Veteranen-Kollegen wie etwa aktuell Magnum oder der in Würde reifende Russ Ballard - haben die Nase hier um Längen vorn.
Etwas wehmütig hofft man auf die alte Stärke ihrer intensiven Balladen. Man möchte McCaffertys Schwanengesang so gerne mögen. Doch "The Right Time" und erst recht das furchtbare "Winter Sunlight" erinnern in ihrer tumben Inspirationslosigkeit eher an Rausschmeißersongs einer mediokren Schlagerparty als an schicke Schmachtfetzen wie "Love Hurts" oder "Dream On". Alles mehr gut gemeint als gut gemacht. So verkommt der Fortgang des Nazareth-Sängers leider zur zweitklassigen Show-Nummer, die den Hörer doppelt wehmütig zurück lässt. Zur Erinnerung an Nazareth in Hochform lieber mal wieder das fett rockende "Animals" von der obig erwähnten 1989er Platte auflegen.
Noch keine Kommentare