Die Liveshows starten mit Social-TV-Getöse und Rocket Man Andreas Kümmert als haushohem Favoriten.
Konstanz (mis) - Jaaaa, Liveshows, endlich! Liveshows? Was ändert sich da eigentlich, außer dass die Gesangsleistungen nun wirklich in Echtzeit beim Zuschauer ankommen? Vor allem der showtechnische Firlefanz. Erst nachdem man die auf drei Stunden aufgeblasene Mammutshow hinter sich hat, bemerkt man den fast schon demütigen Sendungsaufbau der bisherigen "Showdowns" und "Battles".
Die Zeichen der "The Voice"-Endrunde stehen einmal mehr auf Crossmedialität. Da der TV, dort der Second Screen, hier die App mit Hintergrundinfos und da noch ein Chat mit den Künstlern, die selbstredend in der "Web-Lounge" auf nichts anderes warten, als dass die Zuschauer endlich via Twitter und Facebook Fragen stellen oder Motivation spenden. Schöne neue Medienwelt. Wer bremst, verliert.
Stimmungsbarometer misst die Vibes zuhause
Zwölf Kandidaten traten in der ersten von vier Liveshows an, drei pro Coaching-Team (Nena, Max Herre, The BossHoss, Samu Haber). Die drei Teamkollegen singen direkt hintereinander mit einem selbst gewählten Song und die Coaches vergeben anschließend 20, 30 und 50 Prozent. Obendrauf kommen dann die Zuschauervotings. Das Talent mit der höchsten Summe ist weiter, zwei müssen gehen.
Natürlich konnte man bereits um etwa 20.20 Uhr für die Kandidaten anrufen, also bevor man diese überhaupt alle zu Gesicht bekommen hatte und ein "Stimmungsbarometer" fing via Web-Voting sofort nach einem Auftritt die Stimmung zuhause auf, bei uns also, die wir uns kaum entscheiden konnten, wo wir zuerst hingucken oder klicken sollen.
Judith van Hel triumphiert bei Samu
Kurz: "Die Stimmung ist unüberspürbar", wie Moderatorin Doris Golpashin stellvertretend für uns alle festhält. Also rauf auf die Bühne mit Samus Kandidaten: Tesirée Priti singt ausgerechnet "Wrecking Ball" von Miley Cyrus und macht damit wenigstens ihren Coach glücklich, denn der singt begeistert mit. Ansonsten zeigt Priti keinerlei Interesse an Werktreue: Keine Zungenspiele, keine dämliche Abrissbirne und ein betont hochgeschlossenes Bühnenoutfit. Dafür tanzen die Backgroundtänzer oben ohne.
Judith van Hel singt Frankies "The Power Of Love" irgendwie emotionslos runter und hat einmal auch mit der Tonhöhe zu kämpfen, während sich Nilima Chowdhury an Silbermonds "Symphonie" versucht, ohne das wohl kein Casting-Format in diesem Land auskommt. Samu verteilt 50% an Judith, die dann auch die Gunst der Zuschauer einheimst. Uff!
17-jährige Debbie Schippers im Halbfinale
Mal schauen, was im Web-Chat so abgeht: "Weiß jmd wie man abstimmen kann? Mit diesen Prozenten?", "diese nilima war so schlecht, ich musste meine ohrhörer aus den ohren nehmen, so grausam war das", "Hammer Freistoß vom HSV", "Ich guck das eigentlich nur wegen Samu", "samu sihet müde aus", "I LOVE SAMU!!!! WER FINDET ES GENAU SO DER SCHREIBT EINMAL BITTE 1234567890 im chat hin." Und jetzt redet Samu endlich auch über seinen Höhepunkt, aber leider reagiert er nicht auf seine Fans im Netz, sondern spricht über seine Kandidaten, die ihm einen "Music Explosion Orgasmus" beschert hätten.
Im Team BossHoss musste David Whitley ran, der ehemalige Gesangslehrer von Max Herre, Joy Denalane und Cassandra Steen. In "When Love Takes Over" (David Guetta feat. Kelly Rowland) konnte er jedoch nicht recht zeigen, was er drauf hat. Soulröhre Anina Schibli machte ihre Sache bei "Seven Nation Army" in der smoothen Barjazz-Version von Ben L'Oncle Soul recht gut, doch am Ende triumphiert die mit 17 Jahren jüngste Teilnehmerin Debbie Schippers mit ihrer "Nobody Knows"-Version von Pink.
