Stimmt. Er ist außerdem ein sich selbst überschätzender Verschwörungstheoretiker ohne Freunde.

Friedberg (dani) - "Alles auf Null", verkündete Kollegah am Sonntag in einem neuen ... nun, ja ... wollen wir es "Statement-Video" nennen? Gedreht offenbar von einem Sehbehinderten in des Bosses Turnhalle, lässt Felix Blume vier Minuten lang wissen, was alles so anstehe, im Hause Alpha: "Heute ist Sonntag, wir sind im Studio. Wir sind den ganzen Tag am Arbeiten, seit ... GESTERN." Irre beeindruckend. Das Ergebnis gerät entsprechend ... öh ... ach, seht selbst:

"Eins sag' ich euch", droht Felix Blume da zur Begrüßung. "Das hier ist ein Neuanfang auf diesem Channel." Ganz ohne Zweifel handelt es sich um einen neuen Tiefpunkt: Kollegah lotet bisher unbekannte Dimensionen der Selbstdemontage aus.

Von der unterirdischen Qualität der Aufnahme über das komplett unstrukturierte Setting bis hin zu den verhaspelt vorgetragenen, hanebüchenen Ansagen wirkt der ganze Clip, so man denn noch ein wenig Mitleid aufbringen kann, wie ein Hilfeschrei ... und jetzt "MACH DIE TÜR ZU!"

"Mach die Tür zu!"

Die Leute sollen nämlich hören, was der verwirrte Mann sagt, der sich offensichtlich allen Ernstes noch für den Messias der (ohnehin reichlich dubiosen) Coachingszene hält, sich aber vier Minuten lang in einer Weise unprofessionell präsentiert, dass sich wirklich nur sehr unterbelichtete, sehr verzweifelte oder sehr unterbelichtete UND verzweifelte Kinder von diesem Typen den Weg weisen lassen würden.

Um die Widersprüche nicht zu sehen, die in Kollegahs Worten Ringelreihen tanzen, bräuchte man schon ein extrem dickes Brett vorm Kopf. "Ich hab' zwei Persönlichkeiten, ihr habt nicht mal eine", bricht er gleich zu Beginn eine Grundregel. Publikumsbeschimpfung - immer eine gute Idee, wenn man jemandem etwas beibringen möchte.

Wen er mit seiner Tirade ansprechen will, hat sich Felix Blume offensichtlich nicht so richtig überlegt: seine "Alphas", die "auch meine Familie" sind? Oder den ganzen Rest, "die alle nicht wissen, wie es geht"?

Das Konzept "ihr seid alle Alphas" erscheint ohnehin einigermaßen unausgegoren: Was Anführertum wert ist, wenn jeder nur anführen und keiner mehr folgen will, darüber könnte man sich eigentlich einmal einen halben Gedanken machen, wenn schon nicht über Raumaufteilung. "Deswegen steh' ich an eurer Seite", wahlweise auch "hinter euch", "wenn ihr mir folgt."

Verstehe. Kollegah will Follower. "Ich will keine Follower! Ich will, dass ihr alle Führungspersönlichkeiten seid!" Führungspersönlichkeiten wie die duckmäuserischen Homies, die entweder ratlos im Hintergrund herumstehen oder übersprungshandlungsmäßig ein paar Hanteln stemmen oder auf einen Boxsack eindreschen - bis ihr Boss sie anherrscht: "HÖR MAL AUF ZU BOXEN!"

Stabil seit Tag eins?

Kollegah, nämlich, hat sein Team ausgetauscht. "Ich hab' mich getrennt von den ganzen Fotzen, die mich negativ beeinflussen wollten." "Hyänen" seien das alle gewesen (solche von der seltenen brotfressenden Sorte), die alle nur darauf aus waren, sich an den Krümeln zu laben, die vom Tisch des Bosses abfallen. "Aber die kriegen gar nix mehr. Nur die Stabilen, die seit Tag eins mit mir sind."

Interessante Erkenntnis am Rand: Man kann Kollegahs Karriere verfolgt haben, seit er, ein äußerst unbeholfener Newcomer, als Voract von Prinz Pi und K.I.Z. auf der Bühne stand, ohne dass einem ein einziger dieser "Stabilen seit Tag eins" jemals begegnet ist. Kein Wunder, diese Buben dürften damals um die fragliche Uhrzeit schon im Bett gelegen haben.

Asche is' am Start

Egal, zumindest eins seiner unbekannten Schoßhündchen, mit denen er "eine Tour dieses Jahr" spielen wird, "die alles zerbersten wird", stellt Kollegah namentlich vor: "Asche is' am Start." Öh, wer? "Im Oktagon hat er schon alles zerstört, jetzt wird er diese Rapszene zerficken." Wenn das nicht nach Drohung klingt ... Hoffentlich muss Kollegah dann nicht wieder über das Wetter und die Unzumutbarkeiten des Backstagebereichs greinen, wie gerade erst beim Vibez-Festival.

"Ich hab' 'ne Verantwortung!"

Doch ein echter Alphaboss nimmt natürlich diverse Unbequemlichkeiten für die Seinen auf sich: "Ich hab' überlegt: Ziehste dich zurück, machste bisschen Familie." Das hätte ihn vielleicht auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, aber nein: "Ich hab' 'ne Verantwortung", glaubt Kollegah.

Weswegen er sich berufen fühlt, seinen Jüngern diesen Bären aufzubinden: "Jeder da draußen hat das Zeug zum Genie. Zum Star. Und zum Übermensch. Und dieses Potenzial musst du entdecken, fördern, das Feuer entfachen. Alpha!"

Woher er das weiß? "Ich bin mehr als ein Rapper. Ich bin mehr als ein Musiker." Ja. Du bist auch ein geltungssüchtiger, sich permanent selbst überschätzender, paranoider Verschwörungstheoretiker, der in seinem Umfeld wirklich gar niemanden mehr zu haben scheint, der ihm den guten Rat hätte geben können, dieses Video doch vielleicht besser nicht zu veröffentlichen.

Die Eier, seinem "Boss" zu stecken, wie wenig "bosshaft" rüberkommt, wenn man sich in jedem Satz widerspricht, verstolpert oder beides, hat aber wohl niemand der "Alphas", mit denen sich Kolegah umgibt. Die kläffen lieber wie gut abgerichtete Hunde brav nach, was er vorgekaut hat: "Jungs, was ist das?" "Das ist Alpha." Nein, das ist peinlich.

Fotos

Kollegah

Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Kollegah,  | © Selfmade (Fotograf: Laion)

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