laut.de-Kritik

Nach 50 Jahren hört man das Alter.

Review von

Ob in Neil Youngs Crazy Horse, Bruce Springsteens E Street Band oder Ringo Starrs All Star Band: Nils Lofgren mischt schon lange in der US-amerikanischen Rockszene mit. Auf Solopfade begab er sich 1975, seitdem veröffentlicht der nun 72-jährige Sänger und Multiinstrumentalist regelmäßig neue Alben. Auf "Mountains" zeigt sich, dass sich seit den 70ern wenig in seinem Sound getan hat, seine Stimme allerdings mit ihm gealtert ist.

Ebenso fehlt die Innovation, wie man bereits in "Ain't The Truth Enough" erkennt. Das Lied würde sich gut für einen Film machen, der im Mittleren Westen der USA spielt, ansonsten hat es aber wenig zu bieten - trotz Ringo Starrs Drumming auf dem Track. Während die Strophen von "Only Ticket Out" ähnlich fade ausfallen, gibt es im Refrain wenigstens noch eine Hintergrundmelodie und Backgroundgesang dazu. Beide überschattet aber Lofgren, der die Töne so rausquetscht, als könne er seinen Kiefer nicht mehr richtig öffnen.

Im Bruce Springsteen-Cover "Back In Your Arms" wird der lustlose Gesang noch mehr offenbar, da der Howard Gospel Chor stimmlich mehr anbietet, über den Lofgren aber wieder nuschelt/singt. "Won't Cry No More (For Charlie Watts)" macht schon mehr Spaß, da seine Gitarrenarbeit, die er auch nach mehr als 50 Jahren noch versteht, im Vordergrund steht. Mit dem bisher aufgewecktesten Song zollt er dem 2021 verstorbenen Stones-Schlagzeuger Tribut.

Von einem großen Musiker zum nächsten: Auf "Nothin's Easy (For Amy)" teilt er sich den Platz am Mikrofon mit seinem Kumpel Neil Young, auf dessen Werken er erstmals 1970 ("After The Gold Rush") erschien. "Nothin's easy 'cept you / you're the light shining through / As I walk the hurt in this world, nothin's easy, 'cept you", singen die beiden im Song, der Lofgrens Frau gewidmet ist, während eine Slide-Gitarre den Zeilen Ausdruck verleiht.

"Dream Killer" spielt mit einem sehr ähnlichen Rhythmus wie "Only Ticket Out" und der Leichtigkeit der hellen Rhythmus- und der Leadgitarre, die immer wieder Melodien einstreut. Auch "Only Your Smile" lässt alle Sorgen verschwinden. Jede Note des Klaviers und jeder Ton des weichen Gesangs von Cindy Mizelle blasen jeglichen Kummer weg. In dieser Traumwelt würde man nur zu gerne bleiben, doch der entreißt "I Remember Her Name" den Hörer abrupt. Ein plötzlicher Wechsel am Anfang, eine unruhige Gitarre, ein überfüllter Refrain - es wirkt, als arbeite alles in diesem Track auf ein anderes Ziel hin, anstatt sich zu einem homogenen Stück zu fügen.

"Angel Blues" sorgt aber für einen befriedigenden und harmonischen Schluss: Durch die drei Minuten schwebt man auf einem Bett aus Klavier, Harfe und Backgroundgesang. Das träumerische Stück zeigt, dass Songs mit Klavier als grundlegenden Baustein mindestens genauso gut funktioniert wie Lofgrens Hauptinstrument.

Der erfahrene Musiker ist vieler Instrumente mächtig, stimmlich aber eingerostet. Dafür profitiert er von den Gesangsbeiträgen des Howard Gospel Chors, von Cindy Mizelle und Neil Young. Auch wenn Lofgren insbesondere für sein Gitarrenspiel bekannt ist: Die Klavierstücke auf "Mountains" übertrumpfen jene, in denen die Gitarre den Ton angibt.

Trackliste

  1. 1. Ain't The Truth Enough
  2. 2. Only Ticket Out
  3. 3. Back In Your Arms
  4. 4. Won't Cry No More (For Charlie Watts)
  5. 5. Nothin's Easy (For Amy)
  6. 6. Dream Killer
  7. 7. Only Your Smile
  8. 8. I Remember Her Name
  9. 9. We Better Find It
  10. 10. Angel Blues

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