Tiana Kruskic metzelt Jacko nieder
Bei Nena durfte man sich im Vorfeld fragen: Wird sie Nader Rahy, den Gitarristen ihrer eigenen Band, seinen zwei Konkurrenten nicht automatisch vorziehen? Zumal er mit Led Zeppelins "Kashmir" und Totenkopf-Applikation am Mikroständer aufwartete und damit so ziemlich das Gegenteil zielgruppengerechter Stangenware für das SAT.1-Kochpublikum mitführte. Sein Vortrag war absolut in Ordnung, wenngleich er den Song wohl auf seine Stimmlage transponiert hat.
Laura Kattans "Sunrise" hatte man schneller vergessen, als es verklungen war und dann kam Tiana Kruskic, die offenbar dachte, mit einer völlig hanebüchenen Bonnie Tyler-Powerrock-Version von Michael Jacksons "Bad" bei Nena landen zu können. Falsch gedacht: Kruskic landete nicht nur bei Nena, sondern auch beim Studio-Publikum und den Stimmbeteiligten am TV einen Volltreffer. Lediglich das vor der Abstimmung eingeblendete Stimmungsbarometer zeigte Kruskic mit 49 Prozent den bis dato schlechtesten Wert.
Rocket Man längst am Firmament angekommen
Und Max Herre? Der hat den Rocket Man Andreas Kümmert. Warum die bemitleidenswerten Violeta Kokollari und Katharina Schoofs überhaupt angetreten sind, dürfte in den Knebelverträgen der Sendung detailliert erklärt sein. Kokollari versemmelte dann leider gleich die tiefen Töne am Anfang der London Grammar-Nummer "Strong" und Schoofs sang beinahe schon schicksalsergeben einen netten Maxim-Song.
Dann kam Kümmert mit "If You Don't Know Me By Now" und abermals fragte man sich, wo in diesem Land die Kneipen sind, in denen Leute wie er vor volltrunkenen Barflies ihr Talent verschleudern. Herres 50 Prozent waren ihm schon nach der ersten Strophe so sicher wie der spätere Sieg. Sein Durchmarsch ins Finale ist bereits jetzt nur noch Formsache.
Und wen es noch interessiert, warum nicht der letztjährige "The Voice"-Gewinner Nick Howard zu Beginn der Show aufgetreten ist, sondern dessen Vorgängerin Ivy Quainoo: Howard tritt morgen in "The Voice of China" in Peking auf - vor etwa 75 Millionen Zuschauern.
7 Kommentare mit 4 Antworten
Der Rocket Man ist echt unfassbar...was ne Stimme!
Ja das stimmt habe ich gestern gesehen beste Stimme seit langem !
Reinhören lohnt sich !
http://www.youtube.com/watch?v=3xLhllOyAsM
Ja, das ist stimmlich große Klasse, aber man muss solche Lieder erstmal schreiben (Elton John) oder zumindest jemanden im Hintergrund haben (Bernie Taupin), der einem dabei unterstützt.
Sogar jmd. der musikalisch imitiert ist und kaum singen kann wie Katy Perry, kann ein Weltstar werden ... Stimme ist eben nur Beiwerk. Entweder kannst richtig was, arbeitest dich den Weg nach oben oder du hast das richtige Vitamin B (bzw. hast dich nach oben gevögelt wie im Fall von Katy Perry wohl nur denkbar).
imitiert ist gut Play on words...
In CHina ist grade ein Sack Reis umgefallen!
Rocketman ist schon der Sieger, wer soll ihn stoppen?
Am schlimmsten an der Sendung ist, dass dieses sich immer schlimmer multimedial verbreitende Denglisch auf neue Höhen getrieben wird. Da meinte doch die eine Kandidatin (ach, ne ist ja ein jetzt auch ein "tällent" auf neudeutsch) doch glatt, sie sei so froh, dass die Nena sie doch noch vom anderen Team "ge-stealt" hatte. Oh, Mann ...
Was gäbe ich drum, wenn diese verstandsbetäubende Scheiße endlich aus dem Fernsehen verschwinden würde...
!