laut.de-Kritik
With a little help from his friends.
Review von Giuliano BenassiEin Ex-Beatle zu sein, ist ganz schön praktisch. Hat man eine Idee, muss man nur zum Hörer greifen und ein paar namhafte Musiker zusammen trommeln. Ein Vorgang, den Ringo Starr schon seit Jahrzehnten erfolgreich durchführt. Doch während sich der Einsatz der Auserwählten bei ihm meistens um Trällern im Hintergrund beschränkt, wünschte sich Paul McCartney nach der Veröffentlichung seines Albums "III" mehr Engagement.
Ende 2020 habe er einen Anruf erhalten, erklärt Beck bei Apple Music (dem Musikportal, nicht dem Beatles-Label). Er habe sich in sein Studio beim Pool zurückgezogen, "und alle Instrumente selbst aufgenommen, wegen Covid und Quarantäne.". Wie gut, dass sich in seiner Sammlung auch ein Bass von Höfner befindet, Modell Paul McCartney. Das Stück habe er ihm vorgegeben. "Ich habe wie gewohnt nur die Gesangsspur übernommen, es von Dur nach Moll versetzt und neu eingespielt", so Becks Vorgehensweise.
Elf Künstler für elf Songs, so die Idee. Nicht nur die Künstler waren überrascht - auch die Wahl McCartneys ist es. Er mied die ganz großen Namen und suchte sich seine Leute hauptsächlich aus dem Indie-Bereich aus. Klar, Damon Albarn und St. Vincent kennt fast jeder, aber Khruangbin oder EOB? Letzterer ist übrigens Ed O'Brien, der Gitarrist von Radiohead. Josh Homme hätte man auch nicht unbedingt auf der McCartney'schen Wunschliste verortet. Phoebe Bridgers lieferte für viele mit "Punisher" das Album des Jahres 2020 ab und ist mit 26 gerade mal ein Drittel so alt wie ihr Auftraggeber.
Jedenfalls macht es Spaß, den Tracks zuzuhören - im direkten Vergleich mit den Originalversionen oder auch für sich genommen. Während sich Beck in "Find My Way" einigermaßen ans Original hält, klingt Sänger Dominik Fike (Jahrgang 1995) in "The Kiss Of Venus" wie auf Helium. Khruangbin machen aus "Pretty Boys" eine coole Space Rock-Nummer mit wummerndem Bass, während St. Vincent zunächst eher Spuren wegnimmt als sie aufzutürmen, dann aber an 3D RDNs Massive Attack erinnert, der in "Deep Deep Feeling" elf bekiffte Minuten lang durch den Trip Hop-Fleischwolf dreht.
Dev Hynes alias Blood Orange arbeitet die R&B-Elemente von "Deep Down" aus, die schon in der Originalversion zu hören waren, Phoebe Bridgers wandelt "Seize The Day" dagegen von fröhlich-seicht in bleischwer um. EOB interpretiert "Slidin'" als hart rockende Queens Of The Stone Age-Nummer, während sich deren Frontmann nach Damon Albarns eher einschläferndem "Long Tailed Winter Bird" erst mal eine Zigarette (oder eine Tüte?) anzündet und in "Lavatory Lil" auch sonst auf lässig-cool macht.
Und schon ist es Zeit für das letzte Stück "When Winter Comes", das Anderson .Paak etwas überfrachtet. Aber das war auch die schwierigste Aufgabe: Wie soll man McCartney übertrumpfen, wenn er ein Kinderlied alleine auf der Gitarre spielt?
Im April 2021 erscheint das Album erst mal digital. Wer auch einen Tonträger sein Eigen nennen will, muss sich bis zum 23. Juli gedulden. Dafür gibt es neben CD auch Vinyl in verschiedenen Farbausführungen und einen zusätzlichen Remix von "Long Tailed Winter Bird" des Schauspielers Idris Elba. Und nochmal zurück zu den Beatles: Ist der Titelzusatz "Imagined" zufällig, oder versteckt sich dahinter eine obskure Botschaft? In welche Richtung auch immer, da "Imagine" das bekannteste Stück John Lennons ist? Wenn, dann hoffentlich eine schöne. Wobei der Titel eines Liedes, das sie 1967 zusammen geschrieben hatten (und von Starr singen ließen) zu diesem Album besser passt: "With A Little Help From My Friends".
1 Kommentar mit einer Antwort
Denke mal, der Titel soll einfach nur albernes Wortspiel sein. "three imagined" ~= "re-imagined"
Oder zu III statt "free"?