laut.de-Kritik

"Wir singen nicht um zu singen, sondern um nicht zu weinen."

Review von

Nach ihrem sehr erfolgreichen Debüt "A Lo Cubano" sind die drei Männer aus Havanna mit ihrem zweiten Werk zurück. Entstanden und produziert in ihrem Exil in Spanien bzw. Frankreich trägt es den passenden Titel "Emigrante". Im Gegensatz zu dem Vorgänger besteht diese Platte aus den Erfahrungen, die Rapper Ruzzo und Yotuel sowie der Sänger Roldán in ihrer neuen Heimat gemacht haben, sowie von kubanischen Geschichten.

So ist "Emigrante" ein vielseitiger Mix aus persönlichen Songs wie "Ninos" und "Ausencia", in denen es um die Vaterliebe, Sehnsucht oder Liebeskummer geht, und kritischen Stücken wie "Gladiadores" andererseits: Das ist ein Lied zum Gedenken an die Kubaner, die ihr Leben in kleinen Booten riskieren, um nach Amerika zu kommen. Variabel ist auch die musikalische Seite der CD. Neben langsamer, melodiöser Musik findet man auch schnelle Raps und Tango- bzw. Salsa-Klänge zu sich fortwährend änderndem spanischen Sprechgesang.

Die Texte schwanken zwischen Dramatik und Lebensfreude. So sagen die Orishas im ersten Lied: "Wir singen nicht um zu singen, sondern um nicht zu weinen." Das hört man auch in einigen Texte, besonders in denen, die einen Blick ins wahre Kuba werfen. Die Musik und der Gesang sind mal melodiös, melancholisch, nostalgisch und fast klagend. Mal fordernd, laut, energisch und lustig. Aber die Orishas verstehen es auch, beide Arten miteinander zu vermischen. So fängt "Que Bola?" langsam und fast wehmütig an, nur um in der Mitte überraschenderweise in einen sehr bouncenden, trompetenbegleiteten Refrain abzugleiten, der beinahe zum Mitwippen zwingt. Ähnlich verhält es sich auch bei "Ninos" oder "Guajiro", wo schon nach den ersten Klängen des Tango-Taktes die Hüften zucken.

Manchmal scheint das Album weniger ausgefeilt ... ein Trugschluss. Zwar mögen sich manche Rhythmen und Beats im Ansatz gleichen, aber weiter in den Text hinein entwickelt jedes Lied sein rhythmisch-kubanisches Eigenleben. Tracks wie "Habana" sind zum wilden Mittanzen und Mitsingen gleichermaßen geeignet, gefördert durch die heftigen Beats, die sprudelnden Texte und die Percussions-Einlagen. Generell tendiert dieses Lied mit schwungvoller Melodie eher zum Salsa als zum Rap. Trotzdem ein großes Stück Musik.

Humor haben die Orishas auch: So wird in "Que Bola" mal kurz ein Mädchen auf Englisch angemacht, mit Küsschen hier und da und "Oh ciao, what's up?". Höchst ironisch und sehr authentisch. Auch "Guajiro", ein Blick auf das kubanische Landleben mit Bohnen und Zuckerrohr, hat einen feinen, sehr unterhaltsamen Humor. Man könnte Teile mancher Tracks als Rap von der East Coast, manche als Westcoast-Rap beschreiben. Aber "Emigrante" hat nichts mit Anlehnung an andere Musikstile zu tun. Das ist ganz eigener Latin-Rap à la Orishas, mit allen denkbaren Einflüssen.

Für Liebhaber der Latin-Musik ist diese Platte unverzichtbar, aber auch den HipHop-Heads hat "Emigrante" einiges zu bieten. Die Dramatik, das Leidende, der Spaß und die Lebensfreude fesseln ungemein und machen immer Laune. Wie die Orishas auf dem Track "Emigrantes" selber sagen: "Bang Your Head!" Vergesst aber nicht, die Hüften mitzubewegen ...

Trackliste

  1. 1. Que Pasa?
  2. 2. Mujer
  3. 3. Guajiro
  4. 4. Que Bola?
  5. 5. Asi Fue
  6. 6. Ninos
  7. 7. 300 Kilos(feat. Yuri Buenaventura)
  8. 8. Gladiadores
  9. 9. Ausencia(feat.Niko Noki)
  10. 10. Habana
  11. 11. Testimonio
  12. 12. El Rey De La Pachacha
  13. 13. Emigrantes
  14. 14. Desaparecidos
  15. 15. La Vida Pasa (feat. Passi)

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