laut.de-Biographie
Patrick Wolf
Patrick Wolf ist vieles, aber kein Durchschnittstyp. Er kleidet sich exzentrisch, schaut auf Fotos aber immer schüchtern und introvertiert drein. Hier und da glitzert es in seinem Outfit, er ist mit auffälligem Schmuck behängt. Im Video zu "Accident and Emergency" trägt er ein grünes Hemd mit Pailletten, darunter ein rotes T-Shirt. Seine Schuhe glänzen golden, die Socken sind bunt. So läuft er durch die Gegend.
Mal tritt er im Pullunder seines Großvaters auf, dann wieder im Kaninchenfellmantel oder im Jägerparka. Bei all dem Tand übersieht man fast, dass seine Haare hellorange leuchten. Ein Popstar eben. Im Alter von sechs Jahren schwört sich Patrick Wolf, Violinist zu werden. Er hat gerade ein Solo von Rachmaninoff im Radio gehört. "Es war so göttlich. In meinem kleinen Gehirn hatte ich nur noch einen Gedanken: Das will ich auch machen!" Seine Eltern – die Mutter Malerin, der Vater Jazzmusiker – hatten ihn zuvor in die Klavierstunde geschickt, er mochte das Instrument nicht. Das Klavier fand er ungefähr so interessant und musikalisch wie seinen Taschenrechner. Also erfüllen ihm seine Eltern den Wunsch.
Er gibt sich alle Mühe, für die Solovioline reicht es aber nie. Die zweite Geige ist ihm zu wenig. Mit elf gibt er desillusioniert auf und entscheidet, Popstar zu werden. Er beginnt, Lieder zu schreiben und experimentiert mit Kassettenrekordern und Synthesizern. "Einige Jahre lang machte ich vor allem Geräusche und schrie dazu sinnlose Texte." Er nimmt alles auf und schickt die Kassetten an seine Lieblingsmusiker. "Ich schickte Björk ein Band. Ich hoffe, sie hat es nicht bekommen, denn es ist richtig schlimm. Ich bin gerade 13, noch vor dem Stimmbruch, und singe da über Geishas."
Wolf bleibt der Klassik verbunden. Parallel zu seinen Klangexperimenten lernt er jedes Instrument, das ihm in die Hände fällt: Flöte, Ukulele, Akkordeon, Cembalo, Theremin. Denn er möchte nicht einer der Musiker sein, die ihre Lieder mit Klavier und Gitarre spielen, er will sie auf außergewöhnlichen Instrumenten vortragen, am liebsten auf der Harfe. Mit 16 verlässt er die Schule und seine Eltern. "Ich suchte mir einen Typen mit einem Bus, packte meinen Atari-Computer, zwei Bontempi-Orgeln und einen Koffer mit Klamotten hinein und fuhr weg. Meine Harfe passte leider nicht in den Bus."
Die Geschichten und Erlebnisse dieser Fahrt sind auf seinem ersten Album dokumentiert. Kurze Zeit darauf zieht er in ein leerstehendes Haus in einem Londoner Vorort ein. Dort wohnt er alleine, genießt ein freies wildes Laben und feiert ausgiebig. Stets komponiert er weiter und versucht sich in verschiedenen Bands. Das kleine Label Tomlab veröffentlicht im Jahr 2003 sein erstes Album "Lycanthropy". Es erntet wohlwollende Kritiken, verkauft sich aber kaum. Während der Aufnahmen studiert Wolf ein Jahr lang Komposition am namhaften Londoner Trinity College of Music und spielt als Gast-Violinist bei Bands wie Chicks On Speed und The Hidden Cameras.
In einer Hütte am Strand von Cornwall schreibt er die Stücke für sein zweites Album, bis er absolut pleite ist. Gezwungenermaßen zieht er zurück zu seinen Eltern und nimmt einen Job im benachbarten Pub an. Glücklicherweise bekommt Wolf ein paar Auftritte in Deutschland, kann es sich leisten, wieder auszuziehen und "Wind In The Wires" aufzunehmen. Die Kritiken fallen wiederum äußerst positiv aus, der Erfolg kommt nun ebenfalls hinzu: Bloc Party nehmen ihn auf ihrer Tour 2005 ins Vorprogramm. Nach zwei kompromisslosen Alben und zwölf Jahre nach seiner Entscheidung, auf eigene Faust und auf eigenen Wegen bedeutsame Musik zu schaffen, erscheint "The Magic Position".
Eine Platte, die sich von ihren Vorgängern deutlich unterscheidet: Die beiden ersten Alben waren düster und nachdenklich - 2007 klingen die Tracks teilweise regelrecht verzückt. Schon die erste Single, eine furiose Mischung aus Technorhythmen, scheppernden Synthesizern, Kinderchören, Glockenspiel, Posaune und eindringlichem Gesang, macht deutlich, wo es lang geht. Gleichzeitig finden aber auch düstere Exkurse Platz. Dann erinnert der Songwriter wieder an seine Freunde aus Jugendtagen: Now It's Overhead, Finn., The Postal Service, Final Fantasy und Arcade Fire.
Wolfs neugewonnene Lebenslust gipfelt in der Aufforderung im Booklet, es sich doch zum Album doch einmal selbst zu besorgen.
Unverständlich wirkt ob dieser Prämissen die Ankündigung des Südlondoners wenige Wochen später: In einem Fanforum schreibt er von einem großen Erschöpfungsgefühl und der Frustration, ständig einer Charakterdeutung durch Medien und Hörer ausgeliefert zu sein. Diese Umstände zwängen ihn dazu, in Zukunft sowohl bei Interviews als auch bei Livekonzerten kürzer zu treten.
1 Kommentar
Ich weiß irgendwie nicht, wie man spontan irgendeinen Beitrag zu einem nichtrezensierten Künstler absetzt (wie dumm ist das gemacht ...) deshalb bei Patrick Wolf, der vielleicht ganz ungefähr Douglas Dare nahekommt. Unbedingt empfehlenswert. Grad gabs ein Konzert in Hamburg, habs leider verpasst. Douglas Dare: Schlicht Piano, ein wenig Elektronik und unglaublicher Gesang zu traumhaften Stücken. Ich bin wirkiĺich selten so sofort bei Erstkonkakt binnen Minuten in vollkommene Schwärmerei und Ekstase verfallen. Douglas Dare ... Wirklich! Oh Mann